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"Und alle so: Mensch, du hast es geschafft!"

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jetzt.de: Pheline, in deiner Rolle als Nadine bist du eigentlich Schuld an allem. Denn du ziehst nach Shanghai und lässt deinen Freund, den „Soul Kitchen“-Besitzer Zinos in Hamburg zurück. Pheline: Ich gehe ja nicht nur einfach weg, sondern wegen meines Jobs. Nadine arbeitet als Auslandskorrespondentin für die ZEIT. Dich gegen die Liebe und für den Job zu entscheiden, musstest du das auch schon mal in deinem realen Leben? Zwischen Liebe und Job musste ich noch keine Entscheidung treffen. Als Schauspielerin ist man ja auch höchstens für ein paar Monate mal woanders. Würde mich da jemand direkt vor die Entscheidung stellen, das wäre schon doof. Für den Soul-Kitchen-Dreh durftest du ja auch in Hamburg bleiben. Allerdings hatte sich Fatih Akin am Anfang gegen deine Besetzung entschieden. Ja, denn ich wurde anfangs für die Rolle der Kellnerin Lucia gecastet, die dann aber mit Anna Bederke besetzt wurde. Die hatte Fatih ursprünglich auch für die Rolle inspiriert und da wußte ich schon, naja, wenn er schon ein Bild von jemandem hat, kriegt man da nicht so leicht jemand anderes rein. Außerdem war ich wahnsinnig aufgeregt beim Casting, weil ich die Rolle so unbedingt wollte. Fatih hat mich dann zwei Tage später angerufen, es tue ihm voll leid mir absagen zu müssen. Obwohl ich mir das schon gedacht hatte, habe ich voll angefangen zu heulen, da hängt einfach so viel Hoffnung dran. Fatih war dann zerknirscht und meinte, beim nächsten Projekt gibt es auf jeden Fall eine Rolle. Aber dann hat es schließlich doch noch für „Soul Kitchen“ geklappt. Warum wolltest du so gerne bei dieser Produktion arbeiten? Ich fand schon das Projekt sehr spannend, aber ich wollte auch einfach unbedingt mit Akin arbeiten und sehen, wie das so ist. Ich kannte ihn zwar nicht besonders gut, aber so ein bisschen und fand, dass es eine interessante Art von Arbeit ist: Weil er so impulsiv und enthusiastisch ist und auch ganz viel fragt. Er will viel von dir wissen und dadurch kannst du ganz viel in deine Rolle und die Szenen einbringen. Fatih Akin scheint immer genau zu wissen, wie was aussehen soll. Hast du als Schauspielerin am Set da wirklich noch entscheidenden Einfluss? Wir haben ganz viel und lange geprobt. Wir haben uns vorher getroffen und alle Szenen mehrfach durchgesprochen. Was denkst du, was denkt deine Figur, ist das richtig? Und dadurch hat sich so viel verändert. Szenen wurden umgeschrieben, man ist nachts noch irgendwohin gefahren, um zu gucken, ob sich da drehen lässt. Und beim Dreh genauso. Da hat er dann über Nacht was umgeschrieben, oder ruft seine Frau an, ob man das machen kann. Fatih fragt ganz viel, entscheidet aber letztendlich selber. Er sammelt auch einen guten Haufen von Leuten um sich, die ihm die Meinung sagen und nicht solche „Ja-Sager“ sind.

Deine Figur scheint aber kein großes Entwicklungspotenzial gehabt zu haben. Stattdessen bedient sie das Klischee der nörgeligen und zickigen Freundin. Ja, Fatih sieht das nicht so und deswegen haben wir uns auch gestritten. In den ersten Drehbuchfassungen, die ich hatte, war Nadine noch viel fieser. Vor allem zu Beginn, wo sie sich mit Zinos auch streitet, war sie ursprünglich total kalt. Und Fatih fand, ich solle das nicht so devot spielen: „Mensch, gibt doch mal Stoff ihr seid fünf Jahre zusammen, da kann man sich auch mal richtig streiten!“. Letztlich hat Fatih dann eingesehen, dass auch anders klar wird, dass wir beide als Paar blöd sind und nicht richtig zusammen kommen. Pheline, du hast als Model gearbeitet, bevor du ins Schauspielfach gewechselt bist. Waren das jeweils bewusste berufliche Entscheidungen? Ne, für den Modeljob hat mich jemand vor der Schule angesprochen, als ich 15 war und ich wußte gar nicht so genau, was die wollten. Da gab es auch noch gar nicht so viele Models in der Öffentlichkeit. Ich war dann mit einer Freundin in der Agentur und habe mich nicht weiter gekümmert, bis die anriefen und mir eine Standpauke hielten, ich hätte mich da jeden Tag zu melden. Auch Schauspielerin zu werden, war keine bewusste Entscheidung. Allerdings hatte ich unbewusst schon ziemlich lange Lust drauf. Ich hätte es mir nur gar nicht richtig zugetraut, so nach dem Motto: Jetzt will das Model auch noch schauspielern. Aber dass ich nicht mehr modeln wollte, das wusste ich. Dann habe ich eine Freundin, die gerade die Aufnahmeprüfung an der Schauspielschule bestanden hatte, dorthin begleitet – mein Vater kam auch mit und der hat dann im Foyer rumgeplärrt, das ich das doch auch wolle. Die Geschichte klingt, als ob sie nicht wahr wäre... Jedenfalls kam dann jemand von der Schule auf mich zu, und fragte, ob ich wirklich Schauspielerin werden wolle. Ich hatte dann eine Woche Zeit, mich fürs Vorsprechen vorzubereiten. Tja, und dann bin ich auch angenommen worden. Das klingt so, als würdest du dich im Leben eher treiben lassen, als zielorientierte Entscheidungen zu treffen. Ich habe irgendwo in mir schon ziemlich klare Vorstellungen – vor allem von Sachen, die ich nicht machen will. Gerade beim Modeln oder Schauspielern. Ich tue mich zum Beispiel echt schwer mit Werbung. Das war auch als Model schon ein Problem, weil letztlich verkauft man nur Klamotten, die im Grunde so egal sind. Alle paar Monate kommen neue raus. Bei bestimmten Schauspieljobs ist es genauso. Ich muss jetzt keine Einkaufszentren eröffnen oder in der Chartshow-Jury sitzen. Es geht mir auch nicht ums Bekanntwerden. Ich sage da schon ganz gerne Sachen ab. Und das sind auch gute Entscheidungen. Geld spielt keine so große Rolle. Eher umgekehrt, wenn keine Kohle da ist, ist es oft das interessantere Projekt, das mache ich total gerne. Ich bin zwar schon oft auch pleite, aber ich muss ja noch keine Familie ernähren oder so. Du wirst aber ohnehin nicht von Dieter Bohlen als potenzielles Jury-Mitglied umworben, oder? Ne, aber es nimmt teilweise absurde Ausmaße an, in welcher Art einem plötzlich Aufmerksamkeit entgegen kommt. Als wir letztes Jahr den Film „Die Glücklichen“ herausgebracht haben, hat das keinen interessiert. Da haben wir Sticker und Plakate selber geklebt. Und nach meinem zweiten Drehtag bei Fatih, da stehe ich riesengroß und ohne es zu wissen in der Mopo und alle so, „Mensch Pheline, du hast es geschafft“. Und wir hatten noch gar nicht gearbeitet, da stellt mir ein Autohersteller einen Wagen zur Verfügung und ich denke, hä, wer bin ich? Ihr wisst nicht, ob ich gut bin in dem Film, ob der Film erfolgreich sein wird, ob ich vielleicht rausgeschnitten werde. Aber egal, der Name Akin, der zieht so viel hinterher. Soul Kitchen läuft ab diesen Freitag in den Kinos.

Text: verena-reygers - Foto: ddp

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