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„US-Politik erhöht die Terrorgefahr“

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Herr Rogers, nach bald fünf Jahren des so genannten „Kriegs gegen den Terrorismus“ – ist die Welt sicherer geworden? Ganz im Gegenteil: Die US-Politik erhöht die Terrorgefahr. El Kaida ist heute aktiver als vor dem 11. September 2001. Diese bedrückende Einschätzung lässt nicht nur durch die verheerenden Attentate in Madrid und London, sondern auch durch Dutzende anderer Anschläge belegen. Die derzeitige Anti-Terror-Politik schürt einen Hass auf die Amerikaner, der den Terroristen jeden Tag neue Rekruten in die Arme treibt. Zugleich haben die USA die Situation in Afghanistan noch immer nicht voll unter Kontrolle, im Irak schon gar nicht. Der Krieg gegen den Terrorismus ist eine zutiefst fehlerhafte Strategie, die hunderte Milliarden an Dollar verschlingt.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ganz so erfolglos war zumindest der Afghanistan-Krieg nach Auffassung vieler Terrorismus-Experten nicht. Angeblich sind rund 80 Prozent der Infrastruktur von El Kaida zerstört worden… Die Einschätzung, dass im Afghanistan-Krieg der Großteil der Infrastruktur von El Kaida zerstört werden konnte, ist ohne jeden Zweifel richtig. Dennoch bleibt die Frage, wem das etwas nützen soll, wenn es trotzdem mehr Anschläge gibt. Während die Terrororganisation zu Zeiten der afghanischen Taliban noch halbwegs straff geführt worden ist, handelt es sich heute um ein extrem lose strukturiertes Netzwerk. Dadurch ist die Terrorgefahr noch schwerer unter Kontrolle zu bekommen als zuvor. Der Irak-Krieg hat dann endgültig große Teile der arabischen Welt gegen die USA und auch Großbritannien aufgebracht. Die USA und ihre Koalition der Willigen verfahren leider nach dem Muster: erst mal schnell Krieg führen, über die Folgen später nachdenken. Das kann nicht funktionieren. Erfordert die Bedrohung der westlichen Welt durch den Terrorismus nicht schnelles und kompromissloses Handeln? Die USA und Großbritannien versuchen ihre Stellung in der Welt durch militärische Gewalt zu sichern – Gedanken über die Ursachen der gefährdeten Sicherheitslage machen sie sich nicht. Auch wenn gerade führende El-Kaida-Mitglieder oft aus reichen und gebildeten Schichten stammen, wäre es doch extrem naiv davon auszugehen, Armut und Terrorismus hätten gar nichts miteinander zu tun. Einen weiteren Nährboden für den islamistischen Terror bildet der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Statt immer neue Kriege zu führen, sollten die USA sich lieber ernsthaft und nachdrücklich um eine Lösung dieses Problems bemühen. Dadurch könnten viele Konflikte im arabischen Raum entschärft werden. Der „Krieg gegen den Terrorismus“ ist nur militärisch angelegt – und deshalb zum Scheitern verurteilt. In Ihrer Studie kritisieren Sie, der „Krieg gegen den Terrorismus“ verstelle den Blick auf größere Bedrohungen der Menschheit. Was meinen Sie damit? Während die USA und Großbritannien ihre gesamte Aufmerksamkeit dem Kampf gegen den Terrorismus widmen, werden in den entscheidenden Fragen globaler Sicherheit keine oder kaum Fortschritte erzielt. Durch den Klimawandel, die weltweite Überbewaffnung und den Kampf um immer knapper werdende Wasservorräte sind viel mehr Menschenleben bedroht als durch den Terrorismus. Beim Kampf gegen die Klimaveränderung müssen wir bereits in den nächsten fünf Jahren wichtige Fortschritte erzielen – sonst sieht es langfristig schlecht für uns aus. Im Vergleich dazu ist der internationale Terrorismus wirklich nur ein mittelschweres Problem. Die Oxford Research Group ist eine unabhängige Forschungsgruppe aus London. Sie beschäftigt sich vor allem mit Sicherheitspolitik. Der Schwerpunkt in den vergangenen Jahren waren die Folgen des „Kriegs gegen den Terrorismus“. Foto: dpa

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