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„Was Echtes, was mit Herz”

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Fitz, am diesjährigen „Record Store Day” (immer am dritten Samstag im April; Anm.d.Verf.) hast du auf der Homepage deiner Band mit einer Videobotschaft dazu aufgerufen, mehr Vinyl zu kaufen. Glaubst du an ein Comeback der Schallplatte auch in Zeiten von MP3s ?
Ich weiß ja nicht, wie es im Moment in Deutschland ist, aber in Amerika wollen die Leute ihre Musik wieder auf Vinyl kaufen. Auch unser Album bekommt man als Schallplatte. Allein das Artwork kommt darauf ja viel besser zur Geltung. Ich finde es immer sehr schade, wenn man das nur bei iTunes sieht, wo es auf die Größe einer Briefmark reduziert wird.  

Das Interesse an Vinyl wird auch durch die Tatsache gesteigert, dass die Soul-Musik der 60er zurück im Radio ist. Wie erklärst du dir die Wiederkehr des Motown-Sounds, der auch eure Songs prägt?
Die Leute haben einfach wieder Lust auf was Echtes, was mit Herz. Sie wollen nicht mehr nur überproduzierte Popmusik hören. Die Motown-Zeit war eine der besten Phasen für Musik und Songwriting generell. Die Art und Weise, in der diese Platten damals entstanden sind, war einfach sehr besonders. Es gab damals viele Künstler die jederzeit bereit waren, ein Album aufzunehmen. Nur fehlten ihnen dazu oft die Mittel. Sie waren gezwungen, sehr limitiert zu arbeiten, was sie noch kreativer werden ließ und ihnen half, diesen ganz eigenen Sound zu entwerfen. Als wir unsere Platte gemacht haben, war das ähnlich. Wir hatten auch kein Geld und mussten die Aufnahmen in mein Wohnzimmer verlegen, wo es nur ein schlechtes, altes Mikrofon gab. All diese Widerstände haben sich positiv auf den Sound ausgewirkt.  

Es heißt, du hättest durch einen Anruf deiner Ex-Freundin die Soul-Musik für dich entdeckt. Wie das?
Ihre Nachbarin hatte diese 60er-Jahre-Kirchenorgel, die bei ihrem Umzug entsorgt werden sollte. Und obwohl meine Ex-Freundin und ich damals eigentlich nicht miteinander sprachen, rief sie mich an. Ich habe die Orgel sofort gekauft und in mein Wohnzimmer gestellt. Plötzlich hatte ich diesen unglaublichen Sound zu Hause und noch am selben Tag einen dieser Momente, in denen ein Song wie von selbst entsteht. Heraus kam „Breaking The Chains Of Love“, der war so was wie ein Kompass für unsere Band wurde.  

http://www.youtube.com/watch?v=I3_mqfuq1TM

Hast du dir manchmal vorgestellt, was man vor 50 Jahren auf der Orgel gespielt hat?
Zumindest habe ich daran geglaubt, dass die Geister von damals noch in dem alten Ding hausen. Ich wollte nichts kopieren, was damals angesagt war, sondern vielmehr Soul-Musik machen, die man 2011 hört.  

Was braucht denn ein guter Soul-Pop-Song 2011?
Ich kann da nur für unsere Band sprechen. Wir wollen Songs spielen, die fröhlich klingen und die Leute zum Tanzen bringen. Wir wollen, dass man die Refrains mitsingt und sofort von der Musik infiziert wird. Wobei es in unseren Songs ja einen deutlichen Kontrast zwischen Musik und Lyrics gibt. Alle Geschichten auf dem Album sind entweder düster, traurig oder wütend. Die Musik dazu ist aber durchgängig positiv gestimmt.

Liegt das womöglich auch an der Sonne L.A.s, die einem die Sorgen schnell vertreibt?
Ganz bestimmt. In Los Angeles hat man ja eine fast surreale Lebensqualität. Das ganze Jahr über ist es hell, und man entdeckt immer wieder neue Lichtfarben, die einen beflügeln.  

 In Songs wie „Rich Girls“ beschreibt ihr L.A. aber auch als gefährliche Traumfabrik.
L.A. ist für viele Menschen immer noch ein Ort, mit dem sie vor allem Ruhm und Glück verbinden. Das liegt natürlich auch an der Filmindustrie in Hollywood. „Rich Girls“ handelt von Menschen, die in L.A. reich und berühmt werden wollen. Leider oft um jeden Preis.  

 Einmal werdet ihr politisch auf dem Album. „Put your foot down and take a look round“, heißt es in „Dear Mr. President”, einem Song, mit dem ihr Barack Obama dazu auffordert, sich der Lebensverhältnisse vieler Amerikaner bewusst zu werden und etwas zu verändern. Gab es einen bestimmten Anlass, diesen Song zu schreiben?
 Alle in der Band hatten Obama gewählt, und die Erwartungen waren so groß, dass man ja irgendwann enttäuscht werden musste. Zu der Zeit, als wir das Album aufnahmen, hatte die Wirtschaftskrise gerade ihren Höhepunkt erreicht. Eine unheimlich harte Zeit, nicht nur für Amerika, sondern weltweit. Für mich persönlich war es besonders schwer mitzuerleben, wie mein Vater einen Großteil seiner Altersvorsorge verlor. Wir haben uns entschlossen, einen Song als Brief an den Präsidenten zu schreiben und ihm zu sagen: Du bist jetzt da, wo du sein wolltest – vergiss bitte nicht diejenigen, die dir dabei geholfen haben und halte deine Versprechen!   

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


„Pickin’ Up The Pieces“ von Fitz And The Tantrums erscheint am 10.6. auf Dangerbird/V2 Benelux/Soulfood.

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