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Wirklich komisch

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In „Hauptsache Lehmann“ wird allen Lehmanns dieser Welt ein unterhaltsames Denkmal gesetzt, „Jesus liebt dich“ dreht sich um die christlichen Missionare unter den Besuchern der WM 2006 und in „Lenin kam nur bis Lüdenscheid“ geht es um das Aufwachsen in einer links-revolutionären Musterfamilie der 68er-Generation. Alle drei Filme werden bei der „nonfiktionale“ in Bad Aibling zu sehen sein. Mit dem Motto „Wirklich komisch“ geht das Dokumentarfilmfestival in diesem Jahr in die zweite Runde. Vom ersten bis zum vierten Oktober kommen dabei nicht nur 22 lustige deutschsprachige Dokumentarfilme in das Kino des oberbayrischen Städtchens, sondern auch zehn Fotografen mit ihren dokumentarischen und ebenfalls „komischen“ Fotografie-Projekten. Parallel zum Filmfestival wird nämlich eine Ausstellung professioneller Fotokünstler stattfinden. Der Filmemacher Boris Tomschiczek ist der Gründer und Leiter des Filmfestivals, Fotograf Hans Herbig der Initiator der erstmalig stattfindenden „Foto Doks“. Es gibt bereits viele Filmfestivals. Wieso habt ihr da noch die „nonfiktionale“ gegründet? Boris: Als Filmemacher war ich selbst schon auf verschiedenen Festivals. Zusammen mit meinem Kollegen und Freund Knut Karger habe ich immer überlegt, wie ein Festival aussehen muss, dass uns gefällt. Da fallen einem immer wieder Dinge auf, bei denen man sich denkt, wie man es selbst anders machen würde – und dann will man es irgendwann selbst machen. Für unser Festival war uns wichtig, dass es einen persönlichen Rahmen hat, dass alle Filmemacher anwesend sind und dass man in dieser Gemeinsamkeit auch mit dem Publikum und den anderen Filmemachern lebhafte und inspirierende Diskussionen führen kann. Wie habt ihr es geschafft, dieses Festival auf die Beine zu stellen? Boris: Die zentrale Gruppe der Festivalorganisatoren kommt aus den Kreisen der Münchner Filmhochschule. Meine Kollegen waren zum Glück schon in Organisationsteams anderer Festivals und so konnten wir loslegen: Die Idee dem Stadtrat vorlegen, Sponsoren ansprechen, Geld eintreiben und so weiter. Das ist schon mit einer riesigen Anstrengung verbunden – aber das ist die Mühe auf jeden Fall wert. Und wie kommt man dazu, das alles gerade in Bad Aibling zu machen? Boris: Ich bin in Bad Aibling aufgewachsen und auf die Schule gegangen. Hier gibt es ein wunderschönes Kino, dessen Betreiber übrigens auch ein ehemaliger Klassenkamerad ist. Außerdem sind die Großstädte ziemlich überfüllt mit kulturellen Angeboten. Was bedeutet es euch, das Festival in eurer Heimatstadt zu veranstalten? Hans: Ich finde es sehr schön, dem Ort, in dem man aufgewachsen ist, etwas zurückgeben zu können. Diese Heimat-Nostalgie ist für mich eine große Motivation. Außerdem ist es einfach toll, wenn man jede Ecke kennt und sich Zuhause fühlt. Das eigentlich Tolle daran ist aber, dass ich mich früher wahnsinnig gefreut hätte, wenn es so etwas in Bad Aibling gegeben hätte.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Hans Herbig (links) und Boris Tomschiczek Bei der „nonfiktionale“ geht es ausschließlich um Dokumentarfilme. Warum? Boris: Dokumentarfilme werden immer beliebter, weil sich die Menschen nach Authentizität und Glaubwürdigkeit sehnen. Ich glaube, von überspitzten Geschichten des Mainstream-Kinos haben viele einfach genug. Sie wollen Filme sehen, die echter und näher am alltäglichen oder eigenen Leben sind, die greifbar und ehrlich sind. Wie wurden die 22 Festival-Filme ausgewählt? Boris: Es wurden dieses Jahr über 130 Filme eingereicht. Unsere Auswahl-Jury, die aus dem harten Kern des „nonfiktionale“-Teams besteht, hat dann per Punktesystem ausgewählt. Ansonsten gab es natürlich noch das Kriterium, dass die Filmemacher beim Festival anwesend sein werden. Wieso lautet das Motto in diesem Jahr „Wirklich komisch“? Boris: Dem Dokumentarfilm haftet oft etwas Schweres, Tragisches oder Ernstes an. Es gibt aber auch viele und gute komische Dokumentarfilme. Wir wollen mit unserem Motto die Komik im Dokumentarfilm etwas ausloten und sind auch auf die Reaktionen des Publikums sehr gespannt. Wie ist die Idee der Fotoausstellung entstanden und wie kommt es zu eurer Kooperation? Hans: Ich hab mit dem Boris zusammen in Bad Aibling Abitur gemacht, wir sind uns also schon etwas länger bekannt. Ich war bereits vergangenes Jahr ganz neidisch, was die da auf die Beine gestellt haben und bei mir war von Anfang an der Gedanke präsent, mit meiner Arbeit etwas zu dem Festival beizutragen. Im Vorfeld der diesjährigen „nonfiktionale“ habe ich dann zum gleichen Thema wie das des Filmfestivals eine Ausschreibung gemacht und war überrascht über die große und vor allem überaus prominente Resonanz. Die „Foto Doks“ ist eine Ausstellung mit ausgezeichneten erfahrenen Fotografen und tollen Arbeiten geworden. Das habe ich im Vorfeld nicht mal zu träumen gewagt. Welches Publikum besucht die „nonfiktionale“? Boris: Es ist ein relativ gemischtes Publikum, viele sind Studenten, aber vor allem ist es ein sehr buntes Publikum: Leute aus dem Landkreis, Bad Aiblinger, Filmleute, Cineasten. Vergangenes Jahr kamen an den drei Tagen 1500 Besucher – das hat damals sämtliche Erwartungen übertroffen. Natürlich hoffen wir, dass dieses Jahr wieder viele Filmfreunde kommen werden. Seid ihr lieber Kunstschaffende oder Festivalorganisatoren? Boris: Ich bin sehr gerne Filmemacher und gleichzeitig gefällt es mir auf der „nonfiktionale“ auf Gleichgesinnte zu treffen, mich auszutauschen und mit Kollegen und Filmfreunden über Filme zu sprechen. Hans: Das sind natürlich zwei verschiedene Paar Stiefel. Für mich ist es so, dass gerade im Zeitalter des digitalen Arbeitens die Sehnsucht groß ist, mehr mit Kollegen zu tun zu haben. Man trifft sich eben nicht mehr wie früher abends im Labor, weil jeder vor seinem Rechner hockt. Die „nonfiktionale“ bietet uns einfach eine wunderschöne Möglichkeit, sich gegenseitig auszutauschen und seinen Horizont durch die vielen Begegnungen auf unserem Festival zu erweitern.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die "nonfiktionale" findet von ersten bis vierten Oktober in Bad Aibling statt. Weitere Infos rund um das Festival und die Foto-Ausstellung gibt es auf nonfiktionale.de Foto: privat

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