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Zwei Briten im Englischen Garten: The Kooks im Interview

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Hugh, die Promotiondame hat mir gesagt, du hättest heute Geburtstag. Sie war sich aber nicht ganz sicher, ob du das nur behauptest, um Geschenke zu kriegen. Hugh: Nein, so hinterlistig bin ich nicht. Aber eigentlich eine gute Idee... Na dann: Alles Gute zum 19. Geburtstag! Hugh: Danke – Ist auch echt Zeit geworden. Schon Geschenke gekriegt? Hugh: Lorraine, unsere deutsche Promotionfrau, hat mir ein paar CDs geschenkt. Sonic Youth, Bloody Valentine, lauter Bands, von denen ich noch nicht viel kannte. Ich mag es, wenn Leute mir CDs kaufen. Wünscht du dir irgendwas für The Kooks? Hugh: Wir sind nicht the "The Kux", wir sind "The Kuhks". Abgesehen davon, wir haben so viele Träume, Hoffnungen, Ängste. "Dreams, Hopes, Fears" – das klingt wie ein Keane-Album. Nein, im Ernst: Wir wollen weiter CDs aufnehmen und Konzerte spielen, aber eigentlich haben wir kein ultimatives Ziel, das wir erreichen wollen. Ich hab dir ein Geschenk mitgebracht. Hugh: Wow, danke! Ein Poster, was heißt das? Ist das ein Schwanz? Was macht dieser nackte Typ da? Wahnsinn, das kommt in mein Bad.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Hugh, Luke und das jetzt.de-Sommerposter Hugh, wie war dein 18. Geburtstag vor einem Jahr? Hugh: Da haben wir unser erstes ausverkauftes Konzert in London gespielt. Im Barfly, einem sehr kleinen Club. Eigentlich ein kleines Drecksloch, aber ein Drecksloch mit Klasse. Eine tolle Location für ein Konzert. Ich dachte damals den ganzen Tag, die Jungs hätten meinen Geburtstag vergessen. Bis sie mich dann kurz vor der Show mit einer fetten Geburtstagstorte überraschten. Es war super. Mitglieder berühmter Bands dürfen viel mehr als andere Leute. Fühlt ihr euch nicht zu jung, um Popstars zu sein? Hugh: Wenn man jung ist, trinkt oder kifft man doch sowieso, egal ob man berühmt ist oder nicht. Aber klar, wenn man so jung ist, vermisst man natürlich Familie und Freunde umso mehr. Man ist ja fast ständig weg von Zuhause. Dafür hat man in der Band seine zweite Familie, mit der man ständig auf Tour ist. Luke: Ich bin mit meinen 21 Jahren ja schon ein großer Junge. Klar ist es merkwürdig, was wir in unserem Alter tun dürfen, aber irgendwie ist es auch schon normal – alles ist relativ. An das Leben mit der Band haben wir uns schnell gewöhnt. Es ist fast, als lebten wir in einer anderen Welt als alle anderen. Eine komplett andere Gesellschaft. Wenn man in die normale Welt zurückkehrt, ist das wie ein Headfuck. Wann dachtet ihr euch das erste Mal, „wir haben es geschafft“? Hugh: Ich glaube das war, als wir im Mai im Astoria in London auftraten. Das ist eine Riesenhalle und gilt als große Hürde für Bands. Die Halle war ausverkauft, es war verrückt, die Menschenmassen zu sehen, die da kamen. Das Konzert war der Hammer, absolut irre. Auf großen Bühnen kann es oft ziemlich schwer sein, als Band gut zu harmonieren und Stimmung zu erzeugen. Sonst sind wir ja an kleine Bühnen gewöhnt, aber wir haben es ganz gut hingekriegt. Luke: Es war ein unbeschreiblicher Moment, als am Schluss die ganze Menge zu dem Song "Jackie Big Tits" mitgesungen hat. Ist Live-Spielen wichtig für euch? Hugh: Live-Shows sind ziemlich wichtig für die Entwicklung der Songs. Jedes Mal, wenn du ein Lied spielst, verändert es sich und du findest etwas anderes, was dir daran besonders gefällt. Deshalb haben wir auch am Anfang so viele Konzerte wie möglich gespielt. Gerade haben wir einen neuen Song im Set, "Lubyloe", der hat sich schon sehr stark verändert, seit wir angefangen haben, ihn zu spielen. Außerdem ist es natürlich immer gut, wenn eine Band dich live genauso umhaut wie auf dem Album. Wie weit seid ihr mit eurem neuen Album? Luke: Das wird wahrscheinlich im Dezember aufgenommen. Wir wissen noch nicht, welche Songs überhaupt auf das Album kommen werden. Bis jetzt stehen nur vier oder fünf Songs sicher drauf. Hugh: Das zweite Album ist immer etwas, an dem sich jeder aufarbeitet. Wir haben schon sehr viele neue Songs, aber leider nie wirklich Zeit, an ihnen zu arbeiten. Im August spielt ihr als Vorband für die Rolling Stones. Luke: Es ist komisch, irgendwas dazu zu sagen. Ich meine, das sind die Rolling Stones. Ziemlich heftig, das ist echt was besonderes, sie sind eine großartige Band. Komisch, dass das uns passiert. Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir mit großen Bands spielen, wir haben schon mit Bands wie den Strokes gespielt. Aber das ist schon ein viel heftigeres Gefühl. Sind die Fans der Rolling Stones nicht zu alt für euch? Hugh: Ich glaube, es gibt niemanden, der die Stones nicht mag. Jeder kennt ihre Songs, auch wenn sie nicht mehr die Anführer einer Jugendbewegung sind, hat jeder einen Wahnsinnsrespekt vor ihnen. Hoffentlich können wir ein paar ihrer alten Fans von uns überzeugen. Die Rolling Stones spielen seit über 40 Jahren zusammen. Was ist das Geheimnis, um als Band lange zusammen zu bleiben? Hugh: Man darf die ganze Scheiße von draußen nicht in die Band und die Musik einfließen lassen. Denn es gibt wirklich verdammt viel Mist in der Musikindustrie, der dich und die Art, wie du Musik machst, total beeinflussen kann. Wenn eine Band das alles ausblenden kann, kann sie ewig zusammen spielen. Ich glaube, die Stones sind eine der wenigen Bands, die das geschafft haben. Sie haben Phasen hinter sich, in denen sie von allen Leuten kritisiert wurden, dann wieder Phasen, in denen sie jeder liebte, aber ihnen war das immer egal – Sie dachten jedesmal nur "Wir spielen, weil wir die Musik lieben." Sie haben es nicht mehr nötig, live auftreten. Aber sie tun es trotzdem, und wenn Mick auf der Bühne ist, kannst du sehen: Er liebt es.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

The Kooks spielen zwei Songs unplugged für den jetzt.de Podcast Euch hat die Presse ja auch schon ziemlich niedergemäht. Luke: Das sind alles Wichser. Gehst du bitte? (lacht) Hugh: Du hast Recht, die Presse in England ist echt ziemlich beschissen und unbarmherzig. Wir haben uns schon ganz schön mit denen rumgeärgert. Vor allem Luke hatte ne harte Zeit mit der Presse. Du meinst nach der Trennung von der Jazzsängerin Katie Melua? Luke: Es ist übel, wenn fremde Leute so fiese Sachen über dich schreiben. Die Biergarten-Blaskapelle fängt an zu spielen. Luke: (lacht) Ach du Scheiße, es geht los, der Marsch beginnt! "Es lebe die Revolution!" - Äh, nein, wir sind ja in Deutschland. "Unterdrückt die Revolution!" – Nein, Quatsch. Das sind Bayern oder? Die schauen so verdammt cool aus! Als wir das letzte Mal hier waren, sind wir ins Hofbräuhaus gegangen, es war großartig. Jede halbe Stunde wurde dieses Trinklied gespielt: "Ein Prosit" (spielt auf der Gitarre). Wir sollten hingehen und mit ihnen jammen! Hier sind immer alle fröhlich, wenn sie trinken, nicht wahr? Hugh, was sagst du zu Kritikern, die euch vorwerfen, dass ihr zu kommerziell werdet? Hugh: Das ist Bullshit. Aber so sind die Leute nun mal. Wir sind eine Popband, wir können überhaupt nicht zu kommerziell werden. Als wir die Band gründeten, waren wir uns einig, dass wir spielen würden, was wir wollten. Wir sind als Band nicht an eine Musikrichtung gebunden, wir spielen gerne Reggae, Soul, Funk, Rock'n'Roll, warum also sollten wir es nicht spielen dürfen? Da wo wir herkommen, aus Brighton, stempeln dich die Leute schnell als Rockband ab und stecken dich in eine Schublade. Wenn du dann in eine andere Richtung gehst, wirst du zu kommerziell. So ein Scheiß! Wir sind Musiker, wir schreiben gerne Songs. Und einen guten Song kann man in jeder Musikrichtung spielen. Wir möchten verschiedene Dinge entdecken und uns nicht von der Meinung anderer Leute an irgendwas binden lassen. Viele sagen auch, dass man in ein paar Jahren nichts mehr von euch hören wird. Hugh: Ich kenne diese Argumente. Nur zu sagen, "die werden in vier Jahren weg sein", was soll das bringen? Deshalb werden wir doch nichts an uns oder unserer Musik ändern. Solche Aussagen sind pessimistisch und auch so dumm. Niemand kann sagen, was in ein paar Jahren los ist. Denk mal daran, wie die Leute reagiert haben, als Bob Dylan auf elektrische Gitarre umgestiegen ist. Er wurde von der Bühne gebuht. Heute ist er aber vor allem für diese elektrische Phase bekannt. Man sagt, dass eure Fans im Schnitt 16 Jahre alt sind. Ist dir das nicht zu jung? Hugh: Nein, das ist nicht zu jung, solange man verhütet. (lacht) Es stimmt, am Anfang kamen hauptsächlich Teenager zu unseren Konzerten, aber das hat sich geändert. Wir sind inzwischen zu einem älteren Publikum durchgestoßen. Habt ihr besessene Fans? Hugh: Teilweise schon. Als wir auf dem Isle of Wight-Festival in England spielten, wollte ich zurück in den Backstagebereich. Es ist komisch, wenn dich manche Leute erkennen, sagen sie, "Hi, ich würd' dich gern kennenlernen" und plaudern ein bisschen mit dir. Das ist total nett. Die Leute auf dem Festival fingen aber nur an zu kreischen und hielten ihre Kameras vor mein Gesicht. Ich hatte mein VIP-Armbändchen nicht an und der Security-Mann ließ mich nicht in den Backstagebereich. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, also trat ich einen Schritt zur Seite, so dass er die kreischende Menge sah. Dann ließ er mich rein. Solche Erlebnisse sind schon verflucht komisch. Nach dem Interview setzen sich Luke und Hugh auf eine Wiese in der Nähe, um der Blasmusik zu entfliehen und zwei unveröffentlichte Unplugged-Songs für den jetzt.de Podcast zu spielen.

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