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„Es brodelt einfach“

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Noch ist nicht klar, wo genau, aber dass der HUB Munich entstehen wird, da sind sich Joscha Lautner, Carina Lugert und Johann Schorr sicher. Die drei Freunde wollen einen Ort in der Stadt schaffen, an dem junge Sozialprojekte entstehen und Gründer sich vernetzen können. Jetzt.de München hat mit Joscha über den HUB gesprochen.

jetzt.de: Joscha, ihr wollt in München den ersten HUB Deutschlands gründen. Was ist eigentlich ein HUB?
Joscha Lautner: Der HUB ist ein Ort, an dem Sozialunternehmer und Menschen zusammentreffen, die soziale Probleme unternehmerisch lösen wollen. Dort gibt es Arbeitsplätze, Veranstaltungs- und Meeting-Räume, eine große Küche. Es ist eine soziale Plattform, die zum Dialog anregt. Ich war schon in den HUBs in Amsterdam, Tel Aviv, Wien und Zürich. Manche sind in alten Viadukten oder im obersten Geschoss eines Hochhauses. Du kommst da hin und findest etwas vor, das du von einem Büro nicht erwartest: Hängematten, riesige Holzkonstruktionen und Menschen aus allen möglichen Disziplinen. Es brodelt einfach.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

"Eine soziale Plattform, die zum Dialog anregt": Arbeiten im HUB.

Wann ist ein Unternehmer sozial?
Es gibt keine offizielle Definition, aber ich würde es so erklären: Ein Sozialunternehmer teilt seinen Gewinn mit seinen Mitarbeitern und seinem Umfeld, er verbindet das Soziale mit dem Unternehmerischen. Das muss aber nicht unbedingt heißen, dass der Gewinn gespendet wird, es muss ja zum Beispiel auch ins Unternehmen reinvestiert werden.

In anderen Ländern gibt es das HUB-Modell schon länger. Wie bist du darauf aufmerksam geworden?
2008 habe ich in Berlin ein Praktikum bei der Jugendinitiative Ashoka gemacht, die hatten einen Arbeitsplatz in dem HUB gemietet, den es eine Weile in Berlin gab, bis er insolvent gegangen ist. Vergangenen Oktober habe ich zwei Leute getroffen, die einen HUB in München gründen wollten. Damals habe ich noch gesagt Bleibt mir bloß fern mit der Idee, aber sie hat mich nicht losgelassen. Ich habe selbst einen Arbeitsplatz gesucht, an dem ich mit Gleichgesinnten in kreativer Atmosphäre arbeiten kann. So etwas gibt es hier nicht. Deswegen bauen wir uns das jetzt selbst auf.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Joscha Lautner gründet den HUB Munich.

Warum wollt ihr den HUB ausgerechnet hier gründen?
München ist unsere Heimat und hier gibt es ein extrem großes Potenzial an Unternehmertum. Man sagt immer, Berlin ist die Hauptstadt des Unternehmertums, aber in München ist die Start-up-Szene auch riesig. Das ist ein bisschen gehässig, aber in Berlin gibt es Projekte und Start-ups. In München dagegen werden Unternehmen gegründet.

Was sind typische Probleme von Gründern eines Sozialunternehmens?
Erstens gibt es zu wenig guten und günstigen Raum. Zweitens das Kapital, nur ganz wenige Investoren wollen in die Lösung sozialer Probleme investieren. Ein Problem ist auch das Netzwerken. München ist eine Netzwerkstadt und gerade jungen Unternehmern fällt es schwer, die richtigen Leute zu treffen. Es gibt viele Sozialunternehmer in München, Stammtische wie die Social Bar und die Social Entrepreneurship Akademie, aber keine richtige Vernetzungsplattform.

Dafür reicht ein Stammtisch nicht?
Nein, man muss an einem Ort zusammen arbeiten und inspirierende Leute treffen können. Das soll der HUB ermöglichen.

Ihr verfolgt einen unternehmerischen Gedanken. Für viele fühlt sich das weniger gut an als ehrenamtliche Arbeit.
Ehrenamt ist absolut wichtig. In einer starken Zivilgesellschaft brauchen wir aber auch Menschen, die das professionell machen und die gehören ordentlich bezahlt. Gute Arbeit kostet Geld. Das gilt in der Wirtschaft, aber im sozialen Sektor leider nicht. Da werden die Leute fast dafür bestraft, dass sie sich sozial einbringen.

Wie meinst du das?
Krankenschwestern und Sozialarbeiter haben so wichtige Positionen in unserer Gesellschaft und werden so schlecht bezahlt. Wenn wir etwas verändern wollen, brauchen wir noch viel mehr junge Leute, vor allem die guten, die aber auch gut verdienen wollen. Es ist ein Denkfehler, dass sich das Lösen sozialer Probleme und Geldverdienen ausschließen müssen. Motivation und Anerkennung sind gut, aber man will auch irgendwann eine Familie gründen.

Wie kann man bei euch mitmachen?
Soziale Unternehmen können bei uns ihre Mitarbeiter auf Fortbildungen schicken oder einen Arbeitsplatz mieten. Wir kümmern uns auch um Studenten, die ein soziales Projekt machen wollen, zum Beispiel mit Coachings und Beratung. Dafür haben wir Stipendienprogramme und Mentoren aus der Wirtschaft.

Wie geht es bei euch weiter?
Im Januar 2013 wollen wir den HUB eröffnen. Wir suchen gerade noch eine Immobilie, bauen die Community auf, organisieren Veranstaltungen und Fortbildungen. Im Oktober veranstalten wir eine Social Bar, bei der Sozialunternehmer und Interessierte zusammenkommen. Da kann jeder vorbeikommen, der mag.


Text: kathrin-hollmer - Foto: o.H.

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