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Schön mit Schamhaaren

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Wenn man Pech hat, schlägt man das Mucbook-Magazin auf und sieht: Schamhaare. Wollschamhare, die aus einem pinkfarbenen Häkel-Tanga hervorblitzen. Und darunter die Anleitung, sich eben dieses grobmaschige Dessous nachzuhäkeln. Wenn man Glück hat, landet man auf einer der anderen 67 Seiten. Die sind ziemlich gelungen und sehen dabei auch noch richtig gut aus mit ihrem schlichten Layout auf mattem Papier.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

                              Die erste Ausgabe des Mucbook-Magazins.

Seit drei Jahren wird auf Mucbook.de über Politik-, Alltags-, Kultur- und Partythemen aus der Stadt gebloggt. Bei der Münchner Webwoche im Juni wurde die Seite als beliebtestes Münchner Blog ausgezeichnet – wobei unter den Nominierten wichtige Blogs wie der Elektrische Garten fehlten. Der nächste Schritt soll ein gedrucktes Heft sein, das immer zu Semesterbeginn erscheint. Herausgeber ist der Mucbook-Gründer Marco Eisenack. "Irgendwann stand ich am Kiosk und dachte, es kann doch nicht sein, dass es kein Heft mehr für Münchner gibt", sagt er. "Der 'Prinz' erscheint nur noch online. Den 'Münchner', den ich als Schüler und Student gelesen habe, gibt es schon lange nicht mehr. 'Super Paper' ist zwar ein tolles Magazin, aber mehr ein Designheft zum Anschauen. 'In', 'Himbeer' und das 'Kolossal' sammeln vor allem Termine, die auch im Internet stehen. Es gibt aber Geschichten, die sich auf Papier viel besser erzählen lassen."

Diese Geschichten ergeben in der ersten Ausgabe eine Mischung aus "Neon", "Prinz" und "Super Paper". In den Artikeln ist der Münchenbezug fast immer da, aber nie aufdringlich. Das merkt man schon auf dem Cover: "Bist du zu angepasst?", eine Titelfrage in Neon-Manier. Im Essay dazu schlägt Matthias Leitner vom Zündfunk nachdenklich und unterhaltsam den Bogen über Zombies und Cyborgs zu langweiligen Ja-Sagern. Das zweite Titelthema kündigt zwei literarische Bettgeschichten an. Klar, Sex geht halt immer. Richtig viel München ist also nicht zu sehen auf dem Cover, aber dann kommt er doch noch, der Hinweis, dass es schon auch um das Leben in dieser Stadt geht: "089 Orte. Münchner Adressen, die dein Leben besser machen". Und wirklich: Man kennt noch nicht alle 89 Tipps, oder man hat sie längst wieder vergessen – wie die Info, dass man in der Oper als Student schon für zehn Euro an der Abendkasse einen Sitzplatz bekommt.

Zwei Stärken will das Heft vereinen, sagt Marco Eisenack: "Das Überraschende, Kreative, Spontane, für das Blogger gut sind, und das klassisch Journalistische." Das ist auch gelungen, einigermaßen zumindest. Von Bloggerseite ist zum Beispiel Veronika Christine Dräxler vom Blog Selbstdarstellungssucht dabei, die in der Kunstkolumne Gedanken an Performance-Kunst und Eisbuffets nachhängt. Von Fotograf und Blogger Sebastian Gabriel kommt eine Fotostrecke im Stil von Notes of Berlin, mit Stickern, Schildern, Wortfetzen aus der Stadt. Überraschend und kreativ? Naja. Nett anzuschauen ist es trotzdem.
Die Chefredaktion haben Laura Hertreiter und Martin Schneider übernommen, zwei Absolventen der Deutschen Journalistenschule, und auch wenn auf dem Mucbook-Cover "Dein München, deine Blogger" steht, kommen die großen Texte überwiegend von professionellen Journalisten wie dem langjährigen Prinz-Redakteur Alex Wulkow, der auf der letzten Seite über die fünfte bis siebte Jahreszeit in München philosophiert.

Charmant ist vor allem das Kleinteilige. Die kurzen Interviews mit Wartenden im KVR. Oder die kleinen Porträts von Club- und Diskothekenbauern und dem Security-Personal der Kultfabrik, in denen sie sagen, was sie von den Umbauplänen des Pfanni-Erben halten.
Die Konzert- und Ausstellungstermine kommen dann doch noch, aber unter anderem mit einem Protokoll von Tobias Staab, der früher in der Registratur aufgelegt hat und heute Dramaturg bei den Münchner Kammerspielen ist. Das hat der Stadt gefehlt: dass zwischen den vielen Gratis-Terminheftchen das, was hier passiert, auch mal ein bisschen reflektiert wird. Das hat das Mucbook-Magazin geschafft – und es sieht dabei auch noch so gut aus wie das "Super Paper", von dem man sich viele Seiten auch an die Wand hängen könnte. Und am Ende der Lektüre hat man den pinkfarbenen Häkeltanga endlich vergessen. 
 
Das Mucbook-Magazin erscheint am 23. September und ist für zwei Euro in Supermärkten, Kiosken sowie ausgewählten Boutiquen und Cafés erhältlich. Vorstellung und Release-Party ist am Freitag in der Kranhalle im Feierwerk (Hansastraße 39).

Text: kathrin-hollmer - Foto: Mucbook

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