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Abschalten statt aufsteigen

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Früher habe ich bei Gedankenblockaden oder zur Entspannung während der Arbeit Zigaretten geraucht. Heute gehe ich netzwerken - im Internet. In den Open-Business-Club. Über eine Million Menschen haben dort seit Gründung des virtuellen Geschäftsnetzwerks eine Seite über sich angelegt. Die meisten haben ein Bild von sich hochgeladen, dazu ihren beruflichen Werdegang, ihre Interessen und ihre Sprachkenntnisse gestellt. Jedes Mitglied kann sich die Seiten der anderen anschauen. Entweder per Suchmaske oder indem man auf das Feld mit den Kontakten einer jeweiligen Person klickt. Weil man nur Mitglied werden kann, wenn man von einem anderen Mitglied eingeladen wird, ist jeder mit mindestens einem der Registrierten verbunden. Und dadurch jeder mit jedem, wenn auch gelegentlich über fünf Ecken. Welche Ecken das sind, wird eingeblendet. Manchmal gebe ich in das Orts-Feld der Suchmaske das Wort "Monaco" ein. Ein anderes Mal "Model" ins Berufs-Feld. Oft suche ich auch nach dem Namen von Exfreundinnen, alten Schulfreunden und ehemaligen Mitstudenten. Wie in Trance klicke ich nun durch die Seiten - immer weiter von der Gedankenblockade weg. Sinniere über Lebensläufe von fremden Menschen. Entspanne mich nach und nach. Ein Vorteil, der zahlenden Premiumkunden vorbehalten ist: Ich bekomme mit, wer sich mein Profil angesehen hat. Als ich noch Single war, habe ich gerne mal "zurückgeklickt", wenn ich jemanden attraktiv fand, habe Mails getauscht, mich manchmal sogar in echt getroffen. Immer wieder höre ich, dass sich Menschen über Open BC und andere Karriere-Netzwerke beschweren. Dies seien ein getarnte Partnerbörse für Verklemmte, mit Business hätten sie nichts zu tun. In der Tat: Ein nerviger PR-Vertreter, der immer wieder folgenlos ankündigt, mich zu einem Formel-Eins-Rennen einzuladen, war bisher mein einziger Geschäftskontakt. Auch Freunde berichten allerhöchstens von kuriosen Headhunter-Angeboten, aber einen richtigen Karriereschub hat sich im Internet noch niemand geholt. Wer also in Karrierenetzwerken nach Jobangeboten und lukrativen Aufträgen sucht, hat deren Prinzipien und Vorteile nicht verstanden: hier kann man nicht Karriere machen - aber prima ein wenig Zeit verplempern.

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