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Das Geschäft mit dem „Geschafft!“

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Wenn am Montag in München die Zeugnisse verliehen werden, ist für die meisten Abiturienten die Schulkarriere noch nicht beendet. Sie hört erst dann auf, wenn auf dem anschließenden Abiball das Glück des hart erarbeiteten Schulabschlusses in feierlicher Umgebung begossen wurde. Früher war es üblich, dass die Abiturienten des kommenden Jahres der aktuellen Abschlussklasse bei der Organisation der Feierlichkeiten halfen. An der Bar wurden dann mehr Cocktails selber verköstigt als verkauft, am Ende stimmte die Kasse nicht und zum Abbau waren nur noch fünf betrunkene Übriggebliebene zur Stelle. Franz Schmidt, der vor acht Jahren Abschluss gemacht hat, wünscht sich diese Zeiten nicht zurück. Seit einem Jahr beitreibt er die Homepage www.meineabifeier.de und organisiert mit seiner Eventagentur „Eventmanagement Munich“ Abibälle. Sein Motto: „Wir arbeiten. Ihr feiert!“ Noch ist er ein kleiner Fisch im großen Geschäft, das sich seit Neuestem mit Abiturfeierlichkeiten machen lässt.

Franz’ direkter Konkurrent ist die Münchner Firma Abistars. Vergangenes Jahr hat die „Event- und Serviceagentur für Abiturenten“ elf so genannte „Abi-Galas“ durchgeführt. Dieses Jahr sind es schon über 30. „In Berlin organisiert so gut wie jede Schulklasse ihre Abifeier mit Hilfe von Eventagenturen. In München kommt das gerade erst auf“, sagt der 22-Jährige Abistars-Geschäftsführer Andi Strasser. Abistars hat nicht nur die Organisation von Abschluss-Galas im Programm. Die Firma bietet auch Hilfe beim Bedrucken der Abi-T-Shirts, beim Druck des Abi-Buches, bei der Organisation der Abi-Reise.

Eine von Andis Kundinnen ist Julia Kaifler vom Rainer-Maria-Rilke-Gymnasium in Icking. Gemeinsam mit ihrer Freundin Lisa Stocker organisiert sie den Abiball für ihre 42 Mitschüler. Als G8-Abiturienten werden die beiden erst Anfang Juli ihr Zeugnis in den Händen halten. Der anschließende Abiball, der mit Hilfe der Abistars in der Freiheizhalle an der Donnersberger Brücke stattfinden wird, soll Höhe- und Schlusspunkt der gemeinsamen Schulzeit werden. Mit festlichen Reden, raffiniertem Buffet und feiner Abendgarderobe. Julia sagt: „Ich suche jetzt schon nach dem passenden Kleid.“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Abi-Gala in der Münchner Freiheiz-Halle. Hier wird auch Julias Jahrgangsstufe Anfang Juli feiern - mit Hilfe der Eventagentur Abistars.

Abi-Eventagenturen wie Abistars, Easy-Abi, Abiservice4you oder Abi Fullservice haben den Trend zu immer aufwändigeren und kostspieligeren Ablussfeiern nicht erfunden. Sie wissen ihn nur optimal zu nutzen. Franz Schmidts Firma Eventmanagement Munich wurde vor drei Jahren das erste Mal von einem Gymnasium beauftragt. Franz erkannte die Marktlücke und hat sich mit der Organisation von Abibällen einen lukrativen Nebenverdienst zum klassischen Eventgeschäft aufgebaut. Andi Strasser vom 2009 gegründeten Konkurrenten Abistars kann keinen konkreten Auslöser für die Lust der Abiturienten am aufwändigen Feiern ausmachen: „Es wird eben alles immer amerikanischer. Die Schüler sehen amerikanische Serien und Filme und wollen diese Prom-Kultur auch bei sich haben.“ Andi konstatiert: „Die haben keinen Bock mehr, in der Schul-Aula zu feiern. Die wollen in einem schönen Kleid in eine geile Location.“

Abistars hat 130 solcher „Locations“ rund um München im Angebot: Neben der Freiheiz-Halle auch das GOP-Variete, den Bayerische Hof oder verschiedene Brauerei-Keller. Mit Miete und Drei-Gänge-Catering kommen da schnell fünf- bis sechsstellige Summen zusammen. Auf die Eintrittskarte umgerechnet zahlt der Gast einer solchen Abi-Gala zwischen 35 und 65 Euro. „Wer die Allianz Arena oder Lenbachhaus bucht, muss mit Eintrittspreisen um die 100 Euro rechnen“, sagt Andi Strasser. Meist sind die Lehrer die einzigen Bedenkenträger. Schüler und Eltern lassen Freude und Stolz über das geschaffte Abitur den hohen Preis für die Feier leicht vergessen. Neuestes Angebot von Abistars: Ein so genanntes „Prom Package“ für 150 Euro, mit Limousinenservice zu Friseur, Visagist, Fotograf und Abiball.

Julia Kaifler betont, mit Abistars nicht deswegen zusammenzuarbeiten, weil sie sich eine möglichst glamouröse Abschlussparty wünscht: „Man muss sich selbst um nix kümmern. Eigentlich muss man nur das Geld eintreiben. Das ist alles.“ Beschwert habe sich über die Anzahlung von 25 Euro niemand. „Eine Weile mussten wir den Leuten schon hinterherlaufen. Aber gezahlt haben am Ende alle.“

Normalerweise fanden die Bälle des Gymnasiums in der Reithalle Icking statt. Nachdem aber die Nutzung der Halle für Feierlichkeiten vom Ordnungsamt beanstandet wurde, haben die Schüler sich nach München orientiert. „Da ist aber alles so extrem teuer“, sagt Julia. Da war es praktisch, eine Agentur zu buchen, die mit einer „Best Preis Garantie“ wirbt. „Wir bekommen andere Mietkonditionen und Catering-Preise als die Schüler“, sagt Andi Strasser von Abistars. „Welcher Wirt will schon mit einem 18-Jährigen einen Mietvertrag über 15.000 Euro abschließen? Und welcher Schüler möchte persönlich die Haftung bei so einem Event übernehmen? Da sind doch besser wir für alles verantwortlich.“ Die Beauftragung von Event-Agenturen verursacht die Abiturienten meist keine Sonderkosten. Erst, wenn der Vertrag für einen Auftrag unterschrieben wird, macht die Firma ein Geschäft. Meist über einen Prozentsatz, der vom Verkauf der Eintrittskarten an die Eventagentur geht.

Abistars erhält außerdem Provisionen, die Buchbindereien, Siebdruckfirmen oder Jugendreise-Anbieter zahlen, wenn die Agentur ihnen einen Jahrgang vermittelt hat. Vor allem mit der Organisation von Partys schon vor den Abiturprüfungen, Zeugnisverleihung und anschließender Gala verdient Abistars Geld. Die letzte fand vor zwei Wochen in den Optimolwerken statt. Gemeinsam mit anderen Schulen feierte dort Julias Jahrgang eine Party unter dem Motto „Frühlingsgefühle“. Von jeder verkauften Eintrittskarte erhielt Abistars die Hälfte des Preises. Die andere Hälfte bekam Julia für die Abi-Kasse. Am Ende klimperten ein paar hundert Euro darin. Nicht wenig. Aber nicht viel, wenn man damit eine Abigala für mehrere tausend Euro finanzieren will.

Manuel Schambach geht auf das gleiche Gymnasium wie Julia. Er ist Kollegstufensprecher des nächsten Abi-Jahrgangs. Auf die Zusammenarbeit mit Agenturen will er mit seinem 20-köpfigen Organisationskommitee verzichten: „Das hat sich bei Julias Stufe ja nicht als besonders rentabel erwiesen.“ Manuel setzt auf klassische Werkzeuge, um Geld in die Jahrgangs-Kasse zu spülen. Mit Kuchenverkaufen an Elternsprechtagen kamen mehrere hundert Euro zusammen. Auf eine Party im Vorfeld der Prüfungen will natürlich auch Manuel nicht verzichten. Allerdings soll die nicht in einem Club in München, sondern in einem Sportzentrum in der Nähe von Icking stattfinden. Da ist es zwar weniger schick und man muss sich selbst um DJ, Türsteher, die Technik und das Barpersonal kümmern, aber Manuel sagt: „Das macht am Ende irgendwie auch den Charme der Party aus. Und das macht doch auch Spaß. Wir haben alle total Bock drauf, eine tolle Party zu organisieren.“

Den richtigen Abiball plant Manuel in einer Konzerthalle im Nachbarort von Icking. Manuel rechnet mit einer Miete von 2000 Euro. Das Geld hat seine Partygruppe schon jetzt fast zusammengesammelt. Ob es unbedingt eine Catering-Firma sein muss, die sich um das Essen kümmert, ist sich das Planungskommittee noch nicht sicher. „Es könnte ja auch jeder einen Salat, Semmeln oder Kuchen mitbringen.“ Eines ist klar.: „Schick muss es für den Abiball schon sein“, sagt Manuel. „Aber das kriegen wir auch selber hin.“

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