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Der Junge mit dem großen Plan

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Philipp will Regisseur werden, das weiß er, seitdem er 13 ist. Da musste er in Bio ein Referat über Molche halten und damit es nicht ganz so langweilig wird, drehte er zusammen mit seinem Freund Alexander einen Film: „'Der Molch' war mein erster Film. Wir haben fast nur Seiten aus Büchern abgefilmt. Und als krönenden Abschluss sind wir in eine Tierhandlung gegangen und haben dort lebende Molche gezeigt.“ Seitdem sind sechs Jahre vergangen und Philipp hat einfach immer weiter gedreht.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Am heutigen Dienstag beginnen die Dreharbeiten für Philipps bisher größtes Projekt: Er verfilmt die Kurzgeschichte „Der Mann mit dem Gedächtnis“ von Peter Bichsel: Ein Mann, der sämtliche ZugFahrpläne auswendig kennt, verzweifelt, als am Bahnhof ein Auskunfts-Schalter eröffnet wird. Facharbeit und Filmarbeit Philipp dreht diesen Film als Teil seiner Facharbeit im Leistungskurs Deutsch, er hatte selber die Idee dazu. Seit Februar arbeitet er an dem Projekt, hat das Drehbuch selbst geschrieben, die Produktion übernommen, er wird die Kamera bedienen und er wird Regie führen. Und vor allem braucht er Geld: „Obwohl ich spare, brauche ich ungefähr 2000 Euro. Die Hälfte davon habe ich mir angespart, aber die andere Hälfte fehlt mir immer noch. Ich habe überall gefragt, ob Firmen als Sponsoren auftreten wollen und nur Absagen bekommen. Das war eigentlich der frustrierendste Teil bis jetzt.“ Alles andere hat er sich durch Beharrlichkeit und Freundlichkeit beschafft: Er hat umsonst Profi-Equipment ausgeliehen und professionelle Schauspieler für die Hauptrollen gewonnen. Angst vor Ablehnung hatte Philipp bei seiner Akquise nicht: „Ich habe mir die Kontakte übers Internet besorgt und dann angerufen. Ich glaube, man muss sich einfach trauen, nicht zu nett sein und klar zu sagen, was man will. Dann funktioniert das schon.“ Obwohl er so viel selbst macht, braucht er freiwillige Helfer, die kostenlos für ihn arbeiten. Die hat er im Internet über das Netzwerk „Lokalisten“ gefunden. Vergangenen Freitag haben sich die Helfer zum ersten Mal gesehen, sie alle sehen die Dreharbeiten mit Philipp als Chance. Freiwillige Helfer aus dem Internet Nicki ist einer von ihnen. Er ist 21 und Informatiker, seine Leidenschaft gehört dem Film, er hat selbst schon ein Fantasy-Drehbuch in der Schublade. Für Philipps Film hat sich Nicki extra Urlaub genommen und wird beim Dreh der Fahrer sein. So kann er Erfahrungen für sein eigenes Projekt sammeln und lernen, worauf es bei einem Dreh ankommt. Sylvie wird eine von Philipps Regie-Assistenten, sie ist 20 und verdient ihr Geld als Foto-Assistentin. Sie macht bei diesem Projekt hauptsächlich mit, um neue Leute kennen zu lernen und mit ihnen gemeinsam etwas Kreatives auf die Beine zu stellen. Wenn sie dabei noch erfährt, ob ihr die Filmbranche als Berufsumfeld gefallen könnte, umso besser. Wenn die Dreharbeiten vorbei sind,wird sich Philipp in den Herbstferien um den Schnitt kümmern. Sein Freund Alexander, mit dem er die Produktionsfirma „Trauma Productions“ gegründet hat, arbeitet gleichzeitig an der Filmmusik, die er eigens für den Film komponiert. Und wenn der Film dann fertig ist, will Philipp ihn auf allen Filmfestivals einschicken. Auch bei den Großen. „Selbst wenn ich dann nur Absagen bekomme, die Leute haben den Film immerhin gesehen und vielleicht bleibe ich ihnen dann im Gedächtnis.“ Philipps Zukunft ist ziemlich klar: Nach dem Abitur will er Regie studieren. Am liebsten an der HFF, in Ludwigsburg oder in Berlin. Und wenn er dann erfolgreich ist, weiß er auch schon, was er macht: „Wenn ich mal in diesem Beruf lande, will ich junge Menschen fördern.“ Vielleicht wartet er damit aber auch nicht so lange. Gerade überlegt er sich, ein Netzwerk für Jugendliche im Internet aufzubauen. Damit sich dort junge Menschen, die künstlerisch tätig sind, gegenseitig helfen. Sonst tut das nämlich niemand. Philipp sucht für sein Filmprojekt „Der Mann mit dem Gedächtnis“ noch Sponsoren. Wer helfen will, kann sich unter sponsoring@tp-film.de melden. Bild: leonie-haaf

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