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Dicht an dicht mit der Bussi-Bussi-Gesellschaft

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Einmal in der Konferenz nicht aufgepasst und schon ist man zum Star-Foto-Jäger erkoren. Gar nicht so einfach, vor allem weil unsere Autorin sagt: „Ich spreche ungern fremde Menschen an, selbst, wenn es nur darum geht, nach dem Weg zu fragen. Ich bin nicht fotogen. Ich habe noch nie in meinem Leben auch nur Autogramme gesammelt.“ Trotzdem hat sie sich eine Woche lang auf Promi-Jagd in München begeben. Dienstag (Vormittag) Mit meiner Kollegin und einer Kamera ausgerüstet gehe ich erst mal üben und auf Nummer sicher: Das erste Foto mache ich mit Karl Valentin – der Statue auf dem Viktualienmarkt. Hoffe, zufällig auf Stars zu treffen. Das klappt aber nicht. Dienstag (Nachmittag) Der Oberbürgermeister sollte ja als Politiker leicht zu kriegen sein. Volksnähe und so. Tatsächlich marschiere ich ungehindert bis vor seine Tür, scheitere aber an seiner Vorzimmerdame. Wir bleiben hartnäckig und ernten eine „Seid-Ihr-Schüler?“-Frage sowie den Ausruf „Mir kriegen ihn ja selber kaum zu fassen.“ Wenig später ist die Info ertrotzt, dass es morgen früh, vor dem ersten Termin, vielleicht eine Chance gibt. Mittwoch (Vormittag) Zweiter Versuch beim Oberbürgermeister. Gerade als ich an die Vorzimmertür klopfen will, kommt er von links mit einem Kollegen auf mich zu. Klopfe trotzdem stoisch an die Tür, zu nervös, den Herrn Ude direkt anzusprechen. Der ist aber überaus freundlich und fragt mich, ob er mir helfen könne. Volksnah eben. Trage mein Anliegen vor, werde vor die Wahl gestellt „klassisch vor dem Schreibtisch“ oder „a bisserl ungewöhnlicher, auf dem Balkon oder so?“, entscheide mich für Balkon. Ein Mitarbeiter wird vom OB kurzerhand zum Fotografen erkoren. Zweimal lächeln und ein nettes „Bitte, gern geschehen“ später habe ich mein erstes Prominentenfoto in der Tasche. Mittwoch (Mittag) Hole mir Rat beim Profi: Ich telefoniere mit einem Promi-Jäger aus der Nähe von Frankfurt. Kann nach dem Gespräch immer noch nicht verstehen, warum man so was macht, fühle mich aber ein wenig gestärkt. Man müsse nur seine Hemmungen überwinden, dann sei das ganz leicht. Mit einem „Viel Glück!“ und der Warnung, spätestens nach dem zweiten Foto würde auch ich süchtig sein, geht es auf die Jagd. Mittwoch (Nachmittag) Bavaria Gelände. Schleiche um Halle 4/5, wo Marienhof gedreht wird. In den Ferien lagern hier vermutlich täglich halbe Schulklassen in der Hoffnung auf Promis. Heute bin ich allein. Erwische die Erste in der Drehpause draußen im Cafe. Identifiziere sie als ‚Lisa’, Freundin von ,Töppers’ und bitte um ein Foto. Kein Problem. Den Zweiten – ‚Sülo’ – fange ich an seinem Motorrad ab. Auch hier keine großen Erklärungen: Zack, Arm um mich gelegt, Kopf geneigt, in die Kamera gelächelt. Mittwoch (Abend)

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ausflug in die Indie-Welt: Sugarplum Fairy, die kleinen Brüder von Mando Diaos Gustaf Norén, machen After-Show-Party im Atomic Café. Mando Diao und Sugarplum Fairy sind zusammengenommen für die Indie-Jugend ungefähr das, was Tokio Hotel für den Mainstream ist. Also genau das, was ich brauche. Überlege, wie ich wohl am besten in den Backstage-Raum vordringe, als ich Victor Norén auf der Tanzfläche entdecke. „Can I take a picture with you?“ – „Sure.“ Schon habe ich einen gelangweilten Sugarplum-Fairy-Arm um die Schultern. Und sterbe tausend Tode: Wer sich im Atomic Café tummelt, hält sich zumindest insgeheim selbst ein bisschen für Prominenz und würde sich im Leben nicht entblöden, ein Fan-Foto aufzunehmen. Also tröste ich mich mit der Vorstellung, dass es ein bisschen so ist, als hätte ich mich mit Mick Jagger fotografieren lassen – schließlich hat der kleine Noren im Uschi-Obermeier-Film „Das wilde Leben“ den Jagger spielen dürfen. Danach brauche ich trotzdem ein Bier. Auf der nächsten Seite liest du die Erlebnisse beim Training des FC Bayern und am VIP-Eingang zum Box-Kampf von Henry Maske.


Donnerstag (Vormittag)

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Vollkommen übermüdet schleppe ich mich zum Bayerntraining. Postiere mich da, wo die Fußballer nach dem Training abfahren. Gegenüber prahlt ein Mann in den Vierzigern mit irgendeinem Autogramm („den kriegt man sonst ja nie zu sehen . . . war bei ihm zu Hause . . . schauen Sie mal, meine Frau hat ein Foto . . . schauen Sie mal das Datum, ist von heute“), woraufhin diese brav ihre Digitalkamera herzeigt. Bin froh, dass das nicht meine Welt ist. Irgendwann geht ein Raunen durch die Menge, „der Schweini“. Von links kommt Bastian Schweinsteiger, gibt reihum Autogramme, nimmt mein „Kann ich ein Foto machen?“ gar nicht richtig wahr, weshalb ich auch am linken Bildrand lande und er am rechten. Es folgt Roy Makaay. Ich – nun ja, schon geübt – gehe auf Körperkontakt und schaffe es, ihn lang genug festzuhalten um ein ordentliches Foto zu bekommen. Auch wenn er etwas verschreckt dreinblickt. Mehmet Scholl steigt gar nicht erst aus dem Auto, lässt sich nur ein paar Trikots anreichen, ein aufs Auto Geworfenes wird kurzerhand mit dem Scheibenwischer entfernt. Als er am Ende der Ausfahrt noch einmal anhält, stürmt dennoch ein ganzer Pulk von Leuten hin. Freitag (Mittag) Schall&Rauch in der Schellingstraße. Zwei Tische weiter sitzt doch tatsächlich Udo Wachtveitl. Nehme also allen Mut zusammen und bitte um ein Foto. Er möchte dazu sitzen bleiben und lieber mich anschauen als in die Kamera. Mir soll’s recht sein. Freitag (Abend) Kavka-Lesung. Hier geht’s leicht: MTV-Moderator Markus sitzt ohnehin auf der Bühne und signiert Bücher. Bin vorher überzeugt, bei so einer Veranstaltung die Einzige zu sein, die um ein Foto bittet. Tatsächlich stehen aber in der Schlange vor mir mindestens zwei weitere Mädels, die sich mit Markus fotografieren lassen. Direkt vor mir legt eine einfach den Arm um ihn, das bringe ich dann doch nicht. Stehe eher etwas verkrampft da. Und gehe intuitiv in die Knie. Ist nämlich ganz schön klein, der Herr Kavka. Samstag (Abend)

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Maske-Kampf in der Olympiahalle, Promi-Jagd-Höhepunkt: Postiere mich am VIP-Eingang erst links, dann rechts, unentschlossen, wo man nun besser an die Stars herankommt. Vor mir: Zwei Männer und zwei Frauen, mit taschenweise Promi-Fotos. Die Aufnahmen sind profimäßig vergrößert, um sie heute von den fotografierten Stars signieren zu lassen. Würde sie gerne um Hilfe bitten, kann mich aber nicht verständigen, da die vier taubstumm sind. Mein erstes Foto mache ich von dem Schauspieler Michael Roll, der mir rät, ich solle den Maske fotografieren, denn so gut wie heute sähe der nie wieder aus. Es kommen haufenweise Menschen, die alle irgendwie berühmt aussehen. Ich erkenne keinen. Mache es also einfach den anderen nach und lasse mich mit einer mir unbekannten, aber offenbar berühmten Frau und einem jungen Mann fotografieren. Letzterer entpuppt sich als Skisprungstar Sven Hannawald. Heino Ferch (Schauspieler) erkenne ich, aber der hat es zu eilig. Dafür nimmt Heiner Lauterbach sich Zeit. Fußball-Manager Rudi Assauer auch. Der scheint etwas neben sich zu sein und das Foto wird dann auch prompt unscharf. Bei einem der Klitschkos klappt’s dafür, der beugt sich netterweise sogar ein wenig nach unten, ist aber immer noch ungefähr doppelt so groß wie ich. Vor mir bemüht sich eine 13-Jährige gerade um ein Autogramm von Musikexperte Thomas Stein, da schreit von drüben die Mutter: „Claudia, Claudia, der Fierek, der Fierek!“ Der ist dann zwar schon weg, macht aber nix. „Den hab’ ich eh schon“, beruhigt die Tochter. Günther Jauch kommt als einer der Letzten, läuft erst fast am Team seiner eigenen Sendung SternTV vorbei, ist dann auch grundsätzlich bereit, sich fotografieren zu lassen. Aber da habe ich es wohl zu eilig und so wird das Bild äußerst – nun ja – dynamisch und leider im gleichen Maße verwackelt wie unscharf. Die anderen Promi-Jäger verschwinden. Meine Füße sind mittlerweile halb erfroren. Trotzdem mache ich auf dem Weg zur Bahn noch ein Foto mit einem seltsamen bärtigen Mann. Vor ihm steht ein Fahrrad mit einer Deutschland- und einer USA-Flagge. Er hat Boxhandschuhe an, ein Cape und Teufelshörner. Auf meine Frage, warum er denn Hörner trage, antwortet er: „Absolut!“ Was für ein Abend. Sonntag Bin vollkommen ausgelaugt und am Ende. Ich habe weit mehr als zwei Fotos von mir und berühmten Menschen gemacht – und fühle mich keineswegs süchtig. Im Gegenteil, bin froh, dass der ganze Bohai vorbei ist. Obwohl, das Foto mit Günther Jauch ist eigentlich schon ganz lustig geworden. Vielleicht lasse ich mir das rahmen, nur mal so. Muss es ja nicht aufhängen.

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