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Die Würfelkinder

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Matthias, Christian, Gesa, Kathrin und Christina leben in fünf futuristischen Wohnwürfeln am Rande der Studentenstadt. Mit diesen acht Quadratmeter großen „Cubes“ will das Studentenwerk testen, wie die Studentenwohnung der Zukunft aussehen könnte. jetzt.muenchen: Ihr wohnt direkt am Rand des Englischen Gartens – was sagen eigentlich die Spaziergänger, die hier vorbeikommen? Christian: Vor allem sonntags ist das anstrengend. Jeder guckt, bleibt stehen, fotografiert unsere Würfel oder klopft eben auch an. Aber wenn das nervt, kann man auch die Jalousie runtermachen. jetzt.muenchen:Wie habt ihr denn vorher gewohnt? Gesa: Ich habe in einer Notunterkunft gewohnt. Die ist für Studenten, die ganz dringend und schnell ein Dach über dem Kopf brauchen. In meinem Fall war die Notunterkunft ein kleines Apartement, ähnlich wie in einer Jugendherberge, wo ich mit einem anderen Mädchen zusammen wohnen musste. Matthias: Ich habe in einer Dreier-WG gewohnt, die hat sich dann leider aufgelöst, weil einer weggezogen ist. Zu zweit war die WG aber nicht zu bezahlen, deswegen musste ich mir was Neues suchen. Jetzt bin ich also von 90 Quadratmetern in den kleinen Würfel gezogen. Christian: Wohnungssuche ist hier schon eine zentrales Nervthema, ich kenne viele Leute, die monatelang nach bezahlbarem Wohnraum suchen. jetzt.muenchen: Dann kam das Angebot, in einen der nagelneuen Wohnwürfel zu ziehen. Matthias: Ja, ich bekam die Nachricht vom Studentenwerk und konnte mir einen Prototyp eines Würfels von außen anschauen. Von außen kann man sich nicht vorstellen, wie groß das drinnen ist. Ich fand es spannend und habe zugesagt. Kathrin: Ich fand das auch von Anfang an lustig und wollte es ausprobieren. Gesa: Wir sind jetzt eben eine Würfel-WG, das ist auch eine Form von WG. Dabei ist es praktisch, ein eigenes kleines Haus zu haben, man kann nach Hause kommen und kochen, wann man will, muss nicht Rücksicht nehmen und ist trotzdem angebunden. Christian: Ja, wir verstehen uns auch schon ganz gut und sind eine kleine Dorfgemeinschaft. jetzt.muenchen: Welche WG-Elemente gibt es denn in eurem kleinen Dorf? Gesa: Wir haben einen Steg, der unsere Würfel verbindet, wie ein WG-Flur. Auf dem hört man auch, wann der andere nach Hause kommt. Christian: Und wenn einem was zum Kochen fehlt, kann man bei den den anderen anklopfen. Als ich zum ersten Mal gekocht habe, habe ich überhaupt nichts gehabt, nicht mal Besteck. Da musste ich erst mal beim nächsten Würfel um einen Löffel betteln. jetzt.muenchen: Wie war die erste Nacht? Gesa: Ich fand es toll, endlich meine eigenen vier Wände zu haben und nicht mehr mit einer Medizinstudentin das Zimmer teilen zu müsssen. Die Mediziner gehen nämlich immer so früh ins Bett und stehen dann bald wieder auf. Kathrin: Ich fand es schon in der ersten Nacht erstaunlich bequem, die Matratze ist super. Matthias: War auch gar nicht beengend, wenn man erst mal drin liegt, ist das Bett nicht viel kleiner als ein normales Bett. Man hat halt nur 80 Zentimeter bis zur Decke, aber das ist egal. jetzt.muenchen: Die Einrichtung ist ja sehr modern. Matthias: Das war auch ein Reiz beim Einziehen, dass man hier alles schon installiert hat. Das hatte ich vorher ja noch nie, so einen Flachbildfernseher, eine komplette Küche und so. Und die Dusche mit den gestylten Armaturen hat mir auch gut gefallen, ich stehe auf solchen technischen Schnickschnack. Gesa: Ich habe erst vorgestern herausgefunden, dass mein Würfel zwei Heizkreise hat. Matthias: Und wir haben diesen modernen Induktionsherd, das kannte ich nicht. Am Anfang habe ich da meine Pfannen drauf gestellt und es wurde überhaupt nicht heiß, hat nur geblinkt und sich wieder ausgeschaltet. Da musste ich mal erst in der großen Gebrauchsanleitung nachlesen, dass man dafür Edelstahltöpfe braucht. jetzt.muenchen: Habt ihr Lieblingsfunktionen im Würfel? Christian: Es gibt zumindest einen Lieblingsplatz. Wenn man hier links auf der Bank sitzt, kann man das ganze Haus bedienen, ohne aufstehen zu müssen: Radio, Fernseher, Kühlschrank, Mikrowelle, Heizung – alles von hier erreichbar. Gesa: Lieblingsfunktion? Ich habe mir gerade bei den selbsteinziehenden Schubladen den Finger ziemlich übel eingeklemmt. War ich aber selbst schuld. jetzt.muenchen: Ihr sollt diese Prototypen auch für spätere Studentengenerationen testen: Irgendwelche Schwachstellen gefunden? Gesa: Das Licht ist nicht besonders gemütlich, die Lüftung im Bad ist ziemlich laut und mein Gasmelder schlägt immer an, ich weiß nicht warum. Neulich war ich im Kino und habe eine SMS bekommen: „Dein Gasmelder ist an.“ War mir dann aber auch egal. Matthias: Was lustig ist: Ich habe ein Handy von T-Mobile und im Würfel keinen Empfang, ich muss das Fenster aufmachen oder raus zum Telefonieren. Gesa: Ich habe o2 und natürlich vollen Empfang! Kein Wunder, die unterstützen das Ganze ja auch. Matthias: Die Fenster laufen stark an. Gesa: Und es wird schnell dreckig. Wenn man reinkommt, latscht man ja erst mal mit den Schuhen durchs Bad, das ist gerade jetzt im Winter nervig. Aber in einer halben Stunde ist dafür auch der ganze Würfel geputzt, inklusive Abwasch. jetzt.muenchen: Die Nasszelle hat den Fläche eines Bierkastens, reicht das? Christian: Ja, allerdings ist mir anfangs das Duschwasser in die Küche gelaufen. Und man sollte nicht vergessen, die Eingangstür abzuschließen, wenn man duscht, sonst macht jemand die Tür auf und steht bei dir in der Dusche. Gesa: Meine Freunde lachen mich immer aus, wenn ich erzähle, wie klein der Würfel ist. Aber als mein Bruder mich neulich besucht hat, haben wir auch zu zweit hier geschlafen, das ging schon. Matthias: Wenn man zu zweit im Würfel ist, hat man gar keine Privatsphäre. Da kriegt man natürlich jede Bewegung des anderen mit. jetzt.muenchen: Habt ihr schon eine Party gemacht? Christian: Wir hatten eine Einweihungsparty, da waren dann zehn Leute in einem Würfel, fünf hier am Tisch, zwei im Bad, der Rest auf dem Bett. Gesa: Es war nur kompliziert, wenn einer raus wollte, das ging dann am besten durchs Fenster. jetzt.muenchen: Was lernt ihr denn durch das Wohnen im Würfel? Christian: Man lernt den Raum erst richtig zu schätzen. Also ich freue mich irgendwann auch wieder auf eine eigene Wohnung mit 25 Quadratmetern. Matthias: Was ich wirklich wahnsinnig vermisse, ist, dass man sich beim Fernsehen hinlegen kann. Man muss immer aufrecht auf der Bank sitzen. Ein Sofa zum Hinlegen wäre schon was Feines. Da überlegt man sich hier wirklich, ob man jetzt zwei Stunden einen Film schaut. jetzt.muenchen: Ist hier noch Platz für Individualität? Gesa: Irgendwie sehen die Würfel bei jedem schon ziemlich anders aus. Christian: Ich habe eine Schreibtischlampe für warmes Licht mitgebracht und eine Fußmatte im Bad. Und ich habe ein Bild von mir aufgehängt, ich bin ja an der Kunstakademie. Matthias: Gutes Zusatz-Utensil ist ein Fensterabzieher nach dem Duschen. Interview: max-scharnigg

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