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Ein gescheites Wohnheim

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Um die Stipendiaten im Münchner Maximilianeum ranken sich viele Mythen: Frauen hätten keinen Eintritt oder jeden Abend stehe traditionell eine Maß Bier vor der Zimmertür. Fakt ist: Seit über 150 Jahren dürfen ausgewählte Studenten hier wohnen, wenn sie innerhalb der Grenzen Bayerns von 1852 (dazu gehört auch ein Teil von Rheinland-Pfalz) mit Bestnoten bestanden haben. Bis 1864 waren nur Juristen zugelassen, da die Studenten später einmal im Staatsdienst arbeiten sollten. Heute sind bis auf Medizin und Theologie alle Fächer erlaubt. Seit 1980 sind im Wohnheim auch Mädchen zugelassen. Aber auch sie haben ein 1,0-Abitur und außerdem ein zweistufiges Auswahlverfahren durchlaufen. Zu bekannten Absolventen gehören übrigens Franz-Joseph Strauß, Carl Amery und Werner Heisenberg.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Erik, Felix, Nadja, Tobias und Philipp wohnen im Maximilianeum. jetzt.muenchen hat sie besucht und mit ihnen über Mythen und Wahrheit gesprochen.


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Erik Schilling, 25, Deutsch und Latein „Ich wohne jetzt schon seit sechs Jahren im Maximilianeum. Ein konkretes Berufsziel habe ich noch nicht, aber ich möchte später noch promovieren. Dann muss ich leider ausziehen, denn nach dem ersten qualifizierenden Hochschulabschluss muss man das Wohnheim offiziell verlassen. Ein Jahr habe ich im Ausland in einem „normalen“ Studentenwohnheim gelebt. Dort musste ich selbst kochen. Aber so gravierend war der Unterschied zum Maximilianeum auch wieder nicht. Wenn ich Leute kennenlerne, sage ich normalerweise nicht gleich, dass ich hier wohne. Das hat nichts mit dem Wohnheim zu tun. Das liegt an dieser 1,0-Abitur-Schublade, die viele in ihrem Kopf haben.“


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Felix Wobst, 21, Jura „Ich habe keine Ahnung, woran das liegt, aber ein Drittel der Studenten hier studieren Jura. Das Parlament ist zwar gleich nebenan, aber wir laufen uns normalerweise nicht über den Weg. Allerdings haben wir zum Mittagessen oft Besuch von Gästen von der Staatsregierung: der ehemalige Landtagspräsident Alois Glück war hier, Erwin Huber als er noch CSU-Vorsitzender war, Roman Herzog und letztens erst Christian Ude. Der meinte im Spaß: „Menschen mit einem 1,0-Abitur sind schwer integrierbar.“ Das mit der Maß Bier, die angeblich jeden Abend vor unseren Zimmern steht, ist übrigens ein Gerücht. Aber wir haben im Gemeinschaftsraum einen Kühlschrank, der immer mit Bier gefüllt ist.“


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Nadja Danninger, 20, Jura „Etwa ein Drittel der 40 bis 50 Studenten sind Frauen. Warum es nicht die Hälfte sind, weiß ich nicht. Jeder von uns muss zwei Aufnahmetests bestehen, es gibt also keine Quote oder so etwas. Ich auf jeden Fall habe mich wahnsinnig gefreut, als ich hier aufgenommen wurde. Normale WGs vermisse ich wenig. Die Vorzüge, die man hier genießt, sind schon sehr groß. Unsere Zimmer werden mehrmals in der Woche sauber gemacht, wir müssen nicht selbst kochen und das Gebäude ist einfach sehr schön. Außerdem ist es eine tolle Gemeinschaft.“


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Tobias Heizer, 24, BWL „Ich bin der einzige Betriebswirtschaftler hier im Maximilianeum. Ein paar Volkswirtschaftler gibt es auch noch, aber keinen BWLer. Ich wohne seit ich hier bin im selben Zimmer. Das ist ungewöhnlich, denn normalerweise „schläft man sich hoch“. Die Neulinge fangen in den kleinen Neubauzimmern an. Manche davon haben kein Klo und keine Dusche. Später rückt man in die größeren Altbau-Zimmer auf. Ein Jahr habe ich im Ausland verbracht. Ich war in Oxford. Das war eigentlich relativ ähnlich wie hier, nur dass dort die Uni direkt angeschlossen ist. Wir studieren ja ganz normal an der LMU.“


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Philipp Aigner, 25, Jura „Mein Zimmer ist leider gerade gar nicht aufgeräumt, deswegen lasse ich mich lieber in der Bibliothek fotografieren. Ich wohne jetzt seit fünf Jahren hier und fühle mich sehr wohl. Am schönsten ist die Gemeinschaft. Auch Neulinge werden sofort integriert. Aber natürlich streiten wir uns auch, wenn die Spülmaschine mal wieder nicht eingeräumt ist. Nur manchmal während der Prüfungsvorbereitungen verbringe ich zuviel Zeit hier. Dann ist der Kontakt nach außen schon sehr eingeschränkt. Ansonsten leben wir hier aber ganz normal. Dass die Pforte um 23 Uhr schließt, ist ein Gerücht. Und auch Damenbesuche sind erlaubt.“

Text: philipp-mattheis - Fotos: Juri Gottschall

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