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jetzt.kunst stellt vor: LangundTroia und die Fata Morgana des Glamours

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Eine alte Dachwohnung im Münchner Westend: Zwischen Tellern und Bierflaschen, morschen Eisenbahnschwellen und großformatigen Abzügen sitzen Alberto Troia (22) und Fudo Lang (29) auf Flohmarkt-Stühlen. In diesen Tagen eröffnen in München zwei Ausstellungen mit Werken des jungen Künstlerduos, deswegen klingeln die Telefone der beiden sehr oft. Während des Interviews muss Alberto immer wieder an einen der Computer, um letzte Sachen zu überprüfen und Fudo streichelt gelegentlich über eine sandgestrahlte Leuchtskulptur am Boden, die gerade noch fertig geworden ist. Über ihren Köpfen hängt ein Ausdruck des Bildes, das die beiden exklusiv für jetzt.de entworfen haben.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

LangundTroia, "everytime IMG_9795.JPG", 2008 jetzt.de: Ist das Paris Hilton? LangundTroia: Ja, aber uns ist es eigentlich gar nicht wichtig, dass man das gleich erkennt. Wir versuchen ja die Identität der abgebildeten Person zu zerstören, aber natürlich kokettieren wir auch mit der Neugier des Betrachters, der das hier sieht und denkt: Ist sie es oder nicht? In unseren Ausstellungen fragen die Menschen immer wieder: Wer ist das noch mal, hier? Die Sehnsucht ist stark, die Personen zu identifizieren. Bei vielen unserer Bilder wissen wir aber selber gar nicht mehr sicher, wer es eigentlich ist. Die Posen der Stars ähneln sich ja sehr. jetzt.de: Warum habt ihr dieses Bild für jetzt.de ausgesucht? Bei diesem Bild hat uns die Assoziation besonders gefallen - Paris Hilton als neuer Jesus. Generell interessiert uns, was die Leute dann in so ein Bild hinein interpretieren. Celebrities sind ja große Projektionsträger und bei dieser Serie haben wir den Blitz immer direkt auf das Gesicht gesetzt. Wir versuchen über diese Verfremdung Raum zu schaffen für die Sehnsüchte des Betrachters. Durch diese Blitze auf den Gesichtern der Stars findet eine Dekonstruktion statt und man schafft einen neuen Abstand. Es entsteht Vergänglichkeit, die wir den Projektionen entgegen setzen. Deswegen ist es auch spannend für uns, so ein Bild in eine Zeitung zu setzen. Das Massenhafte interessiert uns, der Glamour bekommt dann den Charakter einer Ware. jetzt.de: Wie wählt ihr die Bilder aus? Das ist reine Recherchearbeit im Internet, wir bewegen uns dabei auf einschlägigen Celebrity-Voyeur-Seiten, auf denen viele Paparazzi-Fotos veröffentlicht werden. Das Internet befördert diese Bilder viel ungefilterter und direkter, als es zum Beispiel gedruckte Gesellschaftsmagazine machen würden. Wir häufen riesige Archive von solchen Bildern an, sammeln ganz viel Kultur-Trash. In dem Genre der Paparazzi-Fotografie gibt es ja auch die unterschiedlichsten Fetische, in die man die Bilder einordnen kann. Zum Beispiel ist ein immer wiederkehrendes und wichtiges Motiv, wenn der Star aus der Limousine steigt und alle Fotografen versuchen, dabei ein Foto unters Kleid zu machen. Es gibt Tausende von diesen sogenannten "upskirts". In diesen gesammelten Archiven suchen wir dann nach auffälligen und wiederkehrenden Ikonographien, Posen, in denen gesellschaftliche Bedeutung steckt. Die blitzen wir dann ab. Wir fotografieren also vom Bildschirm ab und schaffen dadurch einen zweiten Layer, eine Endbetrachter-Situation. jetzt.de: Es ist also wichtig, dass diese Fotos zuerst im Netz stehen? Diese Betrachtungsweise ist vor allem zeitgemäß, genau wie diese Transformation, die wir jetzt mit diesem Bild vornehmen - etwas aus dem Webspace wieder auf Papier zu reproduzieren. Die Enthemmtheit im Internet gibt den Leuten mehr Raum, ihre Sehnsüchte auszuleben - jeder vor seinem Bildschirm.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Alberto (vorne) und Fudo jetzt.de: Wie weit seid ihr selber denn von Glamour entfernt? Wenn man sich den Boom in der Kunst und die Preise für junge deutsche Künstler so betrachtet… . . . das ist tatsächlich ein wenig ähnlich, eine scheinbare Nähe zu dieser Welt ist natürlich da, gleichzeitig ist man, genau wie jemand vor einem Bildschirm, auch wieder weit davon entfernt. Es gibt viele junge Künstler, mit denen kann man gar nicht über Kunst als Marktwert sprechen, das ist für viele immer noch ein empfindliches Thema. Jeder wünscht sich, den Schritt in die Professionalität zu schaffen und auch davon zu leben. Kunst machen folgt nun mal einem Alles-oder-Nichts-Prinzip, man kann da sehr schwer einen Mittelweg gehen. jetzt.de: Ihr seid beide auf der Münchner Akademie der Bildenden Künste. Gibt es dort unter den Kommilitonen eigentlich einen Konkurrenzkampf? Oder achtet man nicht auf die anderen? Es dauert auf jeden Fall ein paar Semester, bis man wirklich einen Überblick kriegt: Wer hier macht was für Sachen, was interessiert mich an anderen Arbeiten und wer stellt vielleicht wo aus? Es herrscht aber keine ungesunde Konkurrenz. jetzt.de: Was ist denn das für ein Moment, in dem man als Künstler erstmals mit seiner Kunst in die Öffentlichkeit tritt? Die meisten erleben solche Momente wohl zuerst auf Akademieausstellungen, die einmal im Jahr stattfinden. Da weiß man dann schon: Da kommen viele Sammler und Galeristen in die Akademie und schauen sich die Sachen an. Es gibt natürlich auch ein paar Menschen, die schon selber ein Netzwerk haben, bei denen vielleicht der Vater auch Künstler ist oder so. Aber normalerweise muss man sich diese Kontakte und dieses "nach außen treten" erstmal erarbeiten. jetzt.de: Wie war das bei euch? Ihr stellt jetzt in zwei Ausstellungen aus - wie kam es dazu? Das ging auch auf einer Jahresausstellung los, als Leute von den Galerien am Gärtnerplatz zu uns kamen und fragten, ob wir nicht bei einer ihrer Ausstellungen mitmachen wollen. Und dadurch kam dann eines zum anderen. Das Interesse einer Galerie an uns ist natürlich sehr reizvoll. Wir sind ja noch im Studium und können so den Schritt in die Professionalität einfach mal wagen und ausprobieren. Wir lernen dadurch gerade sehr viel - und machen die Fehler in Echtzeit. jetzt.de: Ihr arbeitet als Team. Wie ist das entstanden? Wir kannten uns vorher schon, haben uns aus den Augen verloren, dann zufällig wieder an der Akademie getroffen und auf einer ganz anderen, künstlerischen Ebene kennen gelernt. Am Beginn der Studienzeit sucht man nach Austausch, und wir haben eben gemerkt, dass wir ein sehr tiefes gemeinsames Verständnis für Kunst haben. Wir haben dann erstmal Videoarbeiten zusammen gemacht. jetzt.de: Habt ihr kein Problem damit, nicht als "genialische" Einzelkünstler wahrgenommen zu werden? Diesen Geniestatus finden wir in der Kunst nicht mehr zeitgemäß. Natürlich gibt es bei uns die Impulse auch mal mehr von einem und mal mehr vom anderen. Aber wenn man so intensiv zusammenarbeitet wie wir, hat man zunehmend das Gefühl, dass alles miteinander verschwimmt und die Ideen wirklich nahezu gemeinsam entstehen. Das Wesentlichste ist, dass inhaltlich alles gemeinsam entschieden wird; dass Konzepte gemeinsam getragen und entwickelt werden. Die Verantwortung wird nie halbiert, sondern wir tragen sie beide hundertprozentig. jetzt.de: Verabredet ihr euch denn jeden Tag zum Kunst machen? In der Regel treffen wir uns abends im Atelier, wir haben beide nebenher noch Brötchen-Jobs. Wir sind Nachtarbeiter, das heißt, diese Treffen spielen sich meist so von 21 Uhr bis drei Uhr ab. Dann besprechen wir uns, lesen, probieren rum und experimentieren am Bildschirm, entwickeln Ideen. Und. . . sollen wir jetzt sagen, dass wir Konzeptkünstler sind? (Fudo lacht) Lieber nicht! Wir haben jedenfalls einen sehr konzeptionellen Zugang, ja. jetzt.de: Gibt es auch mal Streit? Es gibt auch Streit und wir machen auch oft untereinander Deals, das klingt dann so: Du kriegst das Bild mit in die Ausstellung, dafür ich das. Bei Gilbert&George ist es ja angeblich schon so, dass sie sich eins fühlen. Bei uns ist es noch nicht ganz soweit. Aber bald. Das Duo LangundTroia hat das Paris-Bild exklusiv für jetzt.de ausgewählt. Es wird nur hier zu sehen sein und in einer exklusiven jetzt.kunst-Edition (250 Stück) aufgelegt. Ein unterschriebenes und gestempeltes Exemplar (84cm x 59cm) ist zum Preis von 40 Euro inkl. Versand zu erwerben. Bei Interesse bitte eine Mail an muenchen@jetzt.de. Nachtrag am 23. Januar 2009: Es sind noch einige Exemplare der jetzt.kunst-Edition von LangundTroia übrig - Bestellungen bitte an muenchen@jetzt.de Werke von LangundTroia sind in zwei Ausstellungen in München zu sehen: "me, i'm not", red carpet portraits in der Galerie Kampl (Buttermelcherstr.15) und mit der Klasse Stefan Huber in der Galerie der Künstler (Maximilianstr. 42). Weitere Bilder von LangundTroia sind auf den nächsten Seiten zu sehen.


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

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