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Mann aus gutem Hause verzweifelt gesucht

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Karl Theodor zu Guttenberg kann man momentan vieles vorwerfen. Eines allerdings nicht: Er hat dafür gesorgt, dass Adel wieder hip ist. Geradezu alltäglich ist er in den letzten Monaten geworden. Die Schweden-Prinzessin Madeleine wurde von ihrem Verlobten betrogen, ihre Mutter von ihrem Vater, und alle interessiert immer noch, wer dieser adelige Gatte von Barbara Schöneberger ist.

Mein Jagdrevier ist München. Ich gehe nicht aktiv auf die Pirsch – eher sitze ich auf einem Hochsitz und warte, dass ein Baron oder ein Graf vorbeikommt. Ja, ich hätte gerne einen Adeligen zum Freund, einen Jungen aus gutem Hause. Es geht mir dabei gar nicht so sehr um Prunk und Pomp. Es ist die Tradition: Ein 1000 Jahre alter Stammbaum fasziniert mich. Ich glaube, dass viele Frauen so denken, aber es nicht zugeben: Adel ist sexy. Wer das genauso sieht, sollte die folgenden Regeln beachten:
 
Gehe nicht ins P1
Es ist erst mal gar nicht so leicht, einem Adeligen nahe zu kommen. Von und zu bleibt gerne unter sich. Mehr noch: Ihr Schwarmverhalten ist außergewöhnlich, sie rotten sich von klein an zusammen und bewegen sich immer in die gleiche Richtung. Deutsche Adelskinder gehen zusammen auf Internate wie Salem, St. Blasien oder Louisenlund, ihre 18. Geburtstage sind als Partys getarnte Kontaktbörsen, später treffen sie sich am Wochenende auf ihren Schlössern und Anwesen und bei der Jagd. Auch dann, wenn sie vielleicht schon lange in New York arbeiten. Aber es ist auch nicht unmöglich, einen Adeligen kennenzulernen. Der junge deutsche Adel ballt sich in Paris, in London, aber auch in München. Die Jüngeren zieht es vielleicht noch ins P1. Alle anderen gehen ganz normal in Clubs, die gerade angesagt sind, zum Beispiel das Baby’s. Während der Wiesn treffen sich die Jungs aus besserem Hause alle im Schottenhammel-Zelt. WG-Partys sind auch nicht zu unterschätzen, gerade von Juristen. Auf so einer Studentenparty habe ich auch meinen Adligen kennengelernt. Zu meiner Verteidigung: Er hat mich schon fasziniert, als ich noch gar nicht wusste, dass er ein Freiherr ist.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Mach einen Bogen um Tods-Loafers
Ich habe einen Instinkt für Adelige. Man erkennt sie nämlich nicht am rosa Polohemd mit dem Gucci-Gürtel und den Wildleder-Loafers von Tods. In diesen Kreisen gibt es viel mehr Understatement, als man denken würde. Viele tragen Blue Jeans, Hemd oder T-Shirt und einen geknoteten Strickpullover um die Schultern. Unspektakulär normal eben. Sie strahlen in meinen Augen eine bei-sich-seiende Grundendspanntheit aus. Vielleicht ist es ihnen egal, wie sie außerhalb ihrer Clique wirken. Vielleicht ist es auch eine gewisse unbewusste Überheblichkeit.

Googeln hilft
Obwohl sie sich so krass zusammenrotten, sind auffallend viele junge männliche Adlige Singles. Wahrscheinlich sind sie sich alle so sicher, schon irgendwann eine Frau zu finden, dass sie gar nicht auf der Suche sind. Vielleicht finden sie sich auch alle zu schade für nur eine, wer weiß. Es ist leicht, über das Internet herauszufinden, wer Single ist. Google ist ein gutes Werkzeug für Namensforschung und Stammbäume. Facebook ebenfalls. Nicht wenige Adelige haben offene Profile. Heißt: man kann ihre Bilder anschauen, obwohl man nicht mit ihnen befreundet ist. Nicht, dass ich eine Stalkerin wäre. Aber Facebook eignet sich auch sehr gut für die Konkurrenzbeobachtung.
 
Socializing, Socializing
Apropos Facebook: Wer mit einem adligen Mann zusammen sein will, muss ausgeprägte soziale Fähigkeiten haben. Adelige sind dem fieberhaftesten Facebook-Mitglied um Welten voraus: Sie sind schon in einem Netzwerk aufgewachsen, wenn auch in einem analogen. Sie treffen sich innerhalb ihres Netzwerks, sie heiraten innerhalb ihres Netzwerkes. Mein Adeliger lebte schon auf mehreren Kontinenten; er ist in Afrika geboren, besuchte ein Internat in Schleswig-Holstein und arbeitet jetzt in New York, mit gerade mal 30 Jahren.
 
Tausche Mini Cooper gegen Medienstudium
Es heißt ja, alle besseren Töchter und die, die es werden wollen, studieren Kunstgeschichte. Wenn man aber einen Adeligen kennenlernen will, bringt es herzlich wenig, sich für Kunstgeschichte einzuschreiben. Es gibt in diesem Studiengang einfach nicht genug Männer. Mir scheint, mit einem Medienstudium oder Medienberuf ist man viel interessanter als das Kunstgeschichte-Mädchen mit der Louis Vuitton-Tasche und dem Mini vor der Tür. Bei meinem Adeligen jedenfalls zieht das nicht: Er mag mich, weil ich einfach die lustigeren und intelligenteren Sachen sage als die anderen.
 
Benimm dich erst daneben, wenn es die anderen auch tun
Ist man irgendwo eingeladen, wo auch Adelige kommen, sollte man sich benehmen können. Manieren sind hier wirklich ausgeprägter aber auch selbstverständlicher als in anderen Milieus. Man wird als Dame behandelt. Die Männer sind alle galant, helfen beim Öffnen der Bierflasche, halten die Tür auf. Trotzdem fühlt man sich nicht wie in den steifen 20er Jahren, die gerade Haltung am Tisch wirkt nicht aufgesetzt, nicht wichtigtuerisch, sonder natürlich. Keine Sorge: Wenn wir in einer Kneipe Bier trinken, achtet sicherlich niemand auf Tischmanieren. Ist man allerdings zum Dinner eingeladen, sind Konzentration und Disziplin gefordert. Dann lässt man sich nicht gehen. Ich gehe erst raus aus meiner Etikette, sobald es die anderen auch machen. Ich bin nicht die erste, die den Ellenbogen aufstützt.
 
Sei ja kein Püppchen
Adelige gelten als steif, ich finde aber: Adelige sind Partymenschen. Als Frau darf man da nicht empfindlich sein. Es ist natürlich kein Flatratesaufen. Aber Adelige sind trinkfester als alle anderen, die ich kenne. Feiern können sie gut. Vielleicht aus Langeweile, vielleicht weil sie unter sich sind und dann alle Hemmungen fallen. Das kennt man ja aus den Adelsbüchern oder Magazinen, dass ein Prinz Charles oder ein Prinz Harry unter seinesgleichen gerne mal an die Bar pinkelt.
 
Pflege den Smalltalk
Wer viel Zeit mit Feiern verbringt, muss den Smalltalk beherrschen. Die Themen sind die gleichen wie bei ganz normalen Studenten auch: Job, Beziehung, das Dschungelcamp, Zeug. Zu später Stunde gewinnt dann das Mädchen, das etwas Peinliches zu erzählen hat.
 
Lies dich ein
Ein gewisses Interesse an Adels-Geschichte und Adelsgeschichten schadet nicht. So wirkt es, als hätte man sich nie in anderen Kreisen bewegt. Wann es bei mir genau anfing, weiß ich nicht. Meine Mutter hat mir schon als Kind erzählt, dass etwa Madeleine von Schweden eigentlich Roger Moores Tochter sei. Sie hat mir wohl das Interesse am Adel vererbt. Ich lese immer schon extrem gerne historische Biografien, wie von Lieselotte von der Pfalz etwa oder Kitty Kellys Buch über die Royals. Auf dem Wohnzimmertisch lag bei mir nie eine Fernsehezeitschrift, sondern ein Bildband über die Zarenfamilie. Mit zwölf Jahren schwärmte ich dann für den süßen Prinz William in der Bunten, später für Andrea Casiraghi, der nicht nur adelig war, sondern auch cool, so richtig bourgeois eben. Lesenswert sind auch die drei Bücher von Alexander von Schönburg, die davon handeln, wie man ohne Geld trotzdem Stil haben kann.
 
Träume weiter
Warum ich immer wieder über Adelige stolpere? Vielleicht will ich aus meiner Welt in eine Traumwelt flüchten. Vielleicht ist es auch der Wunsch, etwas Anderes, etwas Außergewöhnlicheres zu werden – und das ist eben der Adel. Wenn mich einer nicht wollen würde, nur weil ich nicht adelig bin, dann ist er nicht der Richtige. Und vielleicht verliebe ich mich in zwei, drei Jahren einen Gothic-Typen. Wer weiß.

Protokoll: Verena Stehle

Text: jetzt-redaktion - Illustration: Katharina Bitzl

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