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Singen für die Uni

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Melanie Kunz und Wolfgang Ostermeier organisieren den so genannten LMU Lipdub. Das ist ein Musikvideo, in dem Studenten die Münchner Uni vorstellen. Seit Oktober suchen sie Statisten, Sponsoren und kämpfen mit der Bürokratie, damit beim Dreh am Samstag alles glatt geht. jetzt.münchen hat die Medieninformatikstudenten gefragt, wie ein Lipdub funktioniert und warum sich ihre Mühe lohnt. jetzt.münchen: Wolfgang, du führst Regie, Melanie, du suchst die Darsteller mit aus. Wie seid ihr auf die Idee eines Uni-Lipdubs gekommen? Melanie: Die Idee war im Informatikerforum aufgekommen, nachdem die FH Furtwangen zum University Lipdub Battle aufgerufen hat. Der Lehrstuhl hat die Lipdub-Organisation dann als Praktikumsthema vergeben, für das man einen Schein bekommt.

Hattet ihr eine Vorstellung, worauf ihr euch einlasst, als ihr „Uni Lipdub“ auf dem Seminarplan gelesen habt? Melanie: Wir kannten nur den Lipdub der FH Furtwangen, mehr nicht. Aber ich mochte die Idee eines Gemeinschaftsprojekts und dass die Universität mehr zu bieten hat als nur mit Lernen und Stress.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Jetzt wisst ihr es genauer – was ist ein Lipdub? Wolfgang: Ein ungeschnittenes Musikvideo, bei dem in einem oder mehreren Räumen Leute nacheinander per Playback einen Song performen. Entstanden ist das aus den „Office Lipdubs“, bei denen Leute im Büro Songs nachgestellt haben. Melanie: Bei einem Universitätslipdub wird das ganze in einer Uni gemacht. Mittlerweile gibt es vor allem aus Frankreich einige Uni-Lipdubs. Wie seid ihr vorgegangen, als ihr wusstet, was das Ergebnis sein soll? Melanie: Am Anfang sind wir einen Nachmittag gemeinsam durch die ganze Uni gegangen und haben uns überlegt, welche Orte wir zeigen wollen. Wolfgang hatte die Idee, einen eigenen Song für unseren Lipdub zu schreiben. Wolfgang: So lassen sich der Songtext und das, was im Video gezeigt wird, besser anpassen. Ich wollte nicht den dritten Lipdub mit „I don't feel like dancing“ von den Scissor Sisters. Außerdem sollte das Studium Thema sein. „Unser Hauptproblem: Wir brauchen einen Professor“ Wie muss man sich den Dreh vorstellen? Wolfgang: Wir laufen mit der Kamera auf der vorgeplanten Strecke durch die Uni, filmen einen Darsteller, der einen Abschnitt des Songs performt und sich dann mit dem nächsten abwechselt. Wir verständigen uns mit Funkgeräten, alle Leute sind schon aufgestellt, und ich sage den Posten auf der Strecke per Funkgeräten Bescheid: Gleich sind wir da. Nebenher wird der Song auf einem Kassettenrecorder abgespielt, damit die Darsteller im Takt singen. Melanie: Aus Wolfgangs Liedtext hat sich der räumliche Ablauf ergeben. Weil ein Lipdub keinen Schnitt haben darf, müssen wir die Übergänge von Raum zu Raum füllen – dafür hat die Songversion, die wir beim Dreh spielen, längere Instrumentalparts. Da können wir die Zeit hinterher raffen, wenn die Wege zu lang sind. Im Hauptgebäude müssen wir gewaltige Strecken zurücklegen. Verstößt das nicht gegen die Lipdub-Regeln? Wolfgang: Nein. Es ist kein Schnitt und nach wie vor eine Kamerafahrt, wie es sich gehört. Die Regeln sind auch nicht so streng, weil es in erster Linie um Spaß geht.


Welche Regeln gibt es sonst noch? Melanie: Die Darsteller müssen Laien sein und ein Professor muss vorkommen. Das ist unser Hauptproblem – noch macht keiner mit. Aber daran wird es nicht scheitern. Woher wusstet ihr, wieviele Leute ihr braucht? Melanie: Das haben wir anhand der Streckenlänge geschätzt. Wir haben angekündigt, zehn bis 20 Hauptdarsteller zu benötigen. Daraufhin, und weil Prüfungszeit war, sind nur 13 der angemeldeten 70 Studenten gekommen. Die haben jetzt alle eine Rolle. Und was müssen die tun, außer ihren Mund zur Musik zu bewegen? Wolfgang: Sie unterstreichen ihren Text mit Gestik und Mimik. Zum Beispiel sucht ein Student seinen Raum, der muss auch verzweifelt schauen. Wir wollen – anders als in anderen Lipdubs – zeigen, wie kompliziert alles ist, wenn man frisch an der Uni ist. Deshalb kommen bei uns auch verunsicherte Gesichter vor. Aber nach und nach wird es fröhlicher, quasi zeitgerafft die Entwicklung, die man an der Uni macht. Melanie: Und damit es authentischer wirkt, singen die Darsteller beim Dreh wirklich und bewegen nicht nur den Mund. Der Song wird hinterher drüber geschnitten. „Wir wollen den Uni-Lichthof vollmachen“ Aber die 13 Hauptdarsteller reichen nicht fürs ganze Video? Wolfgang: Nein, es sollen auch andere zu sehen sein. Und am Ende wollen wir den Lichthof der Uni vollmachen, da soll eine Party stattfinden. Es sollten mindestens 150 Leute sein. Dafür gibt es auch Getränke und Essen umsonst. Melanie: Wieviele es letztendlich werden, können wir nicht sagen. Weil viele nicht angemeldet sind und einfach dazukommen werden. Hoffentlich. Wie oft habt ihr geprobt? Wolfgang: Wir haben diese Woche mehrere Proben, aufgeteilt in Erdgeschoss und erstes Stockwerk. Schwierig wird die Technik: Ein ungeübter Kamermann, der das schwere Gerät fünf Minuten durch mehrere Räume trägt – da erklärt dich jeder Profi für verrückt. Also rechnet ihr nicht damit, dass das auf Anhieb funktioniert? Melanie: Nein, wir haben vier Stunden eingeplant. Wolfgang: Und das Video dauert fünf Minuten. Wenn wir das im ersten Ablauf schaffen, wäre es ein Wunder. Unterstützt euch eigentlich die Uni? Das ist ja kostenlose Werbung. Wolfgang: Das ist nichts Offizielles. Im Gegenteil: Wir sind den Launen der Uni ausgeliefert. Wir brauchen Genehmigungen, klappern die Verwaltung ab. Meist kriegen wir, was wir wollen, aber es dauert. Melanie: Die lassen uns erstmal machen und schauen dann, ob sie es verwenden. Aber immerhin unterstützen sie uns mittlerweile finanziell. Ihr arbeitet seit Oktober an dem Projekt und trefft Euch mittlerweile fast täglich. Habt ihr schonmal bereut, überhaupt eingestiegen zu sein? Wolfgang: Wenn man bedenkt, dass wir nur einen Schein dafür bekommen. Ich bin mir sicher, meine Diplomarbeit wird dagegen ein Kinderspiel. Melanie: Um den Schein geht es längst nicht mehr. Es ist eine Erfahrung. Und wo kann man das Video am Ende sehen? Melanie: Auf der Homepage des University Lipdub Projektes.

Text: lea-hampel - Foto: Lea Hampel

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