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„Viele denken an Unterhosen aus dem Automaten“

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Viel Zeit in ihrer zweiten Heimat Japan verbrachte Yukko Freudenberg, 27, erst nach ihrem Studium: Acht Monate arbeitete sie als Praktikantin beim Goethe-Institut in Japan. Inspiriert von den Künstlern, die sie dort kennenlernte und den neuen Eindrücken, hat sie nach ihrer Rückkehr eine Ausstellung organisiert: „Urban Visions – Tokio Mangekyo“. Mit jetzt.muenchen spricht sie über kulturelle Unterschiede, Missverständnisse und natürlich ihre Ausstellung. jetzt.muenchen: Yuko, deine Ausstellung heißt „Tokio Mangekyo“, was heißt das eigentlich? Yuko Freudenberg: „Man“ ist das japanische Zeichen für 1 000 und „Gekyo“ steht für Blume. Das heißt übersetzt soviel wie Kaleidoskop. Weil Tokio so viele Facetten hat wie ein Kaleidoskop. Eine Ausstellung über Tokio oder über eine Stadt allgemein klingt im ersten Moment jetzt nicht so prickelnd – aber deine Ausstellung ist ganz besonders – warum? Sie ist sehr vielschichtig – zum Beispiel drückt Aya, eine Tänzerin, die schon in „KirschblütenHanami“ von Doris Dörrie mitgespielt hat, ihre Eindrücke von der Stadt im japanischen Ausdruckstanz „Butoh“ aus. Dann haben wir auch japanische Punk-Bands eingeladen und es gibt Videoinstallationen. Yuko, eine andere Künstlerin, hat Details und schlichte Orte fotografiert, die Struktur haben. Zum Beispiel große karierte Flächen vor den Hochhäusern, in diesen künstlichen Vororten, wo jedes Haus dem anderen gleicht und es 24 Stunden Videoüberwachung gibt. Muss man sich das wie die Banlieues in Paris vorstellen? Um Gottes Willen, nein, Kriminalität gibt es in Tokio nicht. Das wäre doch total unhöflich, wenn man was Böses macht. Da wird nichts zerstört im öffentlichen Raum.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Das kann ich mir irgendwie gar nicht vorstellen. . . Man ist zurückhaltender und nie direkt, sondern immer rücksichtsvoll. Das Gemeinwohl ist sehr wichtig und man stellt seine eigenen Bedürfnisse nicht in den Vordergrund. Hier in Deutschland sagt man es deutlich, wenn man etwas will. Auch Japaner, die hier schon länger leben, haben damit oft Schwierigkeiten; sie fühlen sich angegriffen oder kriegen schnell etwas in den falschen Hals. Hattest du dann umgedreht auch Probleme, als du nach dem Studium acht Monate in Tokio verbracht hast? Durch das Goethe-Institut habe ich auch oft wichtige ältere japanische Leute getroffen. Mit denen habe ich einfach ein Gespräch begonnen, wie man es hier in Deutschland tun würde. In Japan ist das aber sehr ungewöhnlich. Es gibt ganz genaue Regeln, wie man jemand anspricht, der in der sozialen Hierarchie höher steht. Zurück in Deutschland hast Du dann ganz alleine, nur mit deiner Freundin Simone Kunz, die auch eine der Künstlerinnen hier ist, die Ausstellung organisiert – war das nicht wahnsinnig viel Arbeit? Es hat mehr als sechs Monate gedauert. Ich arbeite ja Vollzeit bei der Mayerischen Hofkunst hier in München. Deshalb habe ich nach der Arbeit noch oft bis ein, zwei Uhr nachts am PC gesessen und organisiert. Irgendwann bin ich dann auch zusammengeklappt, habe zwei Tage lang nur gegessen und geschlafen. Aber dann ging es wieder. Was soll der Besucher nach dieser Ausstellung mitnehmen“ Natürlich soll die Ausstellung das Interesse für Japan wecken. Wenn man Tokio hört, dann denkt man erstmal an Menschenmassen, verrückte Japaner, und Karaoke. Oder viele sagen zu mir: Da kann man gebrauchte Unterhosen von Mädels aus dem Automaten kaufen. Und? Stimmt das? Ich habe das selbst nie gesehen, aber das stimmt schon. Nur ärgert es mich, wenn die Leute vor allem das immer mit Japan oder Tokio in Verbindung bringen. Gibt es noch andere Klischees über Japan, die dich ärgern? Mich nervt es, dass Japaner im Film immer als kleine Männchen dargestellt werden, die sich ständig verbeugen und zu schnell zu viel reden. Am Ende übersetzt die Dolmetscherin dann alles in einem einzigen Satz. So wie in dem Film „Lost in Translation“. Weil es überzogen dargestellt wird? Ja, und niemand macht sich die Mühe zu hinterfragen, warum das so ist. Japaner werden in eine solche Gesellschaft hineingeboren und davon geprägt. Das ist das eigentliche Problem. Welche Klischees haben Japaner von München? Allgemein hat Deutschland einen positiven Ruf: ordentlich, sauber, fleißig. Die meisten denken auch an Bier, besonders, wenn sie München hören. Was hast du vermisst, als du acht Monate in Tokio warst? Wurst! Es gibt in Japan weder Wurst noch Käse. Ich habe mir immer abgepackten Aufschnitt mitbringen lassen. Das ist zwar eigentlich verboten, man darf ja kein Fleisch importieren, aber meine Freunde haben das für mich durchgeschmuggelt. Die Ausstellung „Tokio Mangekyo“ in der Reihe „Urban Vision“ läuft noch bis zum 30. Mai in der Pasinger Fabrik.

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