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Weniger Mainstream: Das Fanzine "rote raupe" feiert Geburtstag

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jetzt.muenchen: Was wünscht ihr euch zum Geburtstag? Dass es weiter so gut läuft wie bisher. Zwei oder drei Klicks mehr würden natürlich nichts schaden, aber wir sind zufrieden. Manche unserer Leser kennen wir von Konzerten und die Resonanz ist immer sehr positiv. Wir bekommen auch viele Emails, in denen die Leute schreiben, wir sollen so weitermachen und uns nicht verändern. Und was gefällt den Lesern besonders gut an der roten raupe? Wir sind persönlicher als andere Musikseiten im Internet wie Intro oder Spex, einfach weil wir nicht so groß sind. Bei uns gibt es weder Werbung noch nervige Popups. Viele Leser mögen außerdem unsere Fotos, die wir bei Konzerten machen und auf rote raupe veröffentlichen. Damit fing auch alles an: Beim ersten Labelabend von Tapete Records haben wir fotografiert und die Bilder danach ins Netz gestellt – ohne Konzept und ohne großen Hintergedanken. Es gab anfangs neben den Fotos auch nur ein Gästebuch. Wir sind erst nach und nach größer geworden. Jetzt kann man bei uns Videos anschauen und findet auch deutschlandweit Tourtermine von Indiebands.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Woher kommt eigentlich der Name rote raupe? Das bleibt ein Mythos. (André lacht und sagt dann:) Der Name ist zufällig auf einem Festival entstanden. Meine Freundin hat einen roten Regenumhang umgehabt und ich habe durch das Loch im Ärmel geschaut und gesagt: „Ich bin die rote Raupe.“ Das war’s. Ich weiß auch gar nicht, warum ich rote Raupe gesagt hab. Wie unterscheidet sich denn ein Online-Fanzine von einem Indie-Blog? Ein Fanzine hat mehr Rubriken als ein Blog. Wir bieten Interviews, Platten- und Konzertkritiken, Fotos, ein eigenes Forum und noch viele kleinere Sachen wie das Malbuch, in das Bands und Musiker auf Konzerten für uns kleine Bilder kritzeln, oder das MP3-Mixtape, das wir regelmäßig zusammenstellen. Eine Rundumversorgung also. Ist München eine gute Stadt, um ein Fanzine zu machen? Ja, in München gibt es eine Indieszene und viele Clubs wie das Atomic Café, den Cord Club, die Monofaktur, den Keller, den Prager Frühling und andere. Die meisten unserer Leser kommen aber lustigerweise aus Berlin. Erst an zweiter Stelle kommen die Münchner, gefolgt von den Hamburgern. Das hat mich selbst gewundert. Den Fanzines früher hat man immer angemerkt, dass die Macher mit Leib und Seele dabei waren und die Heftchen in Kleinstarbeit zusammengeklebt und kopiert haben. Ist das bei Online-Fanzines auch noch so? Das ist immer noch so. Die Technik ist durch das Internet natürlich einfacher geworden und wir müssen uns nicht mehr um den Vertrieb und den Druck des Fanzines kümmern, was kompliziert und vor allem teuer war. Aber der Zeitaufwand für die rote raupe ist der gleiche. An Zeit fehlt es uns auch immer, obwohl wir jeden Tag nach der Arbeit noch mehrere Stunden am Computer sitzen. Fünf Stunden mehr Zeit am Tag für die rote raupe, das ist im Grunde das Einzige, was wir uns zum Jubiläum wünschen. Da muss man ja schon idealistisch sein, um das zu machen. Verfolgt ihr eine Mission mit eurer Seite? Anfangs nicht. Seit einiger Zeit haben wir aber auch eine Bandliste, über die wir vor allem unbekanntere Bands vorstellen, die uns gefallen. Gerade in München beobachten wir in den letzten fünf Jahren, dass nur noch zu den großen Bands auf Konzerte gegangen wird und kaum mehr zu den kleinen. Eine kleine schwedische Band wie Boy Omega spielt im Feierwerk zum Beispiel vor fünf Leuten, während in anderen Städten hundert Zuschauer kommen. Selbst in Würzburg kommen zu kleineren Bands mehr Leute als in München.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Woran liegt das? Ist die Münchner Indieszene einfach zu faul? Es gibt so viele Bands mittlerweile, die ja zugegebenermaßen auch alle ähnlich klingen, da gehen die Leute eben wirklich nur noch zu den Hype-Bands, weil auch nur noch die in den großen Magazinen besprochen werden. Dass die Münchner Szene faul ist, würde ich nicht sagen, aber sie ist nicht so euphorisch wie in anderen Städten. In Berlin wird auch bei kleinen Bands viel mehr gejubelt und getanzt. Die Bands, die wir interviewen, erzählen uns immer wieder, dass das Publikum in München ein bisschen steif ist und erst mal abwartet. Wie beurteilt ihr die Münchner Indiebands? Sehr positiv. Es gibt viele gute Bands, die sich mittlerweile aber vielleicht ein bisschen tot gespielt haben, weil sie schon so oft in München aufgetreten sind wie Mexican Elvis oder die Five! Fast!! Hits!!!. Gibt es eigentlich so etwas wie ein Indielebensgefühl? Größere Magazine sind von Werbung und Promotion abhängig, wodurch etwas Kühles und Unpersönliches in die Hefte kommt. Dadurch, dass wir davon unabhängig sind und wir zum Beispiel auch das Mixtape anbieten, wo Leute kostenlos Musik hören und neue Bands entdecken können, die in den großen Magazinen nicht vorkommen, ist es auf unserer Seite sehr viel sympathischer und kuscheliger. Uns geht es darum, Unbekanntes zu entdecken und mit anderen zu teilen. Gibt es einen Sound für München, bei dem ihr sagt, der passt zu dieser Stadt? Ich habe neulich einen Typen auf dem Fahrrad gesehen, der hat laut Münchner Freiheit gehört. Das fand ich recht witzig. Andrés derzeitige Lieblingsbands: - Deerhoof - Klez.e - Polarkreis18 - Jenana - Me Succeeds Tores derzeitige Lieblingsbands: - Hot Club de Paris - The Antennas - Polarkreis 18 - Killed by 9v Batteries - Monta Interview: max-scharnigg und caroline-vonlowtzow Fotos: rote raupe

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