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Zielgruppe, aufgehorcht!

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Es ist für den erfolgreichen Start eines neuen Radiosenders nicht unbedingt notwendig, dass zukünftige Hörer dabei sind. Trotzdem hätte man sich am vergangenen Freitag gefreut, wenn im vierten Stock der Leopoldstraße 254 einige der 14- bis 20-Jähigen zu sehen gewesen wären, um die es dort ab jetzt gehen soll. Stattdessen aber waren die einzigen, die beim feierlichen Beginn des neuen Jugendsenders EgoFM keinen Anzug trugen, die zukünftigen Moderatoren, die aber der Zielgruppe auch schon leicht entwachsen sind. Eine davon ist Natalie, sie stand aufgeregt in der Studiokabine hinter nagelneuem Equipment und schielte auf die rote LED-Anzeige der Studiouhr, während in den fabrikneuen Redaktionsräumen altgediente Radio-Recken schon mal Sektgläser in Anschlag brachten - und darauf warteten, dass der Präsident der Landeszentrale für neue Medien und diverse Geschäftsführer um 14 Uhr einen roten Knopf drückten. Dong, machte es dann, Natalie in der Kabine hielt sich die Kopfhörer, begrüßte die Hörer und ein paar sehr laute Takte Rockmusik besiegelten den Start des neuen Programms. Frequenz-Nachbar FM4 Fortan also werden von hier aus München und andere bayerische Städte beschallt, mit einem Programm, das die Unterzeile "Endlich unter uns" trägt. Dafür ergatterten die Gesellschafter des Senders (unter anderem Studio Gong) für München die eingängige Frequenz 104,0 MHz. Die ist zufällig nicht weit von der legendären 104,7 MHz entfernt, auf der in gesegneten Münchner Stadtteilen der österreichische Jugendsender FM4 zu empfangen ist. Dessen ausgewogene Mischung aus vielseitigem Anspruch und allgemeiner Lässigkeit in Musik und Programm ließ immer wieder die Frage nach einem Pendant in der hiesigen Radiolandschaft aufkommen. Während der Bayerische Rundfunk darauf aber bis heute nur eher komplizierte und langwierige Antworten weiß, ist das Konzept und die Umsetzung von EgoFM in vergleichsweise kurzer Zeit entstanden und beeindruckend simpel geblieben. Wichtiger Bestandteil ist dabei das Internet. Rund um die Uhr läuft auf der Homepage das EgoFM-Programm in einem eigenen Player, morgens und ab 14 Uhr ist es dann auch zusätzlich für analoge Radiohörer on air. "Unsere Zielgruppe sitzt viel vor dem Rechner, das ist uns völlig klar, deswegen knüpfen wir auch genau hier an" weiß Programmchef Jörg Landfried. Zu hören bekommt diese Zielgruppe dann vor allem mal viel Musik und zwar in einer für München durchaus innovativen Mischung - frei von Zwängen und Themenschwerpunkten, wird quer durch alle Nischen und bis an die Grenzen des Mainstreams bunt durcheinander geworfen: Britpop auf Hiphop, lokale Bands auf internationale Kracher. "Klar, wir wissen, dass dann nicht jeder immer mit dem gespielten Lied zufrieden ist, andererseits wird so auch jeder Hörer merken, dass bei uns immer bald wieder was für seinen Geschmack kommt", erklärt Landfried weiter. Das restliche Programm soll zu großen Teilen mit dem Internet, das hier nur "Netz" genannt wird, arbeiten und oft aus der Community bestückt werden - die freilich erstmal aufgebaut werden muss. Dann aber können über die Radio-Homepage Studiobotschaften verschickt und direkt ins Programm eingeschleust werden, der Austausch der Redaktion mit den Hörern soll ein fester Bestandteil der Nachmittagssendungen sein, Kommentare und Diskussionen zum Mitmachen anregen. Oberthemen dabei: Junge Kultur und Lebenswelt.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Noch nicht ganz fertig Angesichts dieser großen interaktiven Pläne wirkt die Homepage von EgoFM heute noch reichlich nüchtern und reduziert, statt Mitmachprogramm oder Tracklists finden sich bis jetzt nur vermischte Nachrichten und ein Layout, das genauso gut einem mittelständischen Metallverarbeiter stehen würde. "Da sind jetzt noch nicht mal zehn Prozent von dem drauf, was mal alles möglich sein wird" sagt Jörg Landfried, der ankündigt, dass auch die Redaktion, die derzeit aus fünf Leuten besteht, noch aufgestockt werden soll. "Alles Mitarbeiter, die ein anderes Radio machen möchten, als es bisher zu finden war!" schwärmt Landfried. Auch mit dem Münchner Aus- und Fortbildungskanal und dem Studentenradio M94,5 will er zusammenarbeiten. So gut das klingt, der Prüfstein für diese neue Münchner Jugendwelle werden letztlich die Werbeeinahmen sein, schließlich ist man nicht öffentlich-rechtlich finanziert und auf die kommerzielle Vermarktung angewiesen. Deswegen lagen schon bei der feierlichen Eröffnung am Freitag die Preislisten für künftige Werbesekunden aus. Damit konnten die Anzugträger auch wesentlich mehr anfangen, als mit der Musik des Senders, den sie da gerade eingeweiht hatten. Die wurde nach wenigen Sekunden auf verträgliche Lautstärke gedreht.

Text: max-scharnigg - Screenshot: egofm.de

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