Hä? Ich könnte schwören, dass das so war!
Etliche wissenschaftliche Versuche zeigen, dass unser Gehirn lügt, betrügt, uns Streiche spielt und das Geschehene verzerrt. Das Gedächtnis ist eben kein Archiv, sondern eher ein Filmstudio, in dem Erinnerungsstreifen so gedreht werden, wie sie in unser Weltbild passen. Nachträgliche Fehlkonstruktionen sind der Grund, warum selbst glaubwürdige Autobiografien oft Hollywoodcharakter haben und vielen Enkeln die rosigen Erzählungen ihrer Großeltern vom Krieg nicht immer ganz geheuer vorkommen.
Wie sehr Geschehnisse subjektiv durchlebt und erinnert werden, ist jedem deutlich, der schon mal eine Zeugenaussage bei der Polizei machen musste. Auch tugendhafte Bürger tun sich meist schwer dabei zu beurteilen, ob zuerst der Fahrradfahrer um die Ecke bog, das Auto bremste oder ein lautes Hupen zu hören war.
Wenn unser Gedächtnis mehr spekulativ als retrospektiv arbeitet, ist es nicht verwunderlich, was mein Freund C. bis heute behauptet: Er habe mit mir eine Kinovorstellung von „Sweeney Todd“ besucht. Dabei habe ich den Film bis heute nicht gesehen, ich bin mir da felsenfest sicher.
Wie ist das bei dir: Kannst du auch an Ereignisse zurückdenken, bei denen die Unterscheidung zwischen Vorstellung und Erinnerung fraglich ist? Oder hast du schon mal Freunde dabei ertappt, dass sie eine Kindheits-Episode erzählen, von der du weißt, dass sie falsch ist, weil du dabei warst? Möchtest du deine liebsten Szenen aus dem Vietnam-Krieg schildern? Oder hast du diesen Ticker schon einmal gelesen? Teile mit uns deine Erfahrungen – oder zumindest das, was du für solche hältst.
Text: julian-schmitzberger - Foto: claudiarndt / photocase.com