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Der Generationenkonflikt-Ticker

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Nun spricht er also doch: Walter Kohl, Sohn des berühmten Altkanzlers Helmut Kohl, hat ein Buch geschrieben. Darüber, wie es denn nun ist, wenn man der Sohn des „Mannes der Einheit“ ist. Und wir müssen feststellen: es ist schrecklich.  

Da werden Geschichten erzählt, wie der kleine Walter von Kindesbeinen an lernen muss, dass die Politik nun einmal die Erstfamilie seines Vaters ist. Wie er als Heranwachsender inmitten des deutschen Herbstes mitgeteilt bekommt, dass man im Fall seiner Entführung maximal 5 Millionen Mark für sein Leben zahlen würde. Und wie er mit 28 Jahren stolz seinem Vater seinen Arbeitsplatz als Investment Banker in New York zeigt, was der Vater mit einem verächtlichen „das kann es ja wohl nicht sein“ kommentiert und den Raum verlässt. Helmut Kohl hatte nie verstanden, dass sein Sohn keine politische Karriere anstrebte.  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Der Schein trügt: So glücklich, wie die Kohls hier im Sommerurlaub 1975 wirken, waren sie nach den Memoiren von Sohn Walter nie.

Am grauenhaftesten sind allerdings Walter Kohls Schilderungen vom Tode seiner Mutter, zu verfolgen. So war es nicht der eigene Vater, der den Kindern die Nachricht vom Selbstmord Hannelore Kohls im Jahre 2001 überbrachte. Es war seine Büroleiterin Juliane Weber, die mit den Worten „Walter, deine Mutter ist tot“ den Sohn informierte. Aber auch nach diesem Schock, dem Tode einer von allen geliebten Person, blieb Helmut Kohl unfähig, den Söhnen ein Zeichen der Nähe zu geben. 
Walter Kohl plante daraufhin, sich das Leben zu nehmen, es war sein eigener kleiner Sohn, der ihn von der Idee abbrachte. Mittlerweile hat Walter Kohl mit seinem Vater öffentlich gebrochen. Über die zweite Hochzeit seines Vaters mit der 35 Jahre jüngeren Maike Richter wurde er mit einem knappen Telegramm informiert. Sein Buch wird nun als so etwas wie die letzte Abrechnung von jemandem gehandelt, der sein Leben lang im Schatten seines Vaters mundtot gewesen war.  

Natürlich handelt es sich bei Walter Kohls Buch „Leben oder gelebt werden“ um subjektive Erinnerungen, die bei einem weniger prominenten Vater auf geringeres Medieninteresse gestoßen wären. Aber auch als Kind nicht-berühmter Eltern ist einem Walter Kohls Streben, vom Vater geschätzt zu werden allzu verständlich. Das Buch zeigt vor allem, wie durch fehlende Kommunikation zwei Generationen einander völlig entfremden. Wie keiner mehr die Lebenswelt des Anderen versteht und man sich deshalb voneinander distanziert, bis es zum Bruch kommt.

Wie erlebt ihr das? Habt ihr auch häufig das Gefühl, von anderen Generationen nicht mehr verstanden zu werden? Oder versteht ihr wiederum vielleicht auch die anderen Generationen nicht?

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