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Der Waffen-Ticker: Was nützen strengere Gesetze?

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Erfurt, Winnenden, Emsdetten und nun Lörrach – die schreckliche Serie der Amokläufe in Deutschland reißt nicht ab. Einem jedem dieser Fälle schließt sich in zwangsläufiger Folge die ewig gleiche Debatte an: Brauchen wir in Deutschland nun ein schärferes Waffenrecht oder reichen die bisher geltenden Vorschriften? Die Rollen sind dabei recht eindeutig verteilt. Auf der einen Seite stehen Polizeigewerkschaften und der Deutsche Schützenbund, die sich vehement gegen eine Verschärfung zur Wehr setzen. Demgegenüber fordern insbesondere die Hinterbliebenen der Opfer – etwa das „Aktionsbündnis Winnenden“ – strengere Regeln.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

In der Politik verläuft die Demarkationslinie entlang der Parteigrenzen. Insbesondere Mitglieder der Unionsparteien halten das bisherige Regelwerk für vollkommen ausreichend und regen lieber ein Nachdenken über das Verbot der sogenannten „Killerspiele“ an. Ihrer Argumentation zufolge hätten sich alle Amokläufe mit den aktuellen Bestimmungen verhindern lassen, sofern diese nur konsequent angewendet und besser kontrolliert worden wären. So seien bereits nach den Taten von Erfurt und Winnenden strengere Richtlinien in Kraft getreten, die jedoch offensichtlich keinerlei Einfluss auf die Möglichkeiten des Missbrauchs gehabt hätten. Indes setzen sich rot-grüne Politiker dafür ein, den Besitz von Schusswaffen weiter zu begrenzen. Waffen und Munition müssten unbedingt getrennt gelagert werden, der Erwerb solle frühestens nach dreijähriger Mitgliedschaft in einem Schützenverein gestattet und die Waffen zentral und gut abgesichert gelagert werden. Doch die Lobby der Jäger und Schützen hat in der Heimat von Waffenschmieden wie Walther, Mauser, Heckler & Koch eine gewichtige Stimme. Mit Gesprächsterminen, Briefaktionen, Musterbriefen, E-Mail-Kampagnen, Telefonaten und persönlichen Besuchen werde Einfluss genommen, so der Grünen-Politiker Cem Özdemir. Stets verbunden mit dem dezenten Hinweis auf die nächste Wahl, denn schließlich geht es um rund 2,5 Millionen Waffenbesitzer und damit jede Menge Stimmen. Ob Knarrennarr oder Pistoleroskeptiker, Einigkeit besteht immerhin in einem Punkt: Die Waffenkontrolleure sind derzeit heillos überfordert und benötigen dringend mehr finanzielle und personelle Mittel. In der „Bewaffneten Republik Deutschland“ (BRD) sind ca. 10 Millionen Schusswaffen offiziell gemeldet, von den geschätzten 20 Millionen illegalen Gewehren und Pistolen ganz zu schweigen. Ein Rechenbeispiel aus dem Landkreis Rendsburg-Eckernförde verdeutlicht die Situation: Vorausgesetzt, alle Schützen wären beim ersten Besuch zu Hause und hätten nichts dagegen, wenn das Team vom Amt spontan nach dem Rechten sehe, dauerte es etwa 20 Jahre, bis alle 10.000 Waffenbesitzer der Region überprüft wären. Doch ungeachtet der unbestreitbar vorhandenen Missstände und dem dringenden Nachholbedarf, was die Kontrollen angeht: Denkt ihr, dass ein schärferes Waffenrecht helfen könnte, zukünftige Tragödien zu verhindern? Teilt ihr eher die Auffassung, dass Verbote nichts bewirken und verweist zum Beleg beispielsweise auf England oder die Schweiz, wo strengere Regeln mit höheren Mordraten einhergingen? Oder schließt ihr euch der Künstlerinitiative „Keine Sportwaffen als Mordwaffen“ an, die kein Menschenrecht auf Schießsport, aber sehr wohl ein Menschenrecht auf das Leben erkennen kann?

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