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Gelegenheit macht Freunde

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Es ist ein Phänomen: Sobald man etwas Tolles kann, etwas Tolles hat oder – noch schlimmer – in einer tollen Stadt wohnt, wirkt man wie magnetisch auf all diejenigen Menschen, mit denen man schon jahrelang keinen Kontakt mehr hatte. Man kennt sich eigentlich mehr sporadisch, von früher, aber das ist für viele schon Anlass genug, diese „Freundschaft“ in Verbindung mit einem netten kleinen Freundschaftsdienst wieder aufzufrischen.  

Das aktuelle Ziel der weltweiten Gelegenheitsfreunde: München – genauer gesagt meine Wohnung. Das Oktoberfest rückt näher und zu dem Zeitpunkt, wo den Münchnern die ganze Wiesn-Aufregung bereits bis Oberkante Unterlippe steht, melden sich immer mehr Bekannte und Freunde aus längst vergangenen Tagen. Im Rest der Welt gilt das Oktoberfest als die Gelegenheit, mal für ein paar Tage ordentlich die Sau rauszulassen und einfach nur  zu feiern. Wären da nicht die horrenden Hotelpreise! Aber: Wozu hat man denn Freunde? Und so sammeln sich auf meinem Anrufbeantworter und in meinem Emailpostfach die Nachrichten. „Mensch, wir haben uns ja wirklich ewig nicht gesehen! Was hältst du davon, wenn ich dich nächstes Wochenende besuchen komme? Übrigens: Zwei Freunde von mir sind zufällig zu der Zeit auch in München, da ich mal fragen – hättest du vielleicht noch ein Schlafsofa oder so was frei?“ Spätestens beim Abhören der dritten Nachricht drücke ich nur noch stoisch auf den „Löschen“-Knopf, während es in meinem Schädel endlos hämmert: „Ja, ich wohne in München. Nein, dass wir uns so lange nicht gesehen haben, hatte wirklich seine Gründe. Und zu deiner Frage: Nein, ich bin kein Wiesn-Hotel.“  

Aber auch Menschen mit beispielsweise einem praktisch gelegenen Ferienhaus, einem umzugtauglichen Autoanhänger oder einem unschlagbaren Talent an Kreissäge und Schlagbohrer werden regelmäßig von diesen Gelegenheitsfreunden kontaktiert. Wenn sie auftauchen, steckt man in einem kleinen Teufelskreis fest: Denn wenn man ein einziges Mal nachgibt und ja sagt, dann kommen sie immer wieder. Bleibt man hart, muss man einen Vorwurf-Katalog à la „Ist dir unsere Freundschaft denn gar nichts wert!?“ über sich ergehen lassen.  

Wie gehst du mit solchen Bekannten um? Gibst du nach oder sagst du ihnen die Meinung? Oder hast vielleicht du dir auf diesem Weg schon mal etwas erschnorrt? Wenn ja, was hast du gesagt?


Text: julia-siedelhofer - Foto: complize / photocase.com

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