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Der Engländer neigt bekanntlich zur Maßlosigkeit, wenn es um das In-Sich-Hineinschütten alkoholischer Getränke geht. Binge-Drinking, zu deutsch Koma-Saufen, hat auf der Insel eine ganz andere Tradition als auf dem Kontinent. Dagegen kämpfen Politiker immer wieder an. Zum Beispiel fiel die Sperrstunde für Pubs weg, damit die Leute nicht alle, also alle, um 23 Uhr sternhagelvoll sind.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Richard Thaler, Professor an der Universität Chicago und gleichzeitig so etwas wie der Binge-Drinking-Berater des britischen Premierministers David Cameron, empfiehlt nun folgendes: Wer sich in einer Gruppe mit mehr als drei Mitgliedern in eine Bar wagt, soll auf jeden Fall auf getrennten Rechnungen bestehen. Denn bei plus-drei-Mitgliedern besteht die Gefahr des Absturzes, da sich jedes einzelnes Mitglied verpflichtet fühle, eine Runde zu bezahlen. Am Ende sind dann alle dicht. „Darüber sollten Politiker einmal nachdenken", sagte Thaler.

Ich zahle ja meistens drauf, wenn es ums Saufen geht. Ich meine das jetzt nicht körperlich oder so. Ich meine, dass ich oft mehr bezahle als die anderen. Weil es nämlich immer so abläuft: Wir sind, sagen wir, zu fünft und weil die Bar schon voll ist und auch weil ich manchmal einfach ein unglaublich netter Mensch bin, gehe ich an die Theke und bestelle fünf Bier oder fünf Wodka-Irgendwas für alle. Noch nüchtern rechne ich aus, dass das aufs Gleiche rauskommt: Die erste Runde zahle ich, die zweite der Dings, die dritte die Freundin vom Dings und so weiter. Am Ende sind wir alle gleich betrunken und müssen nicht ständig nach Kleingeld in der Hosentasche rumkramen. Außerdem entsteht so ein netter Überraschungseffekt bei jeder neuen Runde, weil ich irgendwie vergessen/verdrängt habe, dass ich schon bezahlt habe. Wenn der Dings fünf Bier bringt, fühlt sich das an, als bekäme ich ein Getränk geschenkt.

Die zweite Runde holt dann der Dings auch noch, aber bei der dritten wollen zwei schon nicht mehr auf die anderen drei warten oder/und jetzt auch noch einen Schnaps. Die Freundin vom Dings sagt, ihr ist das eh jetzt schon zuviel, lieber würde sie nach Hause gehen. Wie auch immer – niemand bezahlt die anderen drei Runden, in denen ich nun endlich mein Freigetränk bekommen würde. Die Rechnung geht also nicht auf, weswegen ich nun keine Runden mehr ausgebe, was wiederum schade ist angesichts des großartigen Gemeinschaftserlebnisses beim gemeinsamen Betrinken. Zu allem Überfluss sagt einem dann noch ein Italiener, Spanier oder Chinese, dass das typisch deutsch ist. In ihrem Heimatland sei es nämlich ganz normal, dass einer eine Runde ausgibt. Es grenze fast schon an Beleidigung, wer da nicht mitmacht. Ich finde, darüber sollte der Professor mal nachdenken.

Text: philipp-mattheis - Foto: dpa

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