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Knast-Konsum: Welches hinter Gittern hergestellte Produkt würdest du kaufen?

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Ein Gefängnis ist kein Warenhaus. Klickt man sich einen Nachmittag lang durch die Online-Shops der sächsischen, brandenburgischen und nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalten, verfestigt sich sehr schnell der gegenteilige Eindruck. Allein die Arbeitsbetriebe der nordrhein-westfälischen JVAs stellen über 1000 verschiedene Produkte her und sorgen auf Knastladen.de dafür, dass man die Dekorationsartikel, Gartengeräte und Büromöbel nicht nur auf Gefängnis-Basaren oder Weihnachtsmärkten kaufen kann. Es sind tatsächlich auch sehr brauchbare Gegenstände wie ein Turniertischkicker für 350 Euro darunter. Oder das, laut Eigenwerbung, weltweit erste Vollzugs-Brettspiel, genannt „Ohne Bewährung“.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Sauber bleiben: Das Pflege-Set der Marke "Santa Fu", hergestellt von Insassen der JVA Hamburg-Fuhlbüttel. Klar ist: Arbeit hinter Gittern gehört schon seit jeher zum Strafvollzug. Gefängnisinsassen sollen so auf das Arbeitsleben nach ihrer Haftentlassung vorbereitet werden. Neu ist das Bestreben, die Produkte „made in prison“ als trendige Markenartikel zu verkaufen. So entwerfen die Insassen der JVA Hamburg-Fuhlbüttel gemeinsam mit Marketing-Experten die Mütze Cap der guten Hoffnung, das T-Shirt Freigänger oder ein Memoryspiel, das die Tattoos der Gefangenen abbildet. Die „kreativen Zellen“ der Knastmarke Santa Fu spenden 20 Prozent der Erlöse an die Opferorganisation Weißer Ring. Auch privatwirtschaftliche Unternehmen wie die Messenger Transport Logistik GmbH vermarkten ihre im Gefängnis produzierten Textilprodukte offensiv als Marke: Haeftling - Jailwear since 1806 lautet der hübsch amerikanisch klingende Slogan der Hamburger Firma. Auch hier fließt ein Teil der Einnahmen in internationale Projekte, die beispielsweise die Haftbedingungen politischer Gefangener verbessern sollen. Der „Haeftling“-Kunde kann also mit gutem Gewissen Gefängnis-Shopping betreiben.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Planentasche der Marke "Jailers" aus der JVA Heilbronn. Der neueste Trendartikel aus der Hand von echten Häftlingen kommt aus der JVA Heilbronn: Umhängetaschen aus LKW-Plane mit einem kleinen Paar Handschellen als Verschluss. Seit Freitag sind die Taschen der Marke „Jailers“ im dazugehörigen Onlineshop für 55 Euro zu haben. Da jeder Tasche die anonymisierte Lebensgeschichte des Herstellers beigelegt wird und die Käufer ausdrücklich um Kunden-Feedback gebeten werden, soll das Projekt zur Resozialisierung der Gefangenen beitragen. Was hältst du von derartigen Ideen? Scheinheilige Geschäftemacherei dank billiger Arbeitskraft oder schöne neue Shopping-Möglichkeit für Konsumenten mit sozialem Gewissen? Hast du schon einmal im Gefängnis-Shop eingekauft? Und wenn ja, was?

Text: anna-kistner - Bild: AP, oh

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