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Und von welchem Beruf träumst du insgeheim?

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Langeweile im Job? Miese Bezahlung? Überstunden bis um Mitternacht? Oder einfach nur Lust, doch noch mal was anderes auszuprobieren? Manchmal möchte man einfach das Weite suchen und zum Hundesitter, Strandbarbetreiber oder Erfinder umsatteln.  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Ich habe im Stadtpark mal einen Mann beobachtet, der mir bis heute in Erinnerung geblieben ist. Er war um die 60, ein südländischer Typ, braun gebrannt und strahlte mit der Sonne im Park um die Wette. Er spazierte mit seinem kleinen Eiswagen durchs Grüne wie mit seinem Baby im Kinderwagen. Der Wagen war kunterbunt, rot, hellblau, rosa, gelb, vergoldete Griffe und Eiskübel rundeten das kitschige Gesamtbild ab. Ein bonbonfarbener Sonnenschirm krönte das Schmuckstück. Kinder scharten sich um den Eisverkäufer. Jedem, das ihn anlächelte, spendierte er ein Probierlöffelchen seines Crushed-Ice mit Zuckersirup. Die Eltern bekamen auch eines. Bei Temperaturen um die 30 Grad eine wahre Wohltat und lecker. Wieder hatte der Mann einigen Menschen den Moment versüßt.  

Wenn ich mal wieder an die Begegnung mit dem Crushed-Eis-Verkäufer denke, sitze ich meistens im Büro. Es ist Freitagabend, gefühlt zehn vor zwölf, der Artikel muss raus, doch das Gehirn streikt. Die Sonne knallt durch die Scheibe, verstrahlt mir den Bildschirm und die Gedanken. Verfluchte seiest du, Sonne! Verflucht sei auch der Eisverkäufer, wie er mit seinem blöden Wägelchen durch den blöden Park spaziert und sein blödes Eis verkauft.  

Nein, Moment - ich bin doch eigentlich die Blöde! Warum musste ich mir gerade diesen undankbaren, zeitdiebischen, Kopf zermarternden, omnipräsenten Fulltime-Job aussuchen. Ich steig aus. Gleich übermorgen. Ich werde Eisverkäuferin. Vorher werde ich aber noch Millionärsgattin. Nein, doch nicht, ich brauche meine Unabhängigkeit. Jetzt hab ich’s: Ich investiere in ein paar Platten und ein Mischpult, werde DJane. Professionelles Partymachen – das kann doch nicht so schwer sein. Ähnliche Alternativen: Wirtin, Bar- oder Clubbesitzerin.

Vielleicht wandere ich aus und werde Beachbarbetreiberin auf Hawaii? Auch Surflehrer, Gärtner, Weinbauern, Nonnen, Schokoladentester und Bademeister haben bestimmt ein erfülltes Berufsleben und inneren Frieden. Aber warum sich überhaupt abrackern? Ab übermorgen mache ich nur noch worauf ich gerade Lust habe. Ich kündige, beackere mein eigenes Gemüsebeet, verdiene ein paar Euro als Hundesitterin dazu und engagiere mich ehrenamtlich bei der Tafel.  

Spätestens beim Gedanken Wahlarbeitslose zu werden kippt die Tagtraumstimmung. Eigentlich liebe ich ja meinen Beruf. Am nächsten Tag sind auch die Kopfschmerzen weg und die Kreativität wieder da.  

Jeder, der diese periodisch eintretende Unzufriedenheit und Träumereien nicht kennt, darf an dieser Stelle einfach wieder an die Arbeit gehen. An alle anderen die Frage: Von welchem Beruf träumt ihr insgeheim, wenn die Arbeit mal wieder nervt? Welcher Beruf wäre dann eure zweite erste Wahl?

Text: kristina-machalke - Bild: sïanaïs/photocase.com

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