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Von Kuhvergewaltigern und Staubsaugern - Welche Urban Legend kennst du?

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Michael S., kurz genannt „Mike“, gehörte zu den coolsten der Schule. Ich kannte ihn nur aus der Ferne, denn er war fünf Jahre älter und unnahbar. Aber er stand mit mir an derselben Bushaltestelle. Seine Augen waren stets ein wenig zusammen gekniffen, als wäre er gerade auf jemanden wahnsinnig böse. Seine Schultasche klemmte lässig unter seinem linken Arm, mit der rechten Hand führte er immer wieder eine Zigarette zu seinem Mund. Er trug eine Lederjacke, auf deren Rückseite dick und für jeden im Umkreis von 50 Metern gut lesbar das Logo „Chevignon“ prangte. Das war Anfang der Neunziger und eine Chevignon-Jacke war damals so etwas wie ein iPhone, bloß noch viel cooler. Ab und an maßregelte Mike einen Fünftklässler, der sich nicht gebührend betrug und zuviel lärmte. Er packte den Kleinen mit festem Griff an der Schulter, blickte ihm mit zusammengekniffenen Augen an und sagte: „Hey Du“, darauf folgte eine Pause, in der sich der Fünftklassler beinahe in die Hosen machte und dann der lapidare Befehl: „Hör auf!“. Nie hörte ich Mike etwas anderes sagen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Zwei Jahre später – Mike war in der Zwischenzeit beim Bund und ich in der Bushaltestellen-Hierarchie nach oben geklettert – erzählte mir der Gimplberger, der immer über jeden Bescheid wusste, eine Geschichte über Mike: Der coole Mike mit seiner Jacke hatte mit seinen Freunden gewettet. Warum, das wusste der Gimplberger nicht mehr genau, aber viel pikanter war auch der Einsatz. Jedenfalls hatte Mike die Wette verloren. Er schlich sich deswegen nachts in einen Kuhstall, platzierte einen Hocker direkt hinter einer Kuh, stellte sich darauf, ließ seine Hosen herunter und fing an. Dem Tier war das relativ egal, seinem Eigentümer jedoch nicht. Plötzlich ging das Licht im Stall an und vor Mike stand ein entsetzter Bauer, der ihn mit einer Mistgabel bedrohte. Ich habe keine Ahnung, ob die Geschichte war ist. Ich weiß nur, dass ich sie acht Jahre später noch einmal erzählt bekam. Ein Zivi-Kollege meinte, er hätte von einem Typ gehört, der nachts in einem Kuhstall… Zuerst dachte ich mir: Ist ja Wahnsinn, dass jemand auch den Kuhstall-Mike kennt. Aber dann wurde mir klar, dass es sich bei der Geschichte vom Gimplberger um eine Urban Legend handelt. Im Film „Lammbock“ ist es die Story mit der geheimen Geburtstagsparty, bei der sich die Freunde für eine Überraschungsparty in der Wohnung verstecken. Als das Licht angeht, ist das Geburtstagskind gerade dabei, mit einem Staubsauger zu onanieren. In einer Variante ist der Jubilar weiblich und der Staubsauger ein Hund. Das Blog modernemythen.blogspot.com beschäftigt sich übrigens ausschließlich mit Urban Legends. Welche kennst du?

Text: philipp-mattheis - Foto: ddp

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