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Was ist deine Lieblingsstudie?

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Ich bin Linkshänder. Vor nicht allzu langer Zeit hätte man noch versucht, mich deswegen umzuerziehen, und mich dazu gebracht, mit der rechten Hand zu schreiben. Denn Linkshänder galten früher als langsam und ungeschickt. Heute ist das anders. Denn heute gibt es wissenschaftliche Studien. Eine sagt mir, dass überdurchschnittlich viele Linkshänder hochbegabt sind. Seitdem ich das gehört habe, sehe ich mich in einer Ahnenreihe mit da Vinci, Mozart, Einstein und Picasso – alles Linkshänder.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

  

Dieselbe Studie besagt allerdings, dass es unter uns auch überdurchschnittlich viele Minderbegabte gibt. Das bedeutet, dass es im Schnitt keinen Unterschied zwischen der Begabung von Links- und Rechtshändern gibt. Das ist aber nicht so wichtig für mich. Ich wähle aus einer Untersuchung nämlich immer nur die Information aus, die mich interessiert. Und die ist hier: Linkshänder sind häufiger hochbegabt. Diese Trumpfkarte spiele ich immer aus, wenn der richtige Augenblick dafür gekommen ist.  

Der Trick ist nämlich, Studien so zu interpretieren, dass sie dich klüger erscheinen lassen oder deinen Lebenswandel rechtfertigen. Zum Beispiel besagt eine Studie, dass intelligente Menschen nachts später schlafen gehen. Seitdem weiß ich jeden Morgen in der Arbeit, warum ich in der Nacht zuvor wieder erst um halb zwei das Licht ausgemacht habe. Das war ein Zeichen meiner unglaublichen Intelligenz.  

Eine Studie, von der einem jeder zweite Alkoholiker erzählt, lehrt uns angeblich, dass es nicht nur unbedenklich, sondern sogar gesund ist, jeden Abend ein Glas Wein am Abend zu trinken. Dass die Ergebnisse der Untersuchung nicht haltbar sind  – egal. Und dass bei vielen, die auf die Studie verweisen, aus einem Glas schnell auch mal eine Flasche werden kann, ist auch zweitrangig.  

Schließlich geht es beim Zitieren solcher Studien vor allem um die gefühlte Wahrheit. Darum, die Informationen zu filtern, die man gerne hören und glauben möchte und die man stolz der Welt verkünden kann.  

Wie ist bei dir? Welche Studie kramst du hervor, wenn du auf ein besonderes Talent von dir verweisen willst? Welche Untersuchung gibt dir ein besseres Gefühl beim Aufstehen? Kurz: Was ist deine Lieblingsstudie?

Text: alexander-gutsfeld - Foto: evali / photocase.de

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