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Was ist Freiheit?

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Heute wird Joachim Gauck im Reichstagsgebäude in Berlin zum neuen Bundespräsidenten vereidigt. Er wird dort seiner erste längere Rede halten, und dort wahrscheinlich die Ziele und Eckpunkte seiner Präsidentschaft zumindest andeuten. Ganz bestimmt wird in dieser Rede auch wieder ein Begriff auftauchen, der fast immer auftaucht, wenn Gauck das Wort ergreift: die Freiheit.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Joachim Gauck während seiner Dankesrede nach der Wahl am Sonntag

Eigentlich, könnte man meinen, ist dieses Wort klar definiert. Sieht man genauer hin, stimmt das aber nicht. Das Englische zum Beispiel kennt zwei Worte für Freiheit: Freedom und Liberty. Auch hier sind die Unterschiede nicht trennscharf, aber doch erkennbar. Die Sklaven sehnten sich nach Freedom, nach einer Freiheit, die vor allem erst mal damit zu tun hatte, dass kein Mensch Eigentum eines anderen sein sollte und sich frei bewegen und sein Leben gestalten kann. Liberty bezeichnet normalerweise eher die politische Freiheit, also Güter wie die Bürgerrechte, die der schwarzen Bevölkerung in den USA erst lange nach Verbot der Sklaverei zugestanden wurde.

Die Freiheit im Sinne der Bürgerrechte ist Gaucks Lebensthema. Kein Wunder bei jemandem, der in der DDR gelebt hat und dort erfahren hat, wie es ist, in einem Staat zu leben, der einem viele Freiheiten verweigert. Das macht ihn quasi zu einem Experten für diesen Begriff – sagen manche. Andere finden, Gaucks Freiheitsbegriff sei zu eng.

In seiner Dankesrede direkt nach der Wahl erzählte Gauck vom 18. März 1990, dem Tag genau 22 Jahre vor seiner Wahl ins höchste Staatsamt, an dem er zum ersten Mal in einer freien, gleichen und geheimen Wahl seine Volksvertreter wählen durfte. Er habe Freude verspürt damals, aber auch gewusst, dass er „niemals, niemals eine Wahl versäumen“ werde. „Ich habe damals gefühlsmäßig bejaht, was ich mir erst später theoretisch erarbeitet habe, dass aus dem Glück der Befreiung die Pflicht, aber auch das Glück der Verantwortung erwachsen muss. Und dass wir Freiheit in der Tiefe erst verstehen, wenn wir eben dies bejaht und ins Leben umgesetzt haben.“

Gaucks Kritiker finden, auch mit der immer wieder von ihm betonten Verantwortung fehle da etwas. Freiheit hat auch etwas mit sozialer Gerechtigkeit zu tun. Mit Chancengleichheit, mit der Frage, ob der Staat all seinen Bürgern dieselben Bedingungen bereitstellt, unter denen sie sich frei entfalten können. Wenn man diesen Gedanken weiterdenkt, landet man schnell bei Feldern wie Bildungs-, Steuer- oder Arbeitsmarktpolitik.

Was bedeutet für dich Freiheit? Fühlst du dich frei? Wo ist deine Freiheit eingeschränkt? 

Update: Joachim Gauck ist vereidigt worden. In seiner ersten Rede als Bundespräsident sprach er wie erwartet auch über die Freiheit. Sie sei "eine notwendige Bediung von Gerechtigkeit", sagte er. Alle aktuellen Informationen über Gaucks Vereidigung im Bundestag liest du im Liveticker auf süddeutsche.de.


Text: christian-helten - Foto: dpa

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