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Wieviel Luxus ist erlaubt?

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Als ich in München auf Wohnungssuche war, habe ich Einblick in mehrere WGs erhalten. Eine davon ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Schön war es dort, denn es gab eine große Küche, einen kleinen Balkon und sogar eine Katze. Wirklich bemerkenswert war allerdings die Tatsache, dass die Bewohner sich gemeinsam eine Putzfrau leisten, die einmal in der Woche alle Gemeinschaftsräume saubermacht. Es war die erste WG mit Reinigungskraft, die ich kennengelernt habe, obwohl viele immer wieder davon reden, ihre ewigen Putzplanquerelen am liebste vermeiden und jemand anderen fürs Durchwischen bezahlen zu wollen.

Am Ende bin ich nicht in diese Wohnung eingezogen. Nicht wegen der Putzfrau, sondern weil ein anderes Angebot einfach besser war. Aber ich habe lange darüber nachgedacht, ob es in Ordnung ist, sich als Student oder Auszubildender die Wohnung putzen zu lassen. Ich bin in einem Haushalt aufgewachsen, in dem es nie in Frage kam, dass jemand anderes als die Bewohner selbst die anfallende Arbeit erledigen. Und das nicht mal unbedingt aus finanziellen, sondern vielmehr aus moralischen Gründen. Darum erscheint mir eine Haushaltshilfe bis heute als großer Luxus. Und ich habe es immer als selbstverständlich betrachtet, dass man nach dem Auszug von daheim mindestens ein paar Jahre lang übt, die eigenen vier Wände in Ordnung zu halten. Wenn nicht sogar für immer.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Konsequent bin ich allerdings nicht, was die Ablehnung von Luxus angeht. Denn schon als Studentin bin ich sehr oft Taxi gefahren, vor allem nachts, wenn ich müde war und keine Lust hatte, auf den Bus oder die Bahn zu warten. Auch das ist bei vielen verpönt. Wo ich sage „Niemand sollte sich zu fein dafür sein, den Putzlappen selbst in die Hand zu nehmen", sagen andere „Niemand sollte sich zu fein dafür sein, öffentliche Verkehrmittel zu nutzen." Wenn man jung ist und sich seine finanzielle Selbstständigkeit gerade erst erarbeitet, wenn man noch nicht viel verdient und vielleicht sogar BAföG bezieht, kann die Frage, wofür man Geld ausgibt und wofür nicht, was man sich leistet und was nicht, oft auch eine moralische Entscheidung bedeuten. Das fängt beim Biogemüse an und reicht über die Putzfrau bis hin zum Auto oder zur Fernreise.

Treffen Putzfrau und Taxifahrten deine Vorstellung von „Studenten-Luxus" und wenn nicht, was würdest du dann als solchen bezeichnen? Und was denkst du: Wie viel Luxus darf man sich als Student oder Auszubildender leisten, was ist moralisch vertretbar, was nicht? 

Text: nadja-schlueter - Foto: kallejipp / photocase.com

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