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Zum ersten Mal reich

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Mit der Einschulung in die erste Klasse begann für mich auch der Eintritt in die schöne, bunte Konsumwelt: Ich bekam von nun an zwei Mark Taschengeld die Woche. Katsching! Meine Mutter wünschte sich, dass ich dadurch den Umgang mit Geld lernen würde und rechnete mir vor, dass ich nur fünf Wochen sparen müsste, um mir eine Bibi-Blocksberg-Kassette kaufen zu können. Ach Mama, da kannten wir uns halt auch erst sechs Jahre. Sonst hättest du natürlich gewusst, dass Sparsamkeit nicht unbedingt unter den Top Twenty meiner ausgeprägtesten Charaktereigenschaften ist und ich bei dem Experiment „Ein Keks jetzt oder zwei in fünf Minuten?“ immer den Sofort-Keks wählen würde. Und so trug ich meine zwei Mark pünktlich jeden Montag nach Schulschluss in den Supermarkt, um sie gegen Süßigkeiten oder das Micky-Maus-Heft zu tauschen.  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ein richtiger Roller wär schon cooler gewesen...

Proportional zu meinen Lebensjahren stieg auch mein Taschengeld. Dummerweise ebenso proportional dazu die Preise meiner Begehrlichkeiten. Ich war 14 als ein Trend aufploppte, der so kurz war, dass sich vermutlich nur Betroffene noch daran erinnern können: Electro Scooter. Ein paar schöne Frühlingswochen lang besaß jeder, der was auf sich hielt aber zu klein war, um führerscheinpflichtige Fahrzeuge führen zu dürfen, so ein Ding. Es handelte sich dabei um elektronisch betriebene Roller zum drauf sitzen. Wow. Alles was man können musste: lenken, Gas geben, bremsen. Ich war fasziniert. Zu diesem Zeitpunkt betrug mein monatliches Taschengeld 20 Euro und ich brauchte nicht mehr die Hilfe meiner unterstützungsunwilligen Mutter („Du bist aber nicht ALLE!“) um mir auszurechnen, dass ich über zwei Jahre sparen müsste, bis ich mir meinen Wunsch erfüllen könnte. (Dass der Trend dann ohnehin vorbei gewesen wäre, war allerdings nicht der Grund weshalb ich diesen Weg ausschloss – ich hielt die Teile für die Zukunft der Mobilität.)  

Es war dann im wahrsten Sinne göttliche Fügung, dass ich doch noch zu meinem Glück kam: just im Frühling der Electro Scooter wurde ich konfirmiert – und geldreich beschenkt. Während meine Mutter aus abermals erziehungstechnischen Gründen wegsah („Jeder muss seine eigenen Fehler machen“), gab ich mehr als zwei Drittel meines Segens für den Roller aus, nur um kurze Zeit später festzustellen, dass er nicht über 20 Km/h hinauskam und alle halbe Stunde an die Steckdose musste. Nach zwei Monaten verkaufte ich ihn wieder – für die Hälfte.  

Egal ob Konfirmationsgeld, Ferienjobgehalt oder das Sparkonto zum 18. Geburtstag – irgendwann kommt für jeden das erste große Geld. Ich hab meins für Blödsinn auf Rädern ausgegeben. Wie war das bei dir? Was musstest du unbedingt haben? Und hast du es noch? Oder war es auch eher sinnlos? Würdest du es heute wieder tun? Oder warst du ganz anders? Gehörst du etwa zum Lager der Für-den-Führerschein-Wegleger und jugendlichen Bausparvertragunterzeichner? Erzähl doch mal.   


Text: verena-kessler - Foto: Trojana1712 / photocase.com

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