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Die Bildungscamper

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Bildet euch! Bildet alle! Bildet Zeltlager! – Unter diesen Parolen versammeln sich Münchner Studierendenvertretungen, Schülerinitiative München, Unibrennt und das bundesweite Bildungsstreikbündnis vom 7. dis 11. Juni 2010 am Geschwister-Scholl-Platz direkt vor der LMU. Das „Bildungscamp“ soll zeigen, was politischer Protest auch sein kann: alternative Bildungsstätte und Festival zugleich. Das Camp soll das bieten, was alle fordern: kostenlose Bildung für alle. Ob Workshops für Politik und Zeitgeschehen oder gewaltfreie Kommunikation, ob heftige Debatten im Plenum oder Vorträge zu Bildung und Zukunft: Für jeden ist etwas dabei. So breit, wie das Angebot gestreut ist, so breit sind es auch die Themen – sie wirken schon fast beliebig. Was die Protestierer eint, lässt sich schemenhaft erkennen: Mehr Geld für Bildung, keine Studiengebühren, keine Ökonomisierung der Bildung und eine Demokratisierung der Bildungswesens. Braucht man mal Pause, werden Banner gemalt, Sprüche gedichtet oder Yoga gemacht. Bevor sich alle in ihre Zelte zurückziehen oder doch auf das weiche Bett im festen Heim zurückgreifen, klingt der Abend bei Kabarett Musik, Theater, kühlem Bier und Steak vom BringYourOwnSteak-Schwenkgrill aus. Das Herzstück der Sommerfestival-Protestwoche findet am 9. Juni ab 12 Uhr vom Geschwister-Scholl-Platz aus statt. Auf der Großdemonstration soll es mit Bannern, Fahnen, Lärm und viel Laune richtig laut werden. Mit möglichst vielen gegen alles... Protest jetzt. Ganz klassisch.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Stefan ist 26 und demonstriert auf dem Bildungscamp gegen die Bildung. „Jeder kann sich selbst bilden“ lautet sein Wahlspruch. Die 18-jährige Carla war schon im letzten Herbst bei der Hörsaalbesetzung dabei. Die beiden campen die ganze Woche auf der Wiese vor dem Geschwister-Scholl-Platz.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Severin, 24, kommt aus Kroatien, lebt aber schon länger in München. Beim Bildungscamp teilt er sich ein Zelt mit Stefan.


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Philipp, Christian und Karim sind alle 20 Jahre alt. Philipp studiert BWL und Christian Mathe und Sport auf Lehramt. Karim beginnt erst im Oktober mit dem Studium, derzeit kann er sich noch nicht zwischen Wirtschaftsingenieurwesen und Architektur entscheiden. Die drei konnten sich bisher noch nicht dazu durchringen, auch beim Camp zu übernachten. „Es wäre aber wohl besser, um zu zeigen, dass wir unser Anliegen auch ernst meinen,“ geben sie zu.


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Der 24-jährige Daniel und der 25-jährige Lion studieren beide Politikwissenschaften, ihr Kommilitone David, 26, Soziologie. Die drei betreuen den Pavillon der Gewerkschaftsjugend. Das Bildungscamp sehen sie "als eine Art Kommunikationsfeld". Wichtig seien nicht nur spektakuläre Blockadeaktionen, sondern auch inhaltliche Auseinandersetzungen in Workshops und Diskussionsrunden. "Dabei ist es wichtig, auch mal andere Meinungen als die eigene zu hören,“ findet Lion. Am Nachmittag zeigen sie in ihrem Pavillon einen Film über die Studentenbewegung in Hessen, die dort 2006 die Abschaffung der Studiengebühren durchgesetzt hat. Mit „Kick it like Hessen“ bringt Daniel ihr Motto für die Woche auf den Punkt.

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Illustration: Julia Schubert

Geschichtsstudent Max, 23 und die ebenfalls 23-jährige Roxanne (Germanistik) entspannen sich auf dem Sofa des Kulturpavillons. Die Organisatoren haben das Camp in zwei Teile geteilt: den „Kulturrasen", der Platz bietet für kreative Workshops und gemeinsame Aktivitäten wie Yoga oder Ballspiele und den „Bildungsgarten.“ Dort finden Workshops und Vorträge zu Themen rund um den Bildungsstreit, aber auch zu allgemeinpolitischen Fragen statt. Sogar Dozenten der LMU sowie der TU München beteiligen sich beim Bildungsgarten. Vorträge gab es u.a. schon zu Gentechnik, Atomkraft, der Geschichte der Burschenschaften sowie Gender in der Literaturwissenschaft. „Die Resonanz ist äußerst positiv. Gleich bei den ersten Workshops waren 15-20 Leute dabei. Viel mehr wären auch gar nicht sinnvoll,“ sagt Max.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Pete, 22, „Müsli“ 20 und der 26-jährige Stefan sind zwar keine Studenten, arbeiten aber trotzdem in der „Volxküche“ mit. Die Volxküche bietet vegane Ernährung für alle Campteilnehmer zum Selbstkostenpreis und finanziert sich ausschließlich über Spenden. „Jeder zahlt soviel, wie er sich gerade leisten kann. Wenn das nur 50 Cent für ein Essen sind, ist das auch in Ordnung.“ Beim Spülen beteiligen sich alle Campteilnehmer gleichermaßen, feste Gruppeneinteilungen für den Küchendienst gibt es nicht.


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Illustration: Julia Schubert

Diana schmiert fleißig Brote für das Camp. Die 22-jährige studiert Deutsch und Sozialkunde auf Lehramt und wohnt direkt in der Nähe der LMU. „Kampfgeist zeigen und durchhalten“ sind für sie beim Bildungsstreik das Wichtigste.

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Illustration: Julia Schubert

Der 25-jährige Moritz hat eine Ausbildung zum Schreiner gemacht und darf seinen Beruf seit acht Monaten wegen einer Verletzung nicht mehr ausüben. Jetzt möchte er in Rosenheim eine Ausbildung zum Holztechniker anfangen. Vom Bildungscamp erhofft er sich vor allem mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit für die Belange von Studierenden, Auszubildenden und Schülern.

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Illustration: Julia Schubert

Wie viele Teilnehmer des Bildungscamp war auch Max schon bei der Hörsaalbesetzung im vergangenen Herbst dabei. „Auf viele Erfahrungen und Kontakte aus dieser Zeit können wir jetzt wieder zurückgreifen. Auch die Idee für die Volxküche ist z.B. während der Besetzung entstanden.“ Einen Vorteil gegenüber dem Streik von 2009 sieht er in der größeren Offenheit des Camps. „Dadurch dass wir nun außerhalb der Uni campen, belästigen wir niemanden und stören den Lehrbetrieb nicht. So kann ein viel besserer Dialog stattfinden. Auch Mitglieder von der Liberalen Hochschulgruppe und vom RCDS, die die Studiengebühren eher erhalten möchten, sind schon vorbeigekommen.“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Theaterwissenschaftler Dominik (23) behält bei allem Engagement stets einen kühlen Kopf. „Zwischendurch mal entspannen ist ganz wichtig.“

Text: ulrike-schuster - und Julian Jochmaring

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