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Mein Praktikum als UN-Generalsekretär (VII): Ein Bild und ein Gesamteindruck

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Wir standen eine gute dreiviertel Stunde auf dem Podium des großen Saals der Generalversammlung, alle knapp 200 Praktikanten der UN versammelt unter dem großen, goldenen Emblem, gestapelt wie Bohnendosen im Supermarkt und warteten. Für die meisten geht das Praktikum in großen Schritten dem Ende entgegen, ein paar bleiben bis Weihnachten, wenige haben sich für ein halbes Jahr Praktikum entschieden. Dennoch hat das Internship Office sämtliche Praktikanten eingeladen und die stehen sich nun auf den Füssen, sehen hinten, auf der Besucherempore, die verdutzten Touristen kommen und gehen – und dann, endlich, spät, kommt Kofi Annan zum Fototermin. Er stellt sich kurz vorne in die Mitte, zwischen die Praktikanten, die im Internship Office Praktikum machen. Als Wiedergutmachung für den dämlichen Praktikumsplatz, meint Johann aus Den Haag, aber das ist eine Vermutung, ein bisschen böswillig, nicht ganz unzutreffend. Innerhalb von Sekunden ist das Foto gemacht, zu erkennen wird sowieso keiner sein, dann spricht Kofi Annan ein paar Worte. Sein Blick ist respektvoll und ernst, seine Stimme ist sanft und leise – in den hinteren Reihen versteht man kein Wort. Einige fotografieren sich noch an den Tischen der Delegationen ihres Landes, die Sicherheitsmänner rufen erst, man sollen den Raum sofort verlassen, dann schreien sie, recht schleppend folgt der Tross der Praktikanten der Anweisung. Dann kehren alle an ihre Schreibtische und zu ihren Aufgaben zurück.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die Aufgaben der Praktikanten bei der UN sind vielfältig, so vielfältig – und manchmal interessant – wie die Aufgaben der UN eben. Viele gehen zum so genannten „note taking“, das heißt, sie protokollieren für ihre Abteilungen die Versammlungen der Generalversammlung und ihrer Komitees, jeweils unter dem Interessensgesichtspunkt des jeweiligen Büros. Das ist eine Zeit lang ziemlich spannend, weil man ziemlich direkt am politischen Geschehen sitzt, die Verhandlungen und Reden beobachten kann und einen Eindruck von der Arbeit der UN bekommt – wird aber recht schnell sehr ermüdend, weil die Diskussionen arg ritualisiert sind. Genau genommen sind es oft lange, dröge Marathons der Schwafelei, die klaren Verstandes – und wach! – kaum über längere Zeit zu ertragen sind. Dabei geht das gerne mal drei Stunden. Andere Praktikanten sind in der Kartenabteilung und erstellen Karten für die verschiedenen Friedensmissionen der UN, beobachten die internationale Berichterstattung über die Vereinten Nationen, sind an Projekten beteiligt, die das interne Wissensmanagement der Organisation verbessern sollen oder die der Evaluierung von humanitären Einsätzen dienen. Klingt oft gut, ist es auch oft – aber eben nicht immer. Am zufriedensten scheinen, ein äußerst subjektiver Eindruck, diejenigen, die entweder in den Kernbereichen der UN – Friedenssicherung, humanitäre Einsätze – oder in persönlichen Spezialisierungsgebieten eingesetzt sind. Wer mit großen Träumen und Plänen kam, wer auf Tuchfühlung mit harter Politik und schwierigen Entscheidungen gehen wollte, wer den ganz großen Rädern aus nächster Nähe beim Drehen zuschauen wollte, um vielleicht irgendwann auch Hand anzulegen, der ist eher enttäuscht. So wie ich. Illu: hanna-fiegenbaum

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