- • Startseite
- • Job
-
•
Jobkolumne: Was verdient ein Busfahrer?
Jean-Marie arbeitet als Busfahrer für ein privates Unternehmen, das einen Teil des Linienverkehrs in Heilbronn bedient. Er lenkt 18 Meter lange Gelenkbusse. Freunde und Familie sind schon öfter bei ihm mitgefahren. Sie setzen sich gerne auch mal bei ausgeschaltetem Motor kurz auf den Fahrersitz.
Was ich als Busfahrer mache
„Mein Job ist es, Menschen von A nach B zu befördern und ihre Fahrscheine zu kontrollieren. Hauptsächlich bin ich im Linien- und Schienenersatzverkehr tätig. Manchmal stehen auch Tagesfahrten an.“
Wie mein typischer Arbeitstag aussieht
„Wenn ich Frühschicht habe, beginnt mein Tag um 4:41 Uhr. Bevor ich losfahre, bereite ich die Kasse vor, schaue auf den Fahrplan, wer welche Strecke fährt, und überprüfe, ob es Umleitungen gibt. Wir bekommen immer mit vier Wochen Vorlauf unseren Dienstplan. Es kann aber immer zu kurzfristigen Änderungen kommen, wenn beispielsweise jemand krank ist. Außerdem ist es wichtig, dass ich vor der Fahrt kontrolliere, ob alles am Fahrzeug in Ordnung ist. Heißt, ich überprüfe die Reifen und die Flüssigkeiten im Motor. Vor allem im Sommer kommen die Fahrzeuge an ihre Belastungsgrenze, wenn sie den ganzen Tag unterwegs sind.
Ist alles in Ordnung, fahre ich los zu meiner ersten Haltestelle. An den Endhaltestellen habe ich dann meistens ein paar Minuten Pause und spätestens nach viereinhalb Stunden muss ich 45 Minuten Pause machen. Mit den Schichten ist es etwas kompliziert, denn es gibt geteilte Schichten. Das bedeutet, ich fahre am Morgen drei Stunden, habe dann ungefähr vier Stunden Pause und muss dann nochmal für ein paar Stunden fahren. Es wird darauf geachtet, dass ich am Tag nicht mehr als zwölf Stunden arbeite. Aber es kann vorkommen, dass man um fünf Uhr anfängt und erst um 17 Uhr Feierabend hat.“
Welche Art von Fahrgast mir am liebsten ist
„Ich mag Fahrgäste, die in den Bus steigen, mich begrüßen und mir sowie anderen Fahrgästen grundsätzlich mit Respekt begegnen. Das heißt zum Beispiel, dass man nicht mit Lautsprecher telefoniert, anstatt sich Kopfhörer aufzuziehen. Ich bin sehr froh, wenn ich nicht mit Fahrgästen über die Regeln im Bus diskutieren muss. Ich freue mich auch immer über kleine Gesten. Eine Frau stand mal am Morgen mit einem Kaffee für mich an der Bushaltestelle, was sehr nett war.“
Was der Job mit meinem Privatleben macht
„Die meisten meiner Freunde arbeiten fünf Tage in der Woche, acht Stunden am Tag. Meine Arbeitswoche sieht ganz anders aus. Wenn meine Freunde fragen, ob wir am Freitag feiern gehen wollen, muss ich absagen, wenn ich am Samstag früh arbeite. Vor allem am Anfang war ich manchmal deprimiert, wenn ich auf Instagram gesehen habe, wie meine Freunde zusammen unterwegs sind, und ich nicht dabei sein konnte. Mittlerweile kann ich damit besser umgehen und versuche den Job mit meinem Privatleben zu kombinieren. Ich mache zum Beispiel gerne Fotos von den Bussen, die ich dann bei Instagram hochlade oder treffe mich mit Kollegen zum Grillen.“
Wie ich zu dem Job gekommen bin
„Schon als kleines Kind habe ich dem Busfahrer immer über die Schulter geschaut und fand die großen Fahrzeuge sehr interessant. Ich habe zuerst als Messebauer und im Umzugsbereich gearbeitet, wurde dann aber durch Corona entlassen. Mit dem Bildungsgutschein habe ich dann den Quereinstieg ins Busfahren gemacht. Die Ausbildung hat ungefähr ein halbes Jahr gedauert. Ich musste mir erst ein Unternehmen suchen, das mir auch bestätigen konnte, dass ich übernommen werde. Danach habe ich mich bei der Fahrschule angemeldet. Als ich meine erste Fahrstunde hatte und hinter dem Lenkrad saß, dachte ich, dass ich den Bus niemals heile zurückbringen werde. Ich hatte am Anfang Angst, im normalen Verkehr zu fahren. Mit der Zeit hat sich das zu einem gesunden Respekt entwickelt. Den braucht es, weil man die Verantwortung für die Fahrgäste hat und immer mit Fehlern der anderen im Straßenverkehr rechnen muss. Insgesamt hatte ich drei Prüfungen, eine praktische und zwei theoretische. Die erste Theorieprüfung ist für den Führerschein und und die zweite für die Ausbildung. Da geht es um Fragen rund um den Job, zum Beispiel Fahrgastrechte, gesetzliche Ruhezeiten und Sicherheitsvorkehrungen.“
Welche Fragen ich auf Partys gestellt bekomme
„Die meisten finden total interessant und cool, was ich mache. Oft schwingt auch Faszination oder Respekt mit, weil ich als Busfahrer viel Verantwortung tragen muss. Manchmal kommt es vor, dass Leute Sprüche klopfen wie ‚Ah, du bist also der, der immer zu spät kommt‘. Ich kann darüber lachen und nehme das nicht persönlich.“
Was ich mache, wenn ich während der Arbeit aufs Klo muss
„Toiletten sind ein großes Thema in diesem Beruf. Bei uns wird geschaut, dass es an jeder Endhaltestelle die Möglichkeit gibt, aufs Klo zu gehen. Das gelingt aber nicht immer. Manchmal muss ich in eine Bäckerei gehen und dort sagen, dass ich Busfahrer bin und fragen, ob ich die Toilette benutzen darf. Das ist mir manchmal unangenehm. Für öffentliche Toiletten bekommen wir Münzen, damit wir nichts bezahlen müssen. Im Notfall und wenn man keine Fahrgäste hat, kann man rechts ranfahren und kurz hinter einen Busch gehen. Als Frau ist das ganze natürlich nochmal schwieriger, weil es gesellschaftlich doch mehr akzeptiert ist, wenn ein Mann in einen Busch pinkelt.“
Welche Eigenschaften ich für den Job brauche
„Zum einen braucht man eine gewisse Affinität für den Job und die großen Fahrzeuge. Zum anderen ein dickes Fell. Man darf sich nicht alles zu Herzen nehmen. Es gibt Situationen, in denen Fahrgäste schlecht gelaunt sind und mir die Schuld geben, wenn ich mal verkehrsbedingt zehn Minuten Verspätung habe. Manchmal kann es auch vorkommen, dass Leute einen nicht direkt ernst nehmen, weil sie der Meinung sind, dass so eine junge Person gar keinen Bus fahren kann. Bei einer Freundin von mir, die auch Busfahrerin ist, ist das nochmal krasser, weil der Beruf männlich dominiert ist.“
Vorstellung vs. Realität
„Bevor ich angefangen habe, als Busfahrer zu arbeiten, dachte ich immer, dass es weniger von meinem persönlichen Leben beansprucht. Mir war klar, dass ich schon mal um drei oder vier Uhr bei der Arbeit sein muss. Aber ich dachte, dass ich dann acht Stunden fahre, mit einer Stunde Pause dazwischen, und dann nach Hause gehe. Mir war nicht bewusst, dass es Schichten gibt, in denen ich zwölf Stunden unterwegs bin.“
Wie viel ich verdiene
„Ich verdiene momentan 3515 Euro brutto im Monat und bin auch zufrieden damit. Dadurch, dass es einen Mangel an Busfahrern gibt, ziehen die privaten Busunternehmen oft hinterher, wenn gestreikt wird und es im öffentlichen Bereich mehr Gehalt gibt. Man möchte natürlich keine Fahrer verlieren. Ich als Busfahrer habe da auch den Vorteil, dass ich zum einen eine Gewerkschaft hinter mir sitzen habe und in meinem Unternehmen auch noch einen Betriebsrat. Ich finde das Gehalt ist auch gerechtfertigt, weil der Job ist anstrengend und ich trage viel Verantwortung für die Fahrgäste im Bus.“