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Was Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch besser machen sollten
Unternehmen vergessen häufig, dass nicht nur der Bewerber sich in einem Vorstellungsgespräch präsentiert, sondern eben auch das Unternehmen. Längst sind die Zeiten vorbei, in denen der Jobsuchende als Bittsteller zum Bewerbungsgespräch erscheint. Trotzdem habe auch ich in den vergangenen Jahren auf der Jobsuche immer wieder kuriose Erlebnisse bei Bewerbungsgesprächen gemacht.
Damit ich mich und alle anderen Arbeitsuchenden sich nicht mehr über peinliche, dreiste und manchmal schlicht haarsträubende Erlebnisse rund um das Vorstellungsgespräch ärgern müssen: Hier zehn praktische Tipps für Personaler, die Bewerber für ihr Unternehmen gewinnen möchten
1. Lesen Sie vorab die Bewerbungsunterlagen
Vor einigen Jahren bewarb ich mich bei einem großen Pharmaunternehmen. Für das Vorstellungsgespräch, Montagmorgen, acht Uhr, nahm ich eine fast zweistündige Reise mit den Öffentlichen einmal quer durch Berlin auf mich. Nachdem ich zu Beginn des Gesprächs meinen werktäglichen Besuch am Abendgymnasium erwähnte, wurde das Vorstellungsgespräch vorzeitig abgebrochen. Mein täglicher Schulbesuch war mit den Arbeitszeiten nicht zu vereinbaren. Das hätte man mit einem gründlichen Blick in meine Bewerbungsunterlagen aber auch schon vorher feststellen können.
2. Verschieben Sie das Vorstellungsgespräch nicht mehrmals
Wer bereits Vollzeit arbeitet, steht für jedes Vorstellungsgespräch vor einem Zeit-und Organisationsproblem: Wann soll dieses stattfinden? Aber kein Problem: Für meinen Traumjob bin ich natürlich gerne bereit, einen Tag Urlaub zu nehmen. Blöd nur, wenn der neue potenzielle Chef kurzfristig feststellt, dass er an diesem Tag doch was anderes vorhatte. Noch blöder, wenn das dreimal hintereinander passiert, ich jedes Mal einen Tag Urlaub opfere und mein aktueller Arbeitgeber sich schon seinen Teil denken kann. Das wirkt erstens ziemlich unprofessionell und wirft zweitens die Frage auf, ob man in so einem offenbar ziemlich unorganisierten Laden wirklich arbeiten will. Ich habe nach dem dritten Fehlversuch schließlich aufgegeben.
3. Nehmen Sie sich Zeit für das Gespräch
Anfang des Jahres wurde ich zu einem ersten Kennenlerngespräch in einen Verlag eingeladen. Das Vorstellungsgespräch wurde anfänglich von vier Interviewern geführt, von denen zum Schluss nur noch zwei übrigblieben. Die andere Hälfte hatte gelangweilt unter dem Vorwand eines dringenden Meetings den Raum verlassen. Als ob das nicht schon dreist genug wäre, dauerte das Gespräch insgesamt nur rund 10-12 Minuten. Die einzige Frage, die mir gestellt wurde: „Erzählen Sie doch mal etwas über sich selbst.“ Nachdem ich das getan hatte, wussten die Vorgesetzten scheinbar nicht mehr so recht, was Sie noch fragen sollten und beendeten das Gespräch kurzerhand.
4. Kleiden Sie sich angemessen
Wer zwängt sich schon gerne in ein unbequemes Kostüm oder einen Hosenanzug? Ich jedenfalls nicht. Aber ich tue es trotzdem. Aus Wertschätzung meinem potenziellen neuen Arbeitgeber gegenüber. Bei einem Bewerbungsgespräch vor ein paar Monaten fragte ich mich allerdings, warum ich mir für all diese oberflächliche Vorbereitung überhaupt die Mühe machte. Denn ich fand mich overdressed gegenüber einer vermeintlich jung gebliebenen Endvierzigerin, die zu ihrem flauschigen altrosafarbenen Pullover mit Bambi-Aufdruck Jogginghose und orangefarbene Sneakers trug. Bei mir sollte wohl ein hippes Start-Up-Feeling aufkommen. Tat es aber nicht: Man erweckte bei mir nur den Eindruck, dass die Personalerin sich heute so gar nicht auf ein Vorstellungsgespräch eingestellt hatte.
5. Zeigen Sie Interesse an dem Bewerber
Wenn ich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werde, bin ich anfänglich der Meinung, dass man auch Interesse an meiner Person hat. Das war bisher aber nicht immer der Fall. Einmal hatte ich gleich mehrere Interviewpartner, die sich mit Fragen im Gespräch abwechselten. Außergerechnet der oberste Chef fand es offenbar in Ordnung, vor meinen Augen auf dem Smartphone Candy Crush zu spielen, während sein Untergebener mir eine Frage stellte. Durch die beschämten Blicke der Mitarbeiter wurde mir bewusst, dass auch Ihnen die Situation mehr als peinlich war, sie sich aber natürlich gegenüber dem Chef nicht beschweren konnten. Doch so wusste ich wenigstens, dass ich nicht die einzige war, die dieses Verhalten absolut unprofessionell fand.
6. Vergessen Sie nie: Ein Vorstellungsgespräch ist kein Verhör
Sogenannte Stressfragen gehören mittlerweile zum gängigen Repertoire von Personalern. Bei Fragen dieser härteren Gangart zählt mehr der Umgang mit der stressigen Situation als die korrekte Antwort. Meiner Meinung nach sollte am besten gänzlich auf dieses Instrument der Unterdrückung verzichtet werden. Doch wenn es gar nicht anders geht, sollte man sich auf eine Stressfrage beschränken. Denn nach einem einstündigen Bewerbungsgespräch voller Stressfragen, fühlte ich mich wie ein Häufchen Elend, das nicht verstehen konnte, warum es überhaupt zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Beispielsweise sollte ich aus dem Stehgreif ein Marketingkonzept für eine private Fachhochschule entwickeln. Leider konnte ich den Professor mit meinen Ideen nicht zufriedenstellen. Da nützte es auch wenig, dass er 20 Minuten nach der für ihn richtigen Antwort nachbohrte. Ein paar Stunden später, ich war gerade dabei mein Selbstvertrauen mühsam wiederherzustellen, wusste ich gar nicht, warum ich mir das überhaupt nur hatte gefallen lassen. Und sagte die Stelle wutentbrannt selbst ab.
7. Stellen Sie keine diskriminierenden Fragen
Kurz nachdem ich nach Berlin gezogen war, musste ich mir zunächst händeringend einen Job organisieren. Ich wurde zu einem Vorstellungsgespräch bei einer Zeitarbeitsfirma eingeladen. Doch zum Gespräch kam es erst gar nicht. Im Foyer wurde ich von der Empfangsdame aufgefordert, ein Formular mit persönlichen Daten auszufüllen. Auf diesem wurde nach einem aktuell bestehenden Kinderwunsch gefragt. Die Frage sollte übrigens nur von Frauen beantwortet werden. Als ich die Empfangsdame darauf hinwies, dass ich diese Frage nicht beantworten werde und Sie zudem gesetzlich verboten ist, bat sie mich nach Rücksprache mit den Personalern zu gehen.
8. Versuchen Sie nicht den Gehaltswunsch bis zur Schmerzgrenze zu unterbieten
Auch wenn es in der Stellenanzeige nicht explizit gefordert ist, trage ich so gut wie immer meinen Gehaltswunsch in das Anschreiben ein. Ich will damit Folgendes erreichen: Personaler sollen mich einfach nicht einladen, wenn ihnen der Preis deutlich zu hoch ist. Anfang des Jahres hat diese Regel eine besonders dreiste Personalerin nicht beachtet. Sie versuchte im Verlauf des Vorstellungsgesprächs meinen Gehaltswunsch um rund die Hälfte, bis knapp vor dem Mindestlohn, zu unterbieten. Dazu argumentierte sie knallhart, dass meine mehrjährige Berufserfahrung für sie praktisch nicht existent sei. Jetzt, nach dem Studium, gelte ich für sie als Berufseinsteigerin, der es nicht ansteht, so viel Geld zu verlangen. Vermutlich hätte ich ihr schon während des Vorstellungsgesprächs die Meinung sagen sollen. Tatsächlich sagte ich die Stelle erst am nächsten Tag ab.
9. Bitten Sie nur zur Probearbeit, wenn Sie wirklich an der Einstellung des Bewerbers interessiert sind
Zum Ende meines Bachelorstudiums bewarb ich mich intensiv um eine Stelle als Volontärin im redaktionellen Bereich. Ich freute mich zunächst über einen Rückruf von einer kleinen Firma für Fernsehproduktionen, die mich zu ein paar Probearbeitstagen einlud. Allerdings wunderte ich mich etwas darüber, dass man mich bereits zum Probearbeiten bestellte, obwohl noch gar kein Vorstellungsgespräch stattgefunden hatte. Das Gespräch wolle man dann am kommenden Tag, kurz vor Drehbeginn, nachholen, versicherte mir die zuständige Redakteurin am Telefon hektisch. Ihnen war offenbar kurzfristig eine Schauspielerin abgesprungen, die ich nun ersetzen sollte. Da ich mich aber für eine Stelle hinter der Kamera beworben hatte und mir die Sache mehr als suspekt vorkam, sagte ich der Redakteurin, dass ich leider so kurzfristig keine Zeit habe. Ich sei aber gerne dazu bereit, das Bewerbungsgespräch nächste Woche nachzuholen. Natürlich habe ich nie wieder etwas von ihr gehört.
10. Das oberste Gebot: Seien Sie ehrlich!
Natürlich wollen sich Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite in einem Bewerbungsgespräch im besten Licht präsentieren. Jedoch gibt es einen Unterschied zwischen einer Beschönigung und einer schlichten Lüge, die offenbar nicht allen Personalern bewusst ist. Im konkreten Fall wurde mir im Bewerbungsgespräch ein kleiner Traumjob versprochen. Ein Einstieg als Redakteurin direkt nach dem Studium zu einem sehr fairen Gehalt. Dabei sollte ich unter anderem auch Werbetexte in Absprache mit den jeweiligen Kunden schreiben. Ich sagte die Stelle begeistert unter der Voraussetzung zu, dass ich diese Werbetexte nicht selbst verkaufen werde. Ich habe jahrelang als Anzeigenberaterin für verschiedene Zeitungen gearbeitet und wollte nun nach meinem Literaturstudium mein Geld mit dem Schreiben und nicht mehr mit dem Verkaufen verdienen. Natürlich wurde mein Albtraum aller mündlichen Absprachen zum Trotz wahr: Ein paar Wochen nach meinem Arbeitsbeginn verlangte man von mir, dass ich diese Werbetexte im Außendienst verkaufen sollte. Als ich mich weigerte, diese Aufgabe zu übernehmen, wurde meine Stelle neu ausgeschrieben und ich entlassen.