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Mädchen, warum mögt ihr keine kleinen Männer?

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Die Jungsfrage:

Liebe Mädchen,

blond würden die meisten von euch ja zum Beispiel nicht kategorisch ausschließen. Mit bisschen Bauch geht auch für viele. Braunhaarig finden einige von euch toll, oder auch Typen mit schwarzen Haaren. Mit noch ein bisschen mehr Bauch geht oft auch, und Waschbrett eh. Reich ist selten schlecht, arm macht aber meistens auch nix. Und überhaupt geht – je nach Geschmack – ja sauviel: dick, dünn, breit, schmal, cool, nett, wild, brav, gestriegelt, zerzaust, überparfümiert, ungeduscht, mit Anzug oder Jeans oder T-Shirt oder Hemd oder weiß der Henker was.

Was aber auffallend oft nicht geht: klein. Beziehungsweise kleiner als ihr. Sagt ihr selbst! Schon klar, ist kein Naturgesetz. Bewegt sich nicht auf dem Niveau von „Gegenstände fallen immer nach unten“ oder der „TSV 1860 ist auf einem Abstiegsplatz“. Aber den Satz „Gut, dass du so groß bist, dass ich hohe Schuhe anziehen kann“, habe ich bislang tatsächlich von jeder Freundin gehört. Reicht nicht, um von einer repräsentativen Umfrage zu sprechen, aber für eine grobe Idee schon. Andere Typen erzählen schließlich von ähnlichen oder sogar absolut identischen Formulierungen.

Und deshalb frage ich mich und jetzt auch euch: Was ist das mit eurer und unserer Körpergröße? Warum wollt ihr, dass wir euch (in einer Beziehung) körperlich überragen? Und zwar am besten sogar dann noch, wenn ihr auf Stöckeln aufgebockt seid? Auf uns wirkt das nämlich tatsächlich wie ein etwas archaischer Wunsch – Beschützerdings, anlehnen, Bären vertreiben, einhändig Glühbirnen reinschrauben.

Aber eigentlich kann es das doch nicht sein, oder? Zumindest nicht ganz. Weil: Reicher als ihr müssen wir ja Gott sei Dank auch nicht mehr sein. Und ich würde jetzt sagen, dass Geld in unserer Zivilisation mehr bewirken kann, als die Fähigkeit, Bären zu erwürgen. Will sagen: Körpergröße/-stärke/-abmessungen bringen doch rational keinen Evolutionsvorteil mehr, richtig? Aber bei euch offenbar doch noch ein bisschen. Irgendwie. Erklärt mal. Von uns aus auch gerne von oben herab. Eure Jungs

Die Mädchenantwort von Valerie Dewitt

Liebe Jungs,

wie gerne würde ich jetzt sagen: Quatsch! Großer Riesenquatsch mit Soße! Ob wir lang oder kurz gewachsene Männer bevorzugen, ist genauso subjektives Attraktivitätsempfinden wie blond oder brünett.

Kann ich aber nicht sagen. Weil ihr leider Recht habt. Die meisten mir bekannten Frauen wollen einen Partner, der größer ist als sie (ich auch). Die meisten mir bekannten Frauen haben einen Partner, der größer ist als sie (ich auch). Und es scheint wirklich was mit der Kombination Mann-Frau zu tun zu haben – denn wenn ich darüber nachdenke, mit welchem Typ Frau ich gerne zusammen wäre oder welchen Typ Frau ich attraktiv finde, dann ist die Größe kein entscheidendes Kriterium. Eine Frau muss nicht größer sein als ich, damit ich sie anziehend finde, ein Mann schon. Und jetzt muss ich rausfinden, warum das so ist. Puh!

Gehen wir erstmal die naheliegendste Erklärung an, die du schon genannt hast: archaischer Wunsch, Beschützerdings, anlehnen, Bären vertreiben (bzw. vertrieben bekommen). Wenn ich da jetzt mal von mir ausgehe, muss ich sagen, dass ich mich gerne beschützt fühle. Ich lehne mich auch gerne an. Bären bin ich noch nicht begegnet. Aber ich glaube, wenn ich mal einem begegne, kann ich mir keinen Mann an meiner Seite vorstellen, der den vertreibt. Und darin liegt auch schon das Gegenargument versteckt: Klar werden wir gerne beschützt – aber wir wollen nicht beschützt werden müssen. Und wir wollen euch genauso beschützen. Beschützt werden soll eben immer der von uns, der Schutz braucht. Und wenn wir zusammen von einem Bären angegriffen werden, dann wäre es am allerbesten, wir würden ihn zusammen vertreiben (am allerklügsten wäre es aber vermutlich, wir würden zusammen sehr schnell abhauen (und nicht auf einen Baum klettern, da kommt der Bär nämlich rauf!)).

Beschützerdings ist es also nicht. Und wenn doch, dann sehr, sehr unterbewusst. So rein rational finden wir das nämlich bescheuert und unemanzipiert. Kommen wir also zu einer anderen, unfassbar banalen, aber wie ich finde sehr schlüssigen Erklärung: Normalität. Und Norm. Und Heteronormativität auch noch. Die deutsche Durchschnittsfrau ist 1,65 m groß. Der deutsche Durchschnittsmann 1,80 m. Ich googele mich jetzt nicht durch die durchschnittlichen Körpergrößen aller Länder der Erde, aber meine Lebenserfahrung sagt mir: Männer sind im Durchschnitt meistens größer als Frauen.

Laut Wikipedia war das schon 5000 vor Christus so, da war ein Ackerbauer und Viehzüchter in Mitteleuropa im Schnitt 1,63 m groß bzw. klein. Heutige Frauen wären also meistens größer als er – aber seine damalige Frau maß halt nur 1,51 m. Wikipedia sagt auch: Frauen sind im Durchschnitt kleiner, weil sie allgemein kürzere Beine haben.

 

Kurz (hihi) und ohne Wikipedia gesagt: Wir sind es so gewohnt. Männer sind meistens größer als wir. Heterosexuelle Paare bestehen sehr häufig aus kleinerer Frau und größerem Mann. Sieht man ja jeden Tag so auf der Straße, im Bus, im Restaurant. Auch im Film und im Fernsehen und auf Werbeplakaten. Ist es mal andersherum, fällt das auf. Erstens uns selbst. Es fühlt sich seltsam an, wenn man sein Leben lang den Kopf beim Küssen nach hinten legen und das Gesicht nach oben wenden musste – und auf einmal alles nach unten. Oder wenn der Kopf beim Umarmen nicht mehr unmittelbar auf einen Körper trifft. Aber naja, wir sind ja flexibel, man kann sich umgewöhnen.

 

Das größere Problem ist, dass die Menschen über diesen Größenunterschied sprechen. Bei den wenigen mir bekannten Paare, bei denen die Frau größer ist als der Mann, wird das in Gesprächen über eben jene Paare gerne und oft erwähnt. Homosexuelle Paare haben da tatsächlich einen Vorteil: Da ist Körpergröße nur ein Thema, wenn sie sich bei den beiden Partnern extrem unterscheidet und darum auffällt.

 

Am Ende möchte ich aber doch noch mal sagen: Quatsch! Großer Riesenquatsch mit Soße! Ist das alles. Sollte uns alles wurscht sein und wir sollten immer genau die Schuhe anziehen, auf die wir Lust haben, egal, wie wir darin neben irgendwem anders aussehen. Zum Glück gibt es die schon, die Wurschtigkeit-Vertreterinnen: Frauen, denen es völlig egal ist, ob ihr Typ von unten her raufschaut oder von oben runter.

 

Für den Umgang mit allen anderen Frauen folgender Hinweis: Am größten ist man am Morgen, da sind die Wirbelsäule und die Bandscheiben noch nicht so zusammengequetscht vom Tagwerk. Am besten also gleich nach dem Aufstehen losflirten und nicht erst erst am Abend in der Bar.

 

Eure Mädchen

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