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Mädchen, erkennt ihr eigentlich immer, ob wir hetero sind?
Die Jungsfrage:
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Es gibt einen gewissen Typ von Männern, und da schließ ich mich mit ein, denen fehlen schlicht und ergreifend stereotypische Männer-Interessen. Ich breche es mal auf das offensichtliche Standardrepertoire herunter. Männerabende, Bier trinken, Fußball, Actionfilme und ab und zu ein paar aufs Maul. Bei Männerabenden frustriert mich aber die Abwesenheit von Frauen, von Bier bekomme ich eine pelzige Zunge und Fußballschauen ist für mich die reinste Qual. Mein Wesen setzt sich aus einigen Eigenschaften zusammen, die Karl Lagerfeld wahrscheinlich heterogé nennen würde: Ich pflege viele platonische Freundschaften zu Frauen, schaue mit diesen Germany’s Next Top Model und könnte bei Hollywood- Schmonzetten manchmal vor Rührung flennen. Bei Dates mit Frauen, die dann gefälligst unplatonisch verlaufen sollen, unterläuft mir bisweilen der Fehler, sofort mit der metrosexuellen Tür ins Haus zu fallen. Statt Bier bestelle ich Prosecco auf Eis, dann noch zwei, und schließlich fange ich an, blödsinniges Zeug über Freundinnen und Telenovelas zu quatschen. Ein paar Mal schon habe ich diesen bestimmten Blick von Mädchen kassiert, diese hochgezogene Augenbraue, die sagen will: gaaay! Ich will hier nicht Gefahr laufen in die politisch unkorrekte Falle zu tappen, aber bestimmte Interessen und Eigenschaften werden nach wie vor mit heterosexuell, andere mit homosexuell codiert. Wenn es sich etwa zu meinem Glück ergibt, dass sich Damenbesuch bei mir zu Hause einfindet, habe ich weniger die Sorge, man könnte meinen privaten Porno- Stash entdecken, als dass ich befürchte, meine Gilmore Girls DVD Box liege ostentativ herum. Ich unterstelle einmal, dass dies bei euch wahrscheinlich nicht so gut ankommt. Aber warum eigentlich nicht? Denkt ihr dann, wir seien vielleicht verkappt schwul? Oder könnt ihr immer erkennen, wenn ein Mann mit jeder Faser seines Wesens heterosexuell ist? Auf der nächsten Seite kannst du die Mädchenantwort lesen.
Die Mädchenantwort:
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Nein, unser „Gaydar“ – also der innere Radar, der bei homosexuellen Menschen in der direkten Umgebung mit untrüglicher Sicherheit anschlägt – der ist bei uns nicht unbedingt feiner ausgeprägt, als bei euch heterosexuellen Jungs und deshalb kommt es durchaus immer wieder mal vor, dass wir Jungs wie dich nicht für „verkappt schwul“, sondern ganz einfach für „schwulschwul“ halten. So etwas kommt gar nicht so selten vor, weil es in dieser schönen Welt ja auch nicht nur „echte Männer“ und „echt weibliche Frauen“ gibt, sondern von der ganzen großen Palette etwas: Es gibt Mädchen, die ausschließlich Hosen und Kurzhaarfrisuren tragen und dennoch sehr hetero sind, genauso wie es Jungs gibt, wie dich: die am anderen Geschlecht interessiert sind – und Interessen haben, die eher mit Frauen assoziiert werden. Und jetzt wird es doof. Weil ich persönlich zum Beispiel sehr an der von mir in langen Jahren entwickelten Definition meiner eigenen Weiblichkeit hänge, die eher wenig mit „Handtaschen- und Schuhkauf“ und mehr mit „Bier aus der Flasche“ und „Hände in die Jeanshose stopfen“ zu tun hat. Und jeder Mann, der mir deshalb „Unweiblichkeit“ vorwerfen würde, dem würde ich vermutlich einen tödlichen Blick zuwerfen und ihn aus meinem Adressbuch streichen. Ich bin sehr froh, dass ich in einer Zeit lebe, in der man als Frau nicht automatisch grazil, anmutig, ruhig und zurückhaltend zu sein hat, sondern so leben kann, wie man mag. Und dass es genug Jungs und Männer gibt, die Frauen wie mich trotzdem gut finden und attraktiv. Wohingegen es Jungs, wie du – die eher in die weiblich-weiche Richtung tendieren – es unweit schwerer haben in diesem Ringelpiez mit Anfassen. Weil wir Frauen da offensichtlich nicht tolerant und offen genug sind, verschiedene Männer-Bilder gut zu finden. Oder zumindest eine Weile brauchen, bis wir über eure Prosecco-Sammlung und den Schuber mit den zehn schönsten Romanen von Hedwig Courths-Mahler hinwegsehen und euch in eurer ganzen Tollheit erkennen können. Vielleicht lehne ich mich da ein bisschen arg weit aus dem Fenster, aber vielleicht hängt das alles damit zusammen, dass Tätigkeiten und Interessen, die weiblich besetzt sind, in unserer Gesellschaft immer noch eher weniger wertgeschätzt werden, als typisch männliche Tätigkeiten. Und dass ihr metrosexuellen Jungs darunter eben auch zu leiden habt. Oder? christina-waechter