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Mädchen, erwägt ihr wirklich mal reich zu heiraten ?

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Es mag Phasen in einem Jungsleben geben, in denen wir wirklich denken, wir könnten Fußballstars werden. Dieser Wahn ist aber unbedingt dem Zeitraum vor dem Stimmbruch zuzuordnen, danach und für den Rest unseres Lebens halten wir unsere Karrierewünsche im Bereich des Möglichen und vertrauen darauf, dass wir mit harter Arbeit bzw. zünftiger Erbschleicherei oder einem geschmeidigen Bankraub zu Geld kommen werden. Jedenfalls denken wir niemals daran, die Industriellentocher von nebenan zu ehelichen, nur weil sie einen Batzen Geld plus mehrere Landhäuser besitzt. Unsere Damenwahl bezieht Aussehen und Humor, Klugheit und Eloquenz, Ausschnittwinkel und Pferdeschwanzigkeit mit ein, aber niemals das Konto. Bei euch, so hört man in Filmen, Kitschromanen und entfernten Bekanntenlästerein, ist hingegen immer noch gelegentlich der gesellschaftlich-monetäre Status des Zukünftigen interessant und spielt in manchen Fällen sogar die entscheidende Rolle. Stimmt das? Kennt ihr so was? Denkt ihr in manchen Phasen eures Lebens wirklich an eine Fahrkarte ins Paradies via Geldheirat? Und wenn nicht – habt ihr nicht allgemein ziemlich wenig Skrupel, mit dem Geld eures Schatzes zu planen?


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

„Du heiratest am besten mal einen Prinzen!“ Dies ist der sogenannte Kaufhaus-Satz meiner Mutter. Immer dort nämlich wurde er mir in der Kindheit kopfschüttelnd entgegen geseufzt, wenn ich wieder einmal, ganz aus Versehen, den teuersten Gegenstand des ganzen Ladens haben wollte. Der Kaufhaus-Satz machte tolle Zukunftsvisionen in meinem Kopf: Ich, seidenbekleidet und hochtrohnend auf weißem Schimmel vor großem Schloss. Nervös zog ich meiner Mutter am Rockzipfel und sagte: „Hoffentlich nur finde ich dann auch einen, der mich will!“ Der Mann bringt das Geld nach Hause, die Frau kümmert sich um Kinder und Haushalt. Zumindest in den frühen Zeiten meiner wohlbehüteten Kindheit war das auch bei uns daheim so. Und bei allen meinen Freunden auch. Also, außer bei Benni. Dessen Mutter arbeitete. Einen Vater gab es anscheinend nicht und so verbrachte Benni die Tage mit seiner Oma. Was ein schreckliches Leben, dachte ich. Wahrscheinlich der Grund für sein schlimmes Stottern! So sollte es bei mir niemals sein! Aber: Die Zukunft war ja zum Glück noch ein ferner Traum und die Vorstellung einfach reich einzuheiraten, schien so nicht weiter utopisch. Das Älter- und Schlauerwerden kam schnell. Ich lernte, über den heimeligen Gartenzaun hinauszudenken und verbannte devote Prinzenträume aus meiner Vorstellung. Ich wollte: 1. Ehedramen überhaupt ganz und gar abwenden und deshalb 2. gar nicht erst heiraten und 3. dringend in einer erfolgreichen Eigenkarriere mein Geld selbst verdienen. Von nichts und niemandem wollte ich jemals abhängig sein. Liebe und Geld sollten in meinem Leben nichts miteinander zu tun haben müssen. Meinen Freund, beschloss ich, würde ich mir stets selbst und nach Bauchgefühl aussuchen. Und weil alle Jungs, die nach Polohemd, Managervater und Golfrasen riechen, bei mir ohnehin sofort verloren haben, ist die Wahrscheinlichkeit sogar noch um Einiges geringer, dass unter meinen auserwählten Herzbuben tatsächlich einmal ein kleiner Millionär ist. Ich bin froh darüber. Zu groß ist meine Angst, im Rausch seiner „Was kostet die Welt!“- Einladungen furchtbar träge zu werden. Sein Vermögen wohlmöglich schleichend für mein Eigen zu halten – im Unterbewusstsein stets wissend, dass ich das alles überhaupt nicht verdient habe. Im wörtlichen, so wie im übertragenen Sinne. Aus der großen Angst davor, in so ein merkwürdiges Abhängigkeitskarussell zu geraten, würde ich auch nie, nie, nie mit dem Geld meines Freundes planen wollen. Mein Parasitenpotential ist nämlich ohnehin größer, als ich dachte. Das sage ich, weil ich mich kürzlich dabei ertappt habe, immer wieder einmal unmerklich vom Geld meines Freundes zu leben. Er musste schon das dritte Mal in einer Woche einkaufen gehen. Dass sein Kühlschrank schon wieder leer war, fand ich nicht weiter bedenklich. Sein Kühlschrank, sein Problem! Aber dass ich maßgeblich an dieser Kahlfraßleerung beteiligt war, darauf bin ich erst gekommen, als ich Tage später in einem Anflug von plötzlichem Nachmittagshunger wieder einmal auf dem Boden vor seinem Kühlschrank saß, - einige Finger im Antipastiglas, andere im Käsepapier und die Lippen an der Limoflasche. Beschämend. Ich möchte mir später vieles von dem, was ich begehre, aus eigenen Kräften leisten. Kinder und ein schönes Heim völlig vorausgesetzt. Und während des Versuchs, meine Karriere so zu formen, dass sie irgendwann vielleicht wirklich einmal rentabel wird, kann es in der ganzen Aufregung auch schon einmal passieren, dass ich kurz müde werde. Dass ich an das naive kleine Mädchen auf dem weißen Schimmel denke, und erschöpft denke: Vielleicht sollte ich doch einfach reich heiraten! Das entspricht dann aber eher einem großen, die-Naivität-von-früher-belächelnden, und die-harte-Realität-von-heute-anerkennenden-Seufzen. Es gehört in dieselbe Kopfschublade, in der auch schon pubertäre Personenbeamer- und Orakelwünsche liegen. Sie ist mit dem „Will ich doch nicht mehr, würde mich sowieso nicht glücklich machen“ – Etikett gekennzeichnet. mercedes-lauenstein

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