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Mädchen, was dagegen wenn wir dabei an euch denken?

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Die Jungsfrage:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Im Englischen gibt es den Begriff der Wank Bank. Er umschreibt einen nicht gerade gesellschaftsfähigen aber doch existierenden Sachverhalt, der fester Bestandteil des Jungslebens ist. Vornehm gesagt ist es die Besetzungscouch für den imaginären Pornofilm, den wir immer dann abspielen lassen, wenn kein echter Pornofilm zu Verfügung steht - ein gewisses Körperventil aber trotzdem entlüftet werden soll.

Es sind also jene Damen und ihre spezifischen Vorzüge, an die zu denken uns zuverlässig in Wallung versetzt, quasi die Wallhalla unserer Selbstbefriedigung. Meist wird sie bestückt mit Porno-Actricen, die uns aus irgendeinem Grund besonders eindrücklich im Gedächtnis blieben, Ex-Freundinnen und deren Schwestern, durchaus auch der aktuellen Freundin und gelegentlich Prominenten und Nachbarn. Weil alles nur der Phantasie gehorchen musst, werden dabei Körperteile beliebig hin- und hergemorpht, lustvolle Zusammenhänge zwischen einzelnen der gedachten Figuren inszeniert und natürlich ist alles nackt und sieht super aus. Kopfkino eben, das ihr dem Vernehmen nach ja auch zu ähnlichen Zwecken einsetzt.

Wir wären durchaus geschmeichelt, wenn wir in euren Köpfen für derart exklusive Freude wie es die Selbstbefriedigung ist, Verwendung fänden, doch, ja, gerne. Warum aber beschleicht uns der Gedanke, dass ihr das im Gegenzug nicht sehr toll fändet, wenn wir euch, sagen wir mal als gute Bekannte, mitteilen würden, dass wir gestern Abend wieder vorzüglich mit euch im Hinterkopf onaniert haben? Das klingt doch sehr nach Ohrfeige und Ende der guten Bekanntschaft, habe ich recht? Dabei ist es doch wirklich ein Kompliment, in die ewige Wank Bank eines Jungen aufgenommen zu werden. Aber seid ihr dafür eventuell insgesamt ein bisschen zu psycho-prüde?


Die Mädchenantwort:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


 
Die Besetzung eurer Wank Bank stößt bei uns auf mildes bis wenig Interesse, solange dort Damen sitzen, die nicht aus eurem sexuellen Einzugsgebiet kommen. Porno-Actricen, Hollywood-Schauspielerinnen oder sexy Sängerinnen können da unseretwegen Schulter an Schulter sitzen oder sich sogar gegenseitig anfassen, falls das euren Vorlieben entspricht. Denn irgendwie, so gemein es diesen Zeitgenossinnen gegenüber auch ist, sind sie dafür da, dass ihr eure Phantasien auf sie übertragt und außerdem sind sie ja auch so verdammt weit weg. Schwieriger wird es, wenn neben Angelina Jolie auf einmal unsere beste Freundin auftaucht – dann verwandelt sich das milde Interesse sehr schnell in mittelgroßes Entsetzen. Denn wir wollen doch so gerne weiterhin der Illusion nachhängen, dass nicht jedes einigermaßen attraktive weibliche Wesen in eurer Umgebung euren sexuellen Instinkt weckt. Wir wollen ein gewisses Maß an Unschuld in euch wissen, eine zärtliche, platonische Zuneigung zu so manch einem Mädchen. Sobald wir aber erfahren haben, dass ihr mit dem Gedanken an die Moni im Hinterkopf Hand anlegt, ist die Unschuld immer dann dahin, wenn wir, ihr und die Moni zusammentreffen – dann geht's auch in unseren Köpfen rund, bloß nicht so lustvoll wie bei euch, weil wir verzweifelt versuchen, die Bilder zu verjagen.

Nahezu unerträglich wird es für uns, wenn wir selbst auf eure Wank Bank geraten. Ja, okay, wir finden es nett, dass ihr uns attraktiv findet, da finden wir uns gleich auch ein bisschen attraktiver. Aber könntet ihr nicht einfach zu uns kommen und „Ich finde, du bist ein sehr attraktives Mädchen" sagen? Denn hin- und hergemorphte Körperteile, lustvolle Zusammenhänge mit anderen Damen – wenn wir uns vorstellen, was ihr euch mit uns vorstellt, wird uns ganz anders zumute. Wir sind nicht keine Pornodarstellerinnen geworden, um es in den Köpfen unserer liebsten Jungs dann doch zu sein. Wenn wir euch schon vor eurem inneren Auge entgegentreten und euch anheizen müssen, wenn ihr also schon eure Unschuld im Umgang mit uns verspielt, dann würden wir uns wünschen, dass wir irgendwie rein auftreten, so wie wir sind, ein bisschen aufgehübscht vielleicht, aber eher so liebevoll, und nicht obszön mit größeren Brüsten oder diesem komischen Blick, den die Pornoactricen so oft aufsetzen. Darauf, so fürchten wir, besteht allerdings kaum Hoffnung. Rechnet also damit, dass wir mit dem Wissen, eure Wichsvorlage zu sein, das nächste Mal, wenn wir auf einer Bank im echten Leben nebeneinander sitzen, ein Stückchen von euch wegrücken.

nadja-schlueter 

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