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Mädchen, was heißt das, wenn ihr uns berührt?
Die Jungsfrage
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Als taktisch klug erzogener Sohn armer Eltern habe ich mir ziemlich schnell abgewöhnt, euch ungefragt zu berühren. Schließlich gehört hemmungsloses Tatschen zum Repertoire betrunkener Männer, unsympathischer Partygäste und älterer Herren. Und in dieser Aufzählung fehlt man gerne. Natürlich gibt es auch nette, harmlose Berührungen, die ich mir leider gleich mitabgewöhnt habe, um bloß nicht versehentlich als unangenehm oder gar triebgesteuert eingestuft zu werden. Übervorsichtig oder nicht - ich warte also lieber zweimal länger auf ein deutliches Signal, als einmal zu früh zuzugreifen. Überzogene Triebhaftigkeit sagt man euch ja nicht so leicht nach, umso interessanter finde ich eueren Umgang mit Berührungen und registriere sie auch ziemlich genau – vielleicht zu genau. Aber wenn ein Mädchen nach ganz schön viel langem Kaffeeplaudern meinen angefangen Satz plötzlich damit unterbricht, dass sie kurz mit den Fingern meinen Unterarm drückt, wenn sie, locker an meiner Seite schlendernd, mich an der Kreuzung sanft in die richtige Richtung drückt, wenn sie mir später scherzhaft gegen die Lende boxt, weil ich Witze über anwesende Dritte mache – dann nehme ich das schon sehr als Fortsetzung eines Flirts mit schärferen Waffen wahr. Als zweite Runde sozusagen. Oder ist das total überspannt von mir? Macht ihr diese und zwölf andere Berührungen nur so und standardmäßig. Oder können wir daraus ableiten, dass wir euch auch anfassen dürfen?
Die Mädchenantwort
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Nein, das ist nicht völlig überspannt von dir und, nein, wir machen diese von dir beschriebenen und zwölf anderen Berührungen nicht einfach so und standardmäßig. Sondern wenn wir euch berühren ist das immer ein Zeichen einer großen Vertrautheit und vor allem - unserer Zuneigung zu euch. Dass diese Zuneigung entstanden ist, liegt nicht zuletzt daran, dass ihr eben nicht zu diesen immer flirtenden Männern zählt, die man jede Woche mit einem anderen Mädel im Arm aus dem Lieblingsclub gehen sieht. Denn selbst wenn auch wir mit diesen Typen schon mal geflirtet haben – wir kämen gar nicht auf die Idee, mit ihnen zusammen sein zu wollen. Wir nehmen sie nicht mal ernst, weil uns ihr Verhalten immer an den Satz „Frauen gehören hinter den Herd und der Herd ins Schlafzimmer“ erinnert. Nur weil ihr also so schüchtern und zurückhaltend seid, verlieben wir uns in euch. Aber da fängt das Problem auch schon an. Ihr habt euch abgewöhnt, uns zu berühren, weil ihr nicht in den großen Macho-Topf geworfen werden wollt. Uns wurde dagegen von klein auf antrainiert, dass wir als Mädchen keine eindeutigen Signale senden dürfen, um nicht als Flittchen zu gelten. Ein anständiges Mädchen macht keine Männer an, sondern senkt züchtig die Augen, wenn das andere Geschlecht rüberschaut. Auch wenn wir glauben, diese uralten Quatsch-Rollenmuster als emanzipierte Frau abgelegt zu haben, steckt das irgendwie doch noch in uns drin, sodass wir letztlich immer nur auf eure Avancen, wie man so schön sagt, reagieren können. Deshalb haben es diese Offensiv-Flirter auf den ersten Blick auch immer leichter und ihr glaubt dann, wir stehen auf so was. Das führt dann wiederum dazu, dass ihr, die wir ja eigentlich haben wollen, euch nicht mehr traut. Deshalb bleibt uns wiederum nur eins, um zu zeigen, dass wir euch mögen: euch wie zufällig berühren. Mal kurz die Hand aufs Bein legen, wenn wir euch ein bisschen aufziehen, tröstend über den Arm streicheln, wenn ihr von einem Missgeschick erzählt oder beim nebeneinanderher spazieren, die kurz Hand streifen. Deutlicher können wir nicht werden, weil wir ja wollen, dass ihr uns auch toll findet und eben nicht für irgendeine dahergelaufene Schlampe haltet, die mit jedem flirtet, weil sie es dermaßen nötig hat. Das heißt dann aber auch, um deine letzte Frage zu beantworten: Ja, ihr könnt daraus ableiten, dass ihr uns anfassen dürft. Mehr noch: Wir wollen sogar, dass ihr uns anfasst, denn auch wenn wir eigentlich wollen, wir dürfen es nicht. penni-dreyer