Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Mädchen, wie findet ihr uns denn mit vier Bier plus?

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Die Jungsfrage

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Sitzen zwei Männer zusammen in der – ja, genau: Kneipe. Was wie ein Witz anfängt, ist aber meistens doch kein Witz, sondern Wahrheit: Männer mögen Alkohol. Jungen besonders. Wenn es gut läuft, lediglich so sehr, dass sie zu den Schlüsselfähigkeiten in einer globalisierten Welt zählen, jedweden Kronkorken mit dem Feuerzeug entfernen und auf Ansage jederzeit ein Bier auf Ex trinken zu können. Wenn sie betrunken sind, möchten sie Mädchen kennen lernen. Wenn es nicht so gut läuft, mögen sie den Alkohol so sehr, dass sie sich einen Flaschenöffner an den Schlüsselbund hängen, den sie liebevoll „Sechzehner“ nennen, ihn aber nie benutzen, weil sie Bierflasche selbstverständlich auch mit dem Feuerzeug aufmachen – wobei sie aber nie Bierflasche sagen würden, sondern „Pulle für den Mann“. Wenn sie betrunken sind, möchten sie Mädchen kennen lernen. Wenn es aber richtig schlecht läuft, lieben sie den Alkohol so, dass sie sich T-Shirts mit den Logos ihrer Lieblingsbiermarke zum Geburtstag wünschen, Rülpswettbewerbe bestreiten und nach vier Weißbier schenkelklopfend die Frage erörtern, warum ein Bier besser als eine Frau ist: 1. Ein Bier wird nie eifersüchtig, wenn du dir ein anderes Bier nimmst. 2. Bei einem Bier kannst du sicher sein, dass du der erste bist. 3. In einer Bar kannst du immer ein Bier bekommen. 4. Du kannst mehr als ein Bier pro Nacht haben und musst dich nicht schuldig fühlen. 5. Bier kommt immer im Six-Pack. 6. Wenn du mit einem Bier fertig bist, bekommst du immer noch Flaschenpfand. 7. Ein Bier schmeckt den ganzen Monat gut. 8. Ein Kater geht weg. 9. Wenn du mit einem Bier fertig bist, nimmst du das nächste. 10. Ein Bier ist nicht verärgert, wenn du mit einer Fahne nach Hause kommst. Wenn diese Jungs betrunken sind, möchten auch sie Mädchen kennen lernen, am besten ein bisschen flott. Was mich jetzt interessiert: Was denken denn dann die Mädchen, die da von Jungs-Seite so unbedingt kennen gelernt werden wollen? Nein, das war eine kleine Lüge. Die Antwort auf diese Frage interessiert mich nur so halb, weil ich befürchte, die Antwort schon zu kennen. Was mich wirklich interessiert: Wie findet ihr uns denn so mit vier Bier plus? Sind wir: Katastrophe? Einfach nur zu ertragendes Übel? Ganz putzig? Die Mädchenantwort

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wie wir euch mit mehreren Bier finden, hängt, nüchtern und sachlich gesprochen, maßgeblich von zwei Faktoren ab: 1. Dem Alkoholgefälle zwischen euch und uns. 2.Wie wir euch ohne mehrere Bier finden. Es ist also einmal wieder alles andere als einfach, denn trotz mangelnder Stochastikkentnisse ist uns natürlich klar, dass die möglichen Faktorkombinationen mindestens im dreistelligen Bereich liegen müssen. Wir versuchen uns jetzt also mal kürzer zu fassen. Generell muss man sagen: Ihr könnt – genau wie wir – schon anstrengend sein, wenn ihr betrunken seid. Das merken wir vor allem dann, wenn wir nüchtern sind. Schon mal was von einer gemeinsamen Wellenlänge gehört? Fünf Bier steht zu Apfelschorle leider nun mal wie Pazifik zu Gardasee – beides schon super, aber Kontinente voneinander entfernt. Kommt es in so einer Situation zu einem ungefragten Kennenlernmanöver, könnt ihr in 95 Prozent der Fälle davon ausgehen, dass ihr in unserer Wertschätzung so viele Kilometer abwärts sinken werdet, dass ihr da niemals wieder raus kommt. Ein bisschen anders ist es natürlich, wenn wir euch bereits kennen und wissen, dass wir prinzipiell problemlos Hand in Hand mit euch in Richtung Sonnenuntergang surfen können. Das heißt: Die Gewässergleichung zählt immer noch. Idealerweise, da müssen wir schon ehrlich sein, kommt es nicht allzu oft vor, dass von zwei Verliebten der eine vollkommen betrunken ist und der andere nicht. Schließlich schwanken wir sehr gerne mit euch Arm in Arm aus der Kneipe zusammen nach Hause. Ob ihr dann Quatsch redet, eine Dreimeterfahne vor euch herführt oder nach Aschenbecher riecht, ist uns total egal. Denn erstens machen wir vermutlich genau dasselbe. Und zweitens finden wir euch in jedem Fall sterbenssexy – das bringt gemeinsames Trinken und Spaß haben eben so mit sich. Leider ist das Leben aber nach wie vor nicht ideal. Und deswegen kommt es nun doch hin und wieder dazu, dass wir so schorlig dahinplätschern möchten, während ihr – schließlich mögt ihr Alkohol besonders gerne – euch lieber in die Pils-Kurve legt. In solchen Situationen finden wir euch weder putzig noch unausstehlich. Sondern einfach nur ein bisschen fremd. Egal, wie gut wir euch kennen und wie sehr wir euch lieben, können wir uns nicht mehr so vertraut und aufgehoben mit euch fühlen, wie sonst. Denn die gemeinsame Basis, die Wellenlänge eben, kommt mit jedem einseitig konsumierten Bier ein Stückchen in die Schräglage. Schlimm ist das nur, wenn ihr dann streitlustig werdet oder gemein. Dann können und wollen wir erstmal gar nichts mehr mit euch am Hut haben. Solange ihr aber bloß komische Anfälle unbeholfener Anhänglichkeit pflegt und uns mit hopfenseligen Theorien zuschwafelt, wissen wir ja, dass wir euch mögen. Dass wir euch für ein paar Stunden seltsam finden müssen, halten wir schon aus. Und stoßen darauf demnächst, wenn ihr euch von eurem Kater erholt habt, mit einem ordentlichen Hellen an. charlotte-schneider

  • teilen
  • schließen