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Mädchen, wofür ist eigentlich ein Bidet?

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Die Jungsfrage

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Es muss ja auf diese Frage eine ganz bolzeneinfache Antwort geben, schließlich werden Bidets in Massen hergestellt und verbaut und gehören in sehr guten Hotels anderswo zum Standard, genau wie der Fön. Während mir beim Fön aber alles klar ist (außer: föhnt wirklich jemand kalt?), weiß beim Bidet nicht nur ich nicht recht Bescheid. Auch die nächstbesten Mädchen, die ich dazu befragt habe, ahnen allenfalls, worum es da gehen soll. Stichwort: Unten mal ordentlich feucht durchwischen. Aber irgendwie kann ich das fast nicht glauben – nur für ein bisschen Zusatzhygiene wird so ein Riesending angeschraubt? Auf das ihr euch setzt, nachdem ihr auf dem Klo gesessen seid? Wie umständlich. Oder pullert ihr da auch gleich rein, ist es also wie ein Urinal für Frauen? Einmal in der Woche große Unterbodenwäsche? Reinigt es auch Männerteile? Kann ich mir evtl. die Füße drin waschen? Oder hat es irgendwas mit Sex zu tun? Eine ganze Fragentorte - bitte, tut einen Klacks Antwort drauf!


Die Mädchenantwort

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Das trifft sich gut, denn zufällig hast du es mit einer Expertin zu tun. Das Bidet zieht sich gewissermaßen als Motiv durch meine Wohnbiografie. Als ich klein war, gab es eins bei meinen Eltern und als ich groß wurde, gab es fast überall wo ich hinzog auch eines. In meinem aktuellen Bad steht solch eine Keramik-Installation, und mindestens drei – männliche – Besuche haben mich auch schon in Anfällen von Vertraulichkeit gefragt, ob-ich-das-schon-mal-benutzt hätte. Tatsächlich: Das Bidet hat schon als Zuber für Feinwäsche gedient und als Kühlgrube für Partybiere. Es eignet sich auch für Fußbäder oder als Zehennägelauffangbecken. Ansonsten staubt es eher gemütlich zwischen Toilette und Waschbecken vor sich hin. In der Ordnung der Sanitäreinrichtungen liegt dann schon fast der ganze Sinn der Sache. Das Bidet ist sozusagen das Waschbecken für Unten- bzw. Hintenrum, nix Frauenurinal. Edlere Varianten haben eine Untenrumdüse in der Mitte des Beckens und eine Randspülung an den Seiten. Das gemeine Bidet besitzt nur einen Hahn, da spritzt es raus. Wer ein bisschen zu tief in sich geht, wird sich vielleicht noch dunkel daran erinnern, wie ihn als Kleinkind Mama oder Papa nach dem Klo aufs Waschbecken setzten und abwuschen. Das Bidet setzt das Prinzip fort, nur dass der Erwachsene Mensch sich eben selbst setzt und wäscht. In dieser Hinsicht ist die Sache so geschlechtsneutral wie ein Klo. In modernisierten oder neu gebauten Wohnungen begegnet man dem Bidet äußerst selten. Dagegen ist es in süd-westlichen Regionen und in Hotels extrem üblich. Für Süd-West gibt es wahrscheinlich unterschiedliche Gründe. In armen Ländern wie zum Beispiel Argentinien ist Toilettenpapier in vielen Haushalten eine Kostbarkeit, aber dafür stehen selbst in vergleichsweise armen Haushalten oft Bidets im Bad. In Frankreich liegt es vielleicht eher daran, dass das Bidet dort geboren ist. Was die Hotels angeht, greift wahrscheinlich zum einen irgendeine internationale Badnorm. Zum anderen kommt hier in der Tat die andere Hauptfunktion des weiblichen Unterleibs ins Spiel. Denn Hotels sind Orte, an denen Menschen Sex haben. Jetzt mal angenommen, eine Frau und ein Mann treffen sich in der Mittagspause so auf ein Sexchen und wollen sich der äußeren Anzeichen dafür hernach entledigen. Dann ist es natürlich top-praktisch, wenn sich die Frau rasch an der entscheidenden Stelle abwaschen kann, ohne gleich übertrieben geduscht zu wirken. Und auch für stundenlanges Aufeinanderabfahren, was unter Liebespaaren in Hotelzimmern ja durchaus vorkommt, ist so ein Zwischendurchwaschgang nicht unbedingt unangenehm. Immerhin findet da eine gewisse Belastung von Gewebe und Schleimhäuten statt! Dass Bidets eher mit Frauen assoziiert werden, hängt übrigens damit zusammen, dass man früher meinte, Schwangerschaften durch ordentliches Ausspülen verhindern zu können. Grundsätzlich ist das Bidet in Deutschland aber eher ein Relikt aus ärmeren Zeiten, in denen man nur die Hauptverunreinigungszonen des Körpers regelmäßig wusch und ein Ganzkörperbad das war, was man Sonntagabend machte. So ein Bidetgang erfordert ehrlich gesagt auch Gewöhnung und eine gewisse Routine. Da gibt es bestimmt Techniken, aber wer die einem heute noch beibringt, keine Ahnung. Bis man da mal richtig hockt und dann wird alles nass, das dauert ja auch alles. Dann braucht man noch spezielle Untenrum-Handtücher zum trocknen und wer sich die Wohnung nicht gerade mit einem Intimpartner teilt ahnt, was da für logistische Probleme entstehen. Irgendwie ist die Sache also ein bisschen Nein, danke. Andererseits: Wer weiß, ob nicht in Deutschland irgendwann auch wieder ärmere Zeiten anbrechen. Dann sind wir sicher froh über die Bidets, die wir haben. Derweil kannst du aber gern deine Füße darin waschen. meredith-haaf

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