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Mädchen, wollt ihr, dass wir wie Don Draper sind?

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Schon seit Längerem habe ich das doppelte Vergnügen, Mad Men mit meiner festen Freundin zu verfolgen und dann am nächsten Tag mit den Kolleginnen über die jeweilige Folge ausgiebig zu plaudern. Dabei lässt sich sowohl daheim als auch in der Redaktion ein recht ähnliches Verhaltensmuster der Damen beobachten, was die Hauptfigur Don Draper angeht. Der ist, für alle die noch nichts davon gesehen haben, ein toller Mann: Kantig-schönes Gesicht, sehr gute Anzüge, wortkarg und geheimnisvoll ist er, aber auch Gentleman und eben der Held der Werbeagentur Sterling-Cooper. Es ist also recht leicht einzusehen, dass die mitguckenden Mädchen diesem Herrn Draper nach etwa drei bis vier Folgen verfallen sind und nach acht Folgen von ihm träumen, tatsächlich, das tun sie. Gut und schön - auch für Jungs läuft da ja einiges Hübsches durch die Fifties-Dekoration. Das Seltsame an dieser Schwärmerei für Don Draper ist aber, dass diese Figur ist ja nicht nur charmanter Beau, sondern eben auch ein relativ uncharmantes Schwein ist, das seine ergebene Ehefrau nach Strich und Faden betrügt und belügt, die gute Betty mit ihren Kindern immer wieder sitzen lässt, um auf Solopfaden durch Bars und Betten zu manövrieren. Nun ist es aber selbst bei den feminin-kritischen Leserschaft des US-Blogs jezebel so, dass der allergrößte Teil Don Draper trotz dieser kapitalen Arschigkeit zum Gespielen nehmen würde – und die Damen um mich herum bis hin zur festen Freundin sehen das auch so. Wörtliches Zitat: Ach, er ist so hart, so düster und rücksichtslos, das ist so sexy, schmacht schmacht! Naja, ich verstehe, dass auch mal das Böse reizvoll sein kann, aber warum versuchen wir Jungs denn dann immer maximal nett und lieb zu euch zu sein? Wäre das am Ende geradezu widersinnig? Dürfen oder müssen wir lieber ein bisschen Don Draper sein um euch zu reizen? Inklusive fröhliches Betrügen? fabian-fuchs


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Gut, dass ihr fragt Jungs, denn ihr habt natürlich Recht: Unser Begehren von Don Draper erscheint im ersten Moment tatsächlich alles andere als konsequent. Dass in meiner Timeline regelmäßig Tweets á la „Don Draper, please do it to me!“erscheinen, und diese lässig heruntergetippten Worte zu geschätzten achtzig Prozent tatsächlich allesamt aus den Schreibfedern stark feministischer Autorinnen stammten, ist in der Tat irritierend. Auch mein erster Gedanke war da sofort: Na toll, Glaubwürdigkeit adé, Mädels! Das war ja ungefähr so, als hätte ich gerade Jonathan Safran Foer mit Messer, Gabel und lüstern gefalteten Kleckerlätzchen über eine blutige Fleischplatte gebeugt entdeckt. Aber so unvereinbar unsere wilde Draperlust auf den ersten Blick mit unserem feministisches Bestreben sein mag: Sie ist es doch. Ich will mir nicht anmaßen für jede Frau sprechen zu können, aber ich stelle immer wieder fest, dass meine Sehnsucht nach dem Don Draper-Sexappeal viel weniger mit ihm, als mit den Frauen zu tun hat, von denen er sich beeindrucken lässt. Alle seine Affären sind schlau, autark und eigensinnig. Und zwar so eigensinnig, dass sie sich über den konventionellen Lebensentwurf einer gewöhnlichen 50er Jahre Frau gnadenlos hinweg setzen. Und zwischen Draper und diesen Frauen scheint ein wunderschönes, emotionales Einverständnis zu bestehen – sie verbindet ein gegenseitiger Respekt, der ihm und seiner Frau Betty fehlt. In unseren Kopfkinos will ganz bestimmt keine von uns die Rolle der Betty übernehmen, nein, vielmehr schwebt uns immer vor, eine seiner klugen Affären zu sein. Es geht hier also nicht um ein blindes Schwärmen für ein sexistisches Arschloch oder etwa die heimliche Sehnsucht nach Erniedrigung, nein, vielmehr geht es um eine Sehnsucht die eigene Stärke etabliert zu wissen. Wir wollen diesen intelligenten, originellen, charmanten und dazu noch fantastisch gebauten Mann bändigen. Wir wollen es mit ihm aufnehmen, um ihn dann zu unseren Füßen liegen zu sehen. Das ist eine kitzelnde Herausforderung und nicht viel mehr als die platte Fantasie, einem scheinbar ganz großartigen Mann das Wasser zu reichen und Paroli zu bieten. Versteht ihr? Was wir begehren ist Gleichstand. Stilvoller, respektvoller und sexuell aufregender Gleichstand. Bevor jetzt gleich Einspruch erhoben wird und ihr mir vorwerft, dass es aber auch bezeichnenderweise naiv ist, uns von Don Drapers machoeskem Verhalten hinters Licht führen zu lassen und ihm dieses als Stärke auszulegen, breite ich gleich die nächste wichtige Regel aus, an die man sich halten muss, wenn man unsere Drapersucht interpretieren will: Fantasien lassen sich natürlich niemals 1:1 auf unsere realen Bedürfnisse übertragen. Und deshalb ist es schon klar, dass wir nicht wirklich Affären eines verheirateten Mannes sein wollen. Wir wollen ja auch nicht jedes Mal, wenn wir mit euch im Landurlaub sind und euch erzählen, wie romantisch es doch wäre, das Leben der Bauersfrau mit ihren sieben Kindern zu führen, es tatsächlich führen. Genauso wenig wollen wir wirklich ein Restaurant eröffnen, wenn wir Lust haben, mal wieder exquisit zu kochen. Wenn jemand sexuelle Gewaltfantasien hat, heißt das ja auch nicht, dass er sich ernsthaft für sexuelle Verbrecher einsetzen würde. Und wenn ihr in euren einsamsten Momenten von Jenna Jameson scharf machen lasst, bedeutet das ja auch nicht, dass ihr tatsächlich eine Frau heiraten möchtet, die euch mit entblößten Silikonbrüsten und wasserstoffblonder Mähne ein Steak brät. Um eurer Verwirrung also Einhalt zu gebieten und eventuellen Beziehungstragödien vorzubeugen: Nein, ihr sollt uns natürlich nicht schlecht behandeln und nein, ihr sollt uns auch nicht betrügen. Ihr sollt uns einfach nur als die starken und eigenwilligen Frauen behandeln, die wir sind. Und ganz wichtig: Dabei bloß eure eigene Stärke niemals verlieren. mercedes-lauenstein

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