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Warum wollt Ihr Frauenfahrten buchen?

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Die Jungsfrage:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert




Ich geb’s zu: Ich fahr nicht so oft mit der Mitfahrzentrale. Als ich aber Anfang der Woche eine Mitfahrgelegenheit ins Netz stellte, stieß ich auf den Hinweis, das Portal biete ab sofort auch “spezielle Fahrten von Frauen für Frauen” an. Korrekterweise muss man sagen, dass das Portal sie nicht anbietet, sondern dass Nutzerinnen ihre Reise als Frauenfahrt eintragen können. Jungs bekommen die Angebote dann gar nicht erst zu sehen, sie dürften eh nicht zusteigen.

Ich grübelte eine Weile über diese Idee und kam zu keiner wirklichen Lösung: “Warum wollen Frauen nur mit Frauen reisen?” fragte ich dann in meinen eigenen Wagen hinein, als ich vorgestern mit zwei Mädchen und einem älteren Herrn gemeinsam Richtung Norden fuhr. Die Frage war ein ziemlich guter Gesprächseinstieg, stellte ich fest. Denn bis hinter Nürnberg diskutierten wir darüber. Ich gebe kurz den leider am Ende doch nicht wirklich befriedigenden Inhalt wieder: Mädchen eins bestätigte meine Unklarheit mit dieser neuen Option. Sie sagte, das sei Unsinn, holte diese Behauptung aber wieder ein, als ihre Banknachbarin einwarf, dass sie schon mit so vielen Spinnern gefahren sei, dass sie tatsächlich in Erwägung ziehen würde, künftig nur mit Damen zu reisen, die würden einfach besser fahren. Vor Schreck fuhr ich bei fast 200 km/h kurz über den Standstreifen und drehte mich um. “Siehst du”, sagte sie, “Ihr Jungs rast immer so und wollt ständig protzen wie schnell und gut ihr fahren könnt, dabei fahren Mädchen einfach sicherer.” Das kurze Schweigen im Wagen unterbrach der eigentlich eher wortkarge ältere Herr. “Ich glaube", sagte er, “dass Mädchen, die eine Frauenfahrt buchen, eher Angst vor sexuellen Anmachen haben.” So wie er das sagte, machte er sogar mir Angst. Für einen kurzen Moment überlegte ich, wie es wohl wäre, wenn ich als Mädchen alleine mit ihm reisen müsste. Um mich und die beiden Mädchen zu beruhigen sagte ich: “Aber die Mitfahrzentrale weiß ja die Daten des Anbieters.” Er schwieg einen Moment und sagte nur “Naja”.

Als er später ausstieg, waren wir drei auf jeden Fall sehr froh. Wir sprachen anschließend über Festivals, die neue Beastie Boys und kurz über den doppelten Abijahrgang in Bayern. Über merkwürdige Mitfahrzentralen-Typen sprachen wir nicht mehr. Mir aber blieb die Frage, die ich euch heute stellen muss: Wollt ihr wegen dieser Männer lieber eine Frauenfahrt buchen oder ist es der schlechte männliche Fahrstil?

Die Antwort von Yvonne Gamringer liest du auf der nächsten Seite.



 
Die Mädchenantwort:

Erst was Grundsätzliches: Es gibt auch viele Frauen, die aus meiner Sicht derart grob fahren, dass man sich nicht zu ihnen setzen will. Ich finde, da nehmen sich die Geschlechter in ihrem Wahnsinn nichts. Ums saubere Fahren geht es bei deiner Frage also nur am Rande, finde ich.

Wenn du nun aber auf einem Parkplatz zwei Autos für mich bereitstellen würdest, mit drei Frauen im einen Auto und mit drei Jungs im anderen, dann würde ich mich sehr sicher für das Frauenauto entscheiden. Nehmen wir nun an, du würdest auch noch ein drittes Auto heranschaffen, in dem bereits zwei Jungs und zwei Mädchen sitzen, dann würde ich mich immer noch für das Frauenauto entscheiden. Das hört sich mit Sicherheit sehr klar und entschieden an, aber wenn ich es so hingeschrieben lese, wundere ich mich über mich selbst. Anscheinend pflege ich einen Vorbehalt gegenüber der Mitfahrt in einem reinen Jungsauto. Das erschreckt mich ein bisschen. Die Tatsache ist aber ein guter Ausgangspunkt, um dieses Erschrecken genauer zu erkunden.  

Auch im Mädchenauto werde ich auf blöde Mädchen treffen können, das ist klar wie Kloßbrühe. Im gemischten und allemal im Jungsauto werde ich aber auf blöde Jungs und zusätzlich noch auf Jungs treffen können, die unter Umständen sehr zudringlich werden. Ich fürchte gar nicht so sehr die körperliche Zudringlichkeit. Mir geht es eher um verbale Zudringlichkeit, dann noch um Gerüche und um einfältige Monologe. Bei Frauen ertrage ich sie leichter und mit hochgezogenen Brauen. Bei Männern flößt mir ein gar zu selbstverständliches Verhalten im eigenen Auto hingegen Angst ein. Jungs legen gerne diese Selbstverständlichkeit an den Tag, wenn sie in das Auto eines Mädchens steigen. Sie begutachten die Ausstattung, kommentieren Marke und Motor. Immer wieder geschieht es mir, dass sie auch sehr direkt meine Fahrweise kritisieren. Ganz so, als sei es ganz natürlich, dass Männer einer Frau ins Lenkrad quatschen. Vielleicht habe ich diese herablassende Art auch schon zu häufig erlebt. Kann sein, dass es mir deshalb schon Unbehagen bereitet, zu Männern ins Auto zu steigen. Das ist also der eine Grund, warum ich die Mitfahrzentralenidee gut finde: Männliche Mitfahrer erzeugen Spannungen. Vor allem, wenn sie ihre Klappe in entscheidenden Momenten nicht halten können.  

Ein anderer, sehr einfacher Einwand ist, dass ich entspannte Fahrten genieße. Wegen mir muss nicht jede Fahrt zur Party verkommen. Die Mitfahrzentrale als Partnerbörse geht mir mittlerweile auf den Keks. Kann es sein, dass ihr Jungs das Inserat einer Frau gerne mal mit einer Partnerschaftsanzeige verwechselt? Besonders diese älteren Männer, die du offenbar kennst, legen schon beim Anruf eine Wärme in ihre Stimme, die mir schnell zuwider wird. Mir ist es deshalb lieb, wenn zwischen Stuttgart und Hannover nicht hinter meinem Rücken auf Teufel komm raus geflirtet und gebaggert wird. Das Hin- und Herimponieren, das aufgesetzte Gelächter, das ganze Schmusibu – ich kann das ab, weil ich beim Autofahren gerne ein Buch höre oder lese. Ich nutze gerne die Zeit. Das geht leichter, wenn vier Mädchen miteinander durchs Land düsen als zwei potentielle Pärchen.   Mir ist die Idee mit den Frauenautos also sehr nah und ich werde mich gerne künftig für solche Fahrten melden. Ein bisschen aus Angst, ein bisschen, weil ich mich immer nach entspannten Fahrten sehne.

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