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Fernfahrer-Kolumne (VIII): Disko Ramadan - Toter Mann am Toten Meer

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Ramadan! Jordanien! Ramadan! Die Muslime fasten, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Wir teilweise auch, denn tagsüber ist es schwierig, an Essen heran zu kommen. Also gibt es jeden, jeden Tag – wenn es etwas gibt: - Tomaten - trockenen Fladen - Kekse - mit handwarmen Wasser dazu.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

"It´s Ramadan. Thank you, sorry." Merke: Bei Beduinen bedeutet Fasten auch: nicht Rauchen! Fotos: Patrick Desbrosses Das alles verzehren wir verschämt im guten, grauen Bus oder am Ende einer dunklen Gasse, um die hungrigen Fastenden nicht zu ärgern. Aus Versehen ärgern wir sie manchmal aber doch. Wenn wir – wie wir es uns in Rumänien angewöhnt haben – unseren Gesprächspartnern zu allererst einmal eine Zigarette anbieten. Da gucken sie ganz traurig. Rauchen, eine der Lieblingsbeschäftigungen der Menschen hier, darf man an Ramadan auch nicht. Deshalb sagen unsere Gesprächspartner dann mit leiser Stimme: „It´s Ramadan. Thank you, sorry. Ramadan!“ Doch bevor die Fastenden beim Blick auf die Zigarettenschachtel zu weinen beginnen, verstecken wir die Packung wieder ganz schnell in der Hosentasche. Ein bisschen schlecht gelaunt sind sie danach trotzdem für den Rest des Tages. Schlecht gelaunt sind an Ramadan auch Touristen. Was besonders schön zu beobachten war, als uns an einem harten Autofahr-Tag ein großes, gelbes „M“ anlockte. Im jordanischen McDonald´s gibt neben einem besonderen Ramadan-Menu (bestellbar ab Sonnenuntergang) auch tagsüber das ganze Programm. Essen und warm! Cola und kalt! Kriegt man dort alles. Nur das Essen dort auch essen, das darf man nicht. Eine schwangere Touristin knallt hysterisch ihre Eiswaffel auf die Theke, als eine Angestellte ihr das erklären will. Wir trollen uns lieber in den guten, grauen Bus. Dem bekommt Ramadan auch nicht so gut. Gleich am ersten Tag hat er hinten zu klappern angefangen, Auspuff lauter als Anlage. Und als wir nicht mehr das für unsere Reise zwar etwas plakative, aber doch sehr schöne Lied „Das Zelt“ vom Jeans Team hören können, muss etwas passieren. Natürlich an einem Freitag, dem islamischen Sonntag. Alles geschlossen. Ein netter Taxler, Sohn palästinensischer Flüchtlinge, hilft uns, einen Schrauber in seine Werkstatt zu schleifen. Bis der Auspuff für einen Euro repariert ist, wird mit dem Taxler zum Zeitvertreib der deutsche Schimpfwörter-Katalog durchgegangen. Er ist gut darin. 2006 war er in Deutschland, bei dem schwarzrotgoldenen Kostümfest mit dem Motto „Die Welt zu Gast bei Freunden“. Die letzten Wochen seines Besuchs verbrachte er in Abschiebehaft, auf einer Tournee durch bayrische Gefängnisse. Das in Passau hat ihm sehr gut gefallen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Das einzige Wasser, total versalzen: Tja Moses, ganz schön enttäuschend, das gelobte Land! Fotos: Patrick Desbrosses Ansonsten: Alles sehr biblisch in Jordanien. Während in Syrien noch in jeder Stadt Johannes der Täufer begraben war, gibt es in Jordanien kaum einen Stein, aus dem Moses nicht Wasser heraus geklopft hätte, kaum einen Berg, auf dem nicht gestanden oder gestorben ist. Von den Bergen kann man schön in das Gelobte Land hinunter gucken. An Moses´ Stelle wären wir ein wenig enttäuscht von dem Anblick gewesen: alles trocken und das einzige Wasser in der Nähe, das Tote Meer, total versalzen. Ab jetzt haben wir ungefähr denselben Weg wie das Volk Israel, nur dass wir vom Gelobten Land nach Ägypten müssen und nicht anders herum. Und dass wir bequem mit dem guten, grauen Bus fahren dürfen, anstatt 40 Jahre durch die Wüste zu irren.


Vorher muss aber dieses seltsame Tote Meer ausprobiert werden. Das geht so: 1. Freudig Richtung Wasser laufen 2. Sich kurz bevor zum Kopfsprung angesetzt wird eines Besseren besinnen. Vollbremsung. 3. Den Strand noch ein wenig auf und ab laufen, bis ein Platz gefunden ist, an dem das Spatzerl nicht so interessiert von den Jordaniern beguckt wird. 4. Jetzt doch hinein. Aber sachte. 5. Interessiert die komischen Salzschlieren im Wasser betrachten. 6. Toter Mann im Toten Meer spielen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Toter Mann am Toten Meer Fotos: Patrick Desbrosses 7. Möglichst bald eine Stelle suchen, an der das Wasser nicht kurz vorm Köcheln ist. 8. Anfangen, übermütig zu werden: Versuche im Wasserballett, Posieren für Foto-Patrick und seine wasserdichte Kamera 9. Deshalb: Totes Meer im Mund. Arghhh! 10. Beim Versuch, die Brühe von den Lippen zu wischen, sich ganz geschickt noch etwas ins Auge reiben 11. Deshalb: Schnell, schnell raus. 12. Am Ufer stinkenden Schlick finden, mit dem man sich einreiben kann 13. Den Versuch abbrechen, den Schlick am Körper trocknen zu lassen. Zu heiß, zuviel Schweiß. 14. Über einen Müllberg zum Wasserfall der heißen Schwefelquelle krabbeln 15. Kräftig abduschen 16. Kurz glücklich sein. Bis das große Fliegeninferno beginnt. Fliegen gibt es am Toten Meer in – natürlich, in was sonst – an biblische Plagen erinnernden Ausmaßen. Wenn an der Stelle, wo früher mal das Bein war, nur noch schwarzes Gekrabbel ist, hilft nicht: - mit dem Handtuch panisch um sich zu schlagen. Man kommt ins Schwitzen. Noch mehr Fliegen kommen. - sich in den guten grauen Bus flüchten. Hier warten bereits alle Fliegen, denen es draußen zu sonnig war.

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Illustration: Julia Schubert

Im Indiana Moses-Land: Petra und seine Filmkulissen Fotos: Patrick Desbrosses Bleibt nur: Wegwegweg! Den Bus über 20 Berge treten, bis alle Fliegen draußen sind. Nach Petra, wo die fleißigen Nabatäer vor langer Zeit eine Stadt in den Fels gekratzt haben. Oder die Set-Designer von Indiana Jones ganze Arbeit geleistet haben. Ganz so sicher kann man da in Jordanien nie sein: Denn entweder sieht die Landschaft wie eine sehr gute Filmkulisse, oder wie eine nicht ganz so gute. Dann haben es die Bühnenbildner etwas zu gut gemeint und sehr kräftig auf die Tuben „Gigantomanie“ und „Kitsch“ gedrückt. Das Ergebnis ist trotzdem beeindruckend. Farbexplosionen im Sandstein, in den riesige Grabkammern hineingeschnitzt wurden. Beeindruckend ist neben dem Eintrittspreis auch die Leistung der armen Esel, die 120 Kilo schwere Touristen die Berge hinauf schleppen müssen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Dradi um im Wadi Rum Fotos: Patrick Desbrosses Wir lassen uns ein paar Tage später schleppen, von einem uralten Toyota-Jeep. Kreuz und quer durch die Wüste Wadi Rum, mit deren Namen sich tolle Wortspiele veranstalten lassen, wenn die Sonne zu heiß auf den Kopf gebrannt hat. Um noch ein paar gute Filmkulissen zu sehen, werden Sonnenunter- und -aufgang in der Wüste angeguckt, dazwischen auch drin geschlafen. Zum Abendessen gibt es das erste Bier seit Wochen, für jeden eine Flasche Augustiner aus der Heimat, im guten, grauen Bus sieben Wochen lang durchgeschüttelt. Schmeckt trotzdem gut. Aber natürlich erst nach Sonnenuntergang. Prost, Ramadan. Weltexklusiv auf der nächsten Seite: Fotobeweise von heimlich geschmuggeltem Augustiner-Bier im Ramadan und das Spatzerl beim Duschen!


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Illustration: Julia Schubert

schlick@totes-meer.jo Fotos: Patrick Desbrosses

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Dusche nach schlick@totes-meer.jo Fotos: Patrick Desbrosses

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Prost, Ramadan! Fotos: Patrick Desbrosses

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