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Kinderlieder neu gehört: Tausend und eine Nacht

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Heute: 1000 und 1 Nacht (Zoom!) Darum geht’s: Klaus und Klara sind die besten Kumpels, kennen sich schon immer. Im Kindergarten haben sie gemeinsam kleinere Kinder von der Schaukel geschmissen. In Klaus Muttis Küche haben sie unerlaubter Weise gemeinsam eine Lakritze-Torte gebacken – die Backform ist bis heute nicht sauber. Beide Familien waren auch regelmäßig zusammen in der Familien-Nacktbadestunde im einzigen Schwimmbad in der Wohnsiedlung. Doch eines Tages spielen die beiden nicht mehr nur Indianer: Sie spielt mit seinem Indianer. Das alles ist wahnsinnig verwirrend. Klaus liegt neben Klara und schämt sich fast dabei. Aber natürlich war das alles trotzdem bahnbrechend, berauschend und bombastisch. Denn es hat ja Zoom gemacht. Zoom. Zoom. Zoom. Didel-di-dumm-di-dumm.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Illustration: daniela-pass Warum wir dieses Lied gesungen haben: Weil wir uns gewünscht haben, dass es genau so funktioniert. Es wäre wunderbar einfach gewesen, wenn wir uns in das Mädchen verliebt hätten, mit dem wir sowieso schon befreundet waren. Leider war’s halt nicht so. Statt in das Kumpel-Mädchen aus unserer Sandkasten-Zeit verliebten wir uns immer nur in jene, die nicht erreichbar waren. Zum Beispiel, weil sie ein bis drei Klassen über uns waren. Weil ihre Beine viel zu lang für uns waren. Weil ihnen irgendwer erzählt hatte, wir würden dauernd mit unseren Eltern in die Familien-Nacktbadestunde rennen – was unseren Coolness-Faktor bis unter den Bug der Titanic absinken ließ. Verdammt, es hatte sich auch noch rumgesprochen, dass wir bei der Schuluntersuchung eine Wickie-der-Wikinger-Unterhose getragen hatten. Die Realität hatte uns kielgeholt: Keine Susanne, keine Anna, keine Tekla, keine Marie – die wollten uns alle nicht. Klara wollten wir nicht (was noch nicht heißt, dass sie uns gewollt hätte). Niemand wollte uns wild und leidenschaftlich die Federn von Kopf und Leib reißen. Nobody wanted to fool around with our little Indianer. Isn’t it a shame? Muss der Indianer sich halt mal intensiv mit sich selbst beschäftigen. Da sprach der alte Häuptling der Indianer: Wild ist der Westen, schwer ist der Beruf. Uff. Uff. Uff. Heute wissen wir: Indianer haben es schwer. Ihres natürlichen Lebensraums beraubt, werden sie in Reservate eingesperrt und mit Alkohol ruhig gestellt. Indianer müssen dringend besser geschützt werden: auch und gerade durch den Gesetzgeber. Der einzige Weg, Mädchen dazu zu bringen, mit Jungs drei Klassen unter ihnen auszugehen, ist strenger, gesetzlicher Zwang. Hätten wir Klara doch bloß genommen. Familien-Nacktbadestunden sind gut für den Zusammenhalt in der Wohnsiedlung und benötigen dringend eine bundesweite TV-Imagekampagne. Mama darf alles – aber auf gar keinen Fall unsere Unterwäsche kaufen. Trau niemandem, der nautische Metaphern verwendet. Text, der genauso gut zur Melodie passt: Das Lied von der explodierenden Leber: Tausendmal berauscht. Tausendmal den Schnaps gekauft. Tausend und eine Nacht – und es hat Bumm gemacht.

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