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Kochbuchkritik 1: Sarah Wiener – Kochen mit Sarah Wiener

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Sarah Wiener gelangte ins Bewusstsein durch auffälliges Agieren in der von Johannes Kerner allwöchentlich inszenierten Kochoperette des ZDF. Die Wiener ist Inhaberin eines raubeinigen österreichischen Schmähs, der abwechselnd sexy und schlimm wirkt. Menschlichen Kürbissen wie Johann Lafer knallt sie schon mal die Perlhuhnbrust im Aprikosenspiegel vor die Füße, mit der Bemerkung: „Das Huhn is bisserl arg fad!“. Wenig findet Sarah Wiener bei den Kollegen richtig gut, ihre eigenen Gerichte, vor allem ihre Desserts, werden von den Herren dennoch umso einhelliger beklatscht und sind nichts weniger als rustikal oder gewöhnlich, aber nie überkandidelt. Neugierig war man deshalb auf das, was ihr Kochbuch bietet. Um es vorweg zu nehmen: Wenig Brauchbares. Sarah Wiener gehört zu jener Spezies von Köchen, die intuitiv und genialisch vermengen, aber nicht wirklich um die Reproduzierbarkeit ihrer Gerichte bemüht sind. Das ist okay, aber mit dieser Voraussetzung muss sie kein Kochbuch schreiben. Wichtigstes Qualitätsmerkmal eines Kochbuchs ist: Nach dem Lesen sollte man Hunger haben. Das funktioniert hier überhaupt nicht und zwar nicht nur, weil die Speisefotos wenig und monochrom sind, sondern auch weil das lesende Auge die Gerichte nicht „schmeckt“. „Genuesischer Indian“, „Golatschen mit Gemüsefüllung“, „Schafskäsewammerln“ oder „Gefüllter Ochsenschlepp“ heißen die Rezepte. Da läuft nicht viel Wasser im Mund zusammen. Auch die Zutatenlisten sind recht lästig und unklar. In dem nicht näher erklärten Gericht "Langosch" stecken beispielsweise groteske 2kg Mehl, 2 Stück Germ und neun Knoblauchzehen. Das kocht man nicht einfach mal so, vor allem, wenn nicht klar ist, warum und wohin damit. Ein paar Klassiker finden sich zwischen all den anstrengenden Liwanzen, Plinsen, Götzen, Buchteln und Golatschen auch. Beim Wiener Schnitzel und beim Schweinebraten, wo man ja raffinierte Ideen leichter nachahmen könnte als beim „Schöpsenschlegel als falscher Auerhahn“, spart Sarah Wiener ihre sympathische Exotik allerdings aus: das Wiener Schnitzel ist genau jenes, das man ohnehin immer macht. Und zum Schweinebraten à la Wiener kommen nur 10 Knoblauchzehen und 6 EL(!) Kümmel ins Rohr – eine Komposition jenseits lieblicher Nuancen. Sarah Wiener ist eine gute, vermutlich sogar eine sehr gute Köchin. Ihr Buch bietet aber leider nicht die Grundlage für bodenständig-abgedrehte Küche, sondern wirkt überwiegend egoistisch. Nichts dagegen, wenn dem Kochbuchkäufer eigene Denkleistung abverlangt wird, aber etwas mehr entgegen kommen dürfte man ihm dennoch. Denn das geht auch ohne jenes klebrige Hey-Yo!-Verbrüdern, das ein Tim Mälzer praktiziert. Philosophie: Einfaches ist zu fad, aber Kompliziertes ist zu uncool. Die maßgebliche Zutat: Frische Tannennadeln aus dem Wald (Gehören zum „Schöpsenschlegel“) Kocht man als erstes nach: Palatschinken Außer Rezepten: Sarah Wiener erzählt von ihren Erlebnissen als Crew-Köchin bei Filmproduktionen und Ähnlichem. Leider ist das Meiste davon nur so mitteldenkwürdig.

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