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Kochbuchkritik: Tim Mälzer – Born to Cook

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Der junge Koch Tim Mälzer ist in den letzten zwei Jahren zu enormer Bekanntheit gelangt. Dazu verhalf ihm nicht alleine seine bunte Kochshow auf VOX, auch die Rotzlöffel-Rolle bei Kerner sowie eine knuffige Gesamterscheinung trugen dazu bei, dass Mälzer bald die Jamie-Oliver-Welle surfen und Riege der hiesigen Hipcooks anführen durfte. Sein Kochbuch hat sich erwartungsgemäß gut verkauft, es gefällt beim ersten Durchblättern schon mal durch die schlaue Heftung, die die Seiten aufgeschlagen liegen lässt. Das ist simpel aber nicht selbstverständlich und sollte EU-Standardnorm für Kochbücher werden. Die Speisefotos sind professionell appetitanregend ohne übermäßig fancy zu wirken, das Layout der Rezepte allerdings verspielt und die Zutaten in einer dezent beleuchteten Küche schwer zu lesen. In Mälzers Gencode steckt die Botschaft vom einfachen, impulsiven Partykochen, wie sie Jamie Oliver einst formulierte, wenn auch Mälzer gerne etwas seriöser rüberkommt als die britische Ikone. Schlimm sind Tim Mälzers Emo-Einleitungen zu jedem Kapitel, die vor anbiedernder Kochlust und ungezwungener Ankumpelei mit Ausrufezeichen nur so strotzen. „Wenn sonntags bei meiner Großmutter die dampfenden Schüsseln auf den Tisch kamen, war ich glücklich!“ Es menschelt, wo es schon längst brutzeln sollte. Mälzers Küche ist im guten Sinne international, dabei nicht enthoben sondern entliehen und ethnographisch gut vermengt. Die Gerichte sind übersichtlich, klar strukturiert und spielen gerne mit süß-salzig oder warm-kalt Kontrasten – großes Verdienst von Mälzer, dass er uns diese kitzelnden Raffinessen der Haute Cuisine volksnah und modern übersetzt. Matjes mit gegrillten Äpfeln, honigglasierter Lachs oder Kaninchen in Vanille – die Geschmackshorizonte werden erweitert, ohne mit allzu exotischen Verrenkungen zu ärgern. Produktkunde und Basiswissen spart dieses Buch nahezu aus, was um so mehr Applaus verdient, da in der Zubereitung der Gerichte trotzdem keine Fragen offen bleiben. Weniger dem Süßen als vielmehr Fleisch und Deftigem verschrieben, ist „Born to Cook“ vielleicht ein richtig gutes Kochbuch für Männer. Die Kapitelordnung ist allerdings unklar und überflüssig oder was für einen Informationsgewinn zieht man daraus, dass die Kapitel „Banalitäten“ „Men’s Health“ oder „Vom Küchenbullen“ heißen? Philosophie: Schmeckt nicht gibt’s nicht! Die maßgebliche Zutat: Ein großes Brot. (Für das Gericht Kassler im Brotteig mit tomatisiertem Sauerkraut.) Kocht man als erstes nach: Schweinemedaillons mit Rosmarin, Servietten-Olivenknödel und grünen Bohnen. Außer Rezepten: Tim Mälzer posiert auf zahlreichen Fotos zutraulich mit Lebensmitteln.

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