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Weinbuchkritik: Matt Skinner – wine, just a drink

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Fotos: GU Verlag Ein gutes Weinbuch zu schreiben ist sauschwer. Deswegen gibt es auch keines. Wer unbedingt über Wein lesen möchte, hat die Wahl zwischen den tausendseitigen Ziegelsteinen, die den Fachmann mit Punkten und Jahrgängen versorgen, dem geneigten Normaltrinker aber immer nur schwer auf die Brust sinken, wenn er sanft entschlummert. Oder er schaut in eines der unzähligen, auch jungen, Special-Interest-Büchlein, die Supermarktweine oder Weine unter zehn Euro beschreiben, aber leider für die Praxis nicht viel hergeben, da sie nur seltsame Ausschnitte der Weinwelt beleuchten. Das Thema Wein ist zu komplex für den einfachen Einstieg via Lesebuch. Das Beste ist immer noch ein Fachmann, der einen bei der Zunge nimmt und Tropfen für Tropfen weiterbildet. Trotzdem versucht nun Matt Skinner, der Sommelier von Jamie Oliver, in dessen erfolgreichem „easy und cool“-Kielwasser den ach so mystischen Weingenuss unkompliziert zu machen. Wo aber beim Kochen immer noch Handfestes in Form von Rezepten im Mittelpunkt des Easy-Living-Gedöns steht, tut sich Skinner beim Thema Wein schon sehr schwer mit einfachen Anleitungen. Wofür auch? Die vier Seiten, auf denen die richtige Weinverkostung beschrieben und illustriert wird, hat man jedenfalls nicht vermisst. Es musste irrsinniges Layout und ein Barrique voll inhaltlosem Kumpelsprech über das Papier ausgeschüttet werden, um es auf Buchlänge zu trimmen. Verkostung gefällig? „Trauben sind der Hit! Stellen Sie sich die Welt ohne sie vor – ein schrecklicher Gedanke.“ oder „Ich bin völlig verrückt nach Chardonnay. Okay, es gibt Weine darunter, die sind so interessant, wie wenn in China ein Sack Reis umfällt.“ Zwischen solchem Antatsch-Gefloskel (wohl auch gelegentlich tragisch übersetzt), muss man sich die interessanten Informationen zusammen suchen, was die Lektüre recht anstrengend macht. Immerhin: Man liest es ganz durch. Knappe 30 Minuten braucht man dafür, dann weiß man die Namen der relevantesten Rebstöcke, hat einen äußerst knappen, geographischen Überblick und ahnt etwas von Weinherstellung und Reblaus und ist in der Lage, Portwein von Beerenauslese zu unterscheiden. Das ist vermutlich trotzdem noch viel wert, schade aber bleibt zweierlei. Erstens, dass der Funke, der hier vielleicht für Wein entfacht wurde, nicht gefüttert wird, sondern die Informationen nur in einem ebenso kargen Boden stecken wie der Rieslingstock am Rhein. Zweitens wird die mehrfach beschworene Situation „Oberpeinlich, ich kriege eine Weinkarte und weiß nicht, was bestellen!“, mit dem vermittelten Grundwissen nicht entschärft. Dass von jeder Rebsorte, je nach Kellermeister und Jahr, gute und schlechte Weine existieren, ist eine Erkenntnis ohne Gewinn. Matt Skinner schreibt „Grüner Veltliner ist einfach obercool“ und „Gewürztraminer ist der krasseste Typ unter den Trauben“. Mit diesen Informationen lässt sich angesichts des landesweit gefürchteten „zänkischen Weinkellners“ aber auch nicht punkten. Illustriert wird das Buch mit Fotos, die langmähnige Typen beim Surfen zeigen und beweisen sollen, dass auch Weinbauern ihre Freizeit nicht nur im Großvater-Verein verbringen. Skinner, selber Australier, mag man zu Gute halten, dass in Großbritannien die Affinität zur Weinkultur tatsächlich noch geringer ist als hier, mit den großen Weinnationen in Rufweite, und deswegen erst mal grundlegende Berührungsängste beseitigt werden müssen. Trotzdem hätte nichts dagegen gesprochen, seine guten und wichtigen Botschaften auf 20 Seiten hinten in Jamie Olivers Buch zu heften.

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