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Mit der Trinkflasche gegen Plastikmüll

arthurbraunstein / photocase.de, Logo: refill-hamburg.de

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Wer beim samstäglichen Einkaufsbummel regelmäßig dehydriert das nächste Fast-Food-Lokal ansteuert, um einen überteuerten Plastikbecher Wasser zu bestellen, findet bald in „Refill Hamburg“ eine kostengünstige und umweltschonende Alternative. Auf einer Karte soll man künftig sehen, welche Orte in Hamburg gratis Trinkwasser nachfüllen, Ende März geht es los. Initiatorin Stephanie Wiermann, hauptberuflich Webdesignerin, erzählt am Telefon, wie und warum Refill Hamburg Plastikmüll reduzieren soll:

jetzt:  Wie kamst du auf die Idee für das Projekt?

Stephanie Wiermann: Ich lebe selbst seit einigen Jahren plastikfrei. An der VHS habe ich Kurse zum Thema Müllreduzierung gegeben, später einen Blog gestartet, als ich gesehen habe, wie groß die Resonanz war. Bei Twitter bin ich dann auf „Refill Bristol“ gestoßen. Seit 2015 bieten gekennzeichnete Gastronomiebetriebe und Geschäfte an, Wasser nachzufüllen. Ich fand das Konzept bestechend simpel – und habe beschlossen, es für Hamburg nachzubauen.

Wie funktioniert das Ganze?

Ab Ende März können sich Besitzer von Cafés, Restaurants oder Shops einen Aufkleber bei einem der drei Unverpackt-Läden in Hamburg abholen. Den kleben sie dann an ihre Scheibe, um damit zu signalisieren, dass jeder bei ihnen kostenfrei Wasser nachfüllen kann. Auf unserer Website gibt es ein Formular, das die teilnehmenden Betriebe ausfüllen, damit ich ihre Adressen in die Karte für die Website eintragen kann. Alle, die in Hamburg unterwegs sind, können dann ganz einfach auf dieser Karte nachschauen, wo die nächste Auffüllstation ist. Das große Ziel ist allerdings, dass die Aufkleber so flächendeckend in der Stadt verteilt sind, dass niemand mehr auf die Karte gucken muss.  

Was ist der Gedanke dahinter?

In erster Linie geht es natürlich darum, weniger Plastikmüll zu erzeugen. Wir verbrauchen riesige Mengen an Plastikflaschen. Wenn die weggeworfen werden, landen einige davon letzten Endes im Meer. Hier schließt sich der Kreis: Vom Wasser in der Flasche zur Flasche im Wasser. Um unseren Planeten für unsere Kinder lebenswert zu erhalten, müssen wir nun mal etwas an unserem Konsumverhalten ändern. Gleichzeitig habe ich bemerkt, dass das Interesse an einem umweltbewussten Lebensstil unglaublich groß ist. Refill Hamburg soll die Problematik auch einer breiteren Masse bewusst machen.

Wird das Problem auch gelöst, wenn ich meine Plastikflasche mehrfach verwende oder bringen nur Glasflaschen wirklich was?

Mein Leitsatz ist: Nur Wegwerfen ist schlimmer als Neukaufen. Von daher ist es natürlich auch in Ordnung, seine Plastikflasche wiederzuverwenden. Allerdings sind Plastikgefäße für Lebensmittel und Getränke potentiell gesundheitsgefährdend. Ich würde eher Glas-, oder Edelstahlflaschen empfehlen. Alternativ kostet eine Bügelflasche mit Brause etwa 1,50 Euro. Schon hast du eine verschließbare, günstige und umweltschonende Lösung für dein Wasserproblem.

Auf der Website sind auch jetzt schon einige Auffüllstationen zu finden. Wie wurde Refill Hamburg aufgenommen?

Die Resonanz war riesig. In Hamburg waren einige Betriebe so begeistert, dass sie sich das Logo von der Website bereits ausgedruckt und aufgeklebt haben, weil sie nicht bis Ende März warten wollten. Im Moment fragen besonders kleinere Cafés und Einzelhändler an. Über Hamburgs Grenzen hinweg sind sogar andere Städte auf Refill Hamburg aufmerksam geworden. Die wollen das Konzept jetzt gerne für sich übernehmen. So war das auch gedacht: Das Logo kann man ab April downloaden, das ganze Konzept ist offen zur Übernahme in andere Städte.

Am Auffüllen meiner Flasche verdienen die Cafés ja nichts. Findest du, Leitungswasser sollte trotzdem überall umsonst sein?

Die Privatisierung von Wasser ist grundsätzlich problematisch. Tatsächlich ist Wasser ein sehr günstiges Lebensmittel: Die Kosten für einen Liter Wasser bewegen sich in Centbeträgen. Für Betriebe ist die Kooperation mit Refill Hamburg eine gute Werbung. So können sie sich ohne viel Aufwand für den Umweltschutz positionieren. Und das System funktioniert bereits in Bristol – warum sollte es nicht hier funktionieren?

Kann man nicht eigentlich auf jeder Restauranttoilette sein Wasser auffüllen?

Ich tue das tatsächlich schon regelmäßig. Bei der breiten Masse ist das allerdings noch nicht angekommen. Meistens ist es die Scheu, die Menschen daran hindert, in Bars oder Cafés nachzufragen, ob sie ihr Wasser auffüllen lassen können. Das Konzept von Refill Hamburg soll hier auch helfen, die Hemmschwelle zu senken. Für viele Gastronomen ist es nämlich bereits selbstverständlich, dass sie Leitungswasser ausgeben.

Wurde dir selbst schon einmal verwehrt, Wasser aufzufüllen?

Das ist mir noch nicht passiert. Lustigerweise bin ich selbst gar nicht so sehr die Zielgruppe, da ich unterwegs selten plötzlich Durst bekomme. Und wenn doch, dann halte ich es wie mit dem Kaffeetrinken: Die halbe Stunde, sich in ein Café zu setzen und in Ruhe aus einem Glas zu trinken, kann sich jeder einfach mal nehmen.

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